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Bobby, bitte warten! Der Community-Policing-Ansatz ist eine Möglichkeit, die Polizei einer höheren sozialen Kontrolle zu unterwerfen. Die Umsetzung des aktuellen Pilotprojekts in vier österreichischen Bezirken lässt am Erfolg zweifeln. Das Innenministerium beschäftigt rund 30.000 Mitarbeiter*innen. Gerade einmal 8 österreichische Konzerne weisen einen höheren Beschäftigungsstand aus. Die Steuerung einer Organisation dieser Größenordnung ist eine ziemliche Herausforderung. Wie kann das Handeln der einzelnen Polizist*innen in Übereinstimmung mit den offiziellen Leitbildern gebracht werden? Bei der Polizei ist diese Führungsaufgabe nicht nur eine Frage von unternehmerischem Erfolg oder Misserfolg. Die Polizei hat das Gewaltmonopol, ihre Organe sind befugt, unmittelbare Befehls- und Zwangsgewalt anzuwenden. Für Polizist*innen gehört es zum Arbeitsalltag, die Grundfreiheiten von Menschen ohne richterliche Kontrolle einzuschränken. Fehlentscheidungen können sich als gravierende Menschenrechtsverletzungen auswirken. Daher tritt hier eine demokratiepolitische Dimension hinzu. Der gesellschaftliche Wandel hat die Anforderungen an die Polizei erhöht und bringt sie in einen Zustand der Dauerbelastung bzw. Überlastung. Es steigt sowohl die individuelle als auch die organisationelle Fehleranfälligkeit. Gleichzeitig verschlechtert sich die Fehlerkultur. Nicht nur weil den individuellen Akteur*innen die Zeit zur Reflexion fehlt, sondern auch weil es zu Abschottungseffekten kommt: Ein System, das unter Druck gerät, begegnet diesem oftmals mit einer Innen-Außen-Dualisierung. Dieser Corpsgeist dient der inneren Stabilisierung durch „Schutz“ von Akteur*innen, Strukturen und Abläufen, erschwert aber gleichzeitig jene Differenzierungen, die einer guten Fehlerkultur dienlich wären. Militarisierungstendenzen Wesentliche Teile der Exekutive reagieren auf den steigenden Druck mit dem Wunsch „aufzurüsten“. Insbesondere die Personalvertreter*innen sowie das Ministerbüro sind Protagonist*innen dieser Strömung. Man kann ihren Einfluss an verschiedenen Tendenzen der Militarisierung und Abschottung ablesen. Mit den Wiener Bereitschaftseinheiten wurde 2012 eine paramilitärische Einheit zum rayonsübergreifenden Einsatz an „Hotspots“ etabliert. Die Polizist*innen werden nicht erst aus den Dienststellen zusammengezogen, wenn erforderlich, sie sind permanent in der Rossauer Kaserne stationiert. 2015 wurden dann 300 Millionen Euro für Hubschrauber, gepanzerte Fahrzeuge, Spezialhelme und Langwaffen verabschiedet. Auch die Farbe der Uniformen wird zunehmend unfreundlicher. Das traditionelle Flaschengrün wurde Anfang des Jahrtausends durch ein dunkles Blau ersetzt. Die Overalls von Einsatzeinheiten und WEGA sind inzwischen nahezu schwarz. Die Abwehrhaltung gegenüber einer individuellen Kennzeichnung von Beamt*innen, die zunehmende Nutzung von Feuermasken bei Großeinsätzen sowie die Neigung, den Streifendienst in Fahrzeugen zu absolvieren, sind weitere Indikatoren dieser Entwicklungen. „Königs“- vs. „Community“-Polizei Das paramilitärische Modell der Polizei wird in der Literatur „Königspolizei“ genannt. Hier werden keine sozial und kommunikativ kompetenten Beamt*innen benötigt, weil nicht auf Prävention, sondern auf Repression gesetzt wird. Im Vordergrund steht der Schutz der bestehenden Ordnung vor der Bevölkerung. Die meist überregional organisierten Einheiten – Paradebeispiel ist die französische Gendarmerie – dienen der Unterdrückung von Symptomen bereits virulenter gesellschaftlicher Konflikte. Das Gegenmodell ist jenes der „Community-Police“. Diese zivile Polizei aus der angelsächsischen Tradition sieht sich als Service an der Bevölkerung. Der unbewaffnete und lokal verankerte „Bobby“ kennt die Nachbarschaft durch persönlichen Kontakt im Streifendienst zu Fuß. Viele Schwierigkeiten können so präventiv oder informell bearbeitet werden, lange bevor Eingriffe in Grundfreiheiten notwendig werden. Mit dem nun vorgestellten Pilotprojekt „Community-Policing“ unternimmt die Polizeiführung Schritte weg von der Königspolizei. 26 Beamt*innen in vier Bezirken bzw. Städten werden abgestellt, um Beziehungen in die Bevölkerung aufzubauen. Das arbeitet gegen Versuche, die Polizei abzuschotten, unterwirft sie erhöhter sozialer Kontrolle und ist aus demokratiepolitischer Perspektive ein Instrument der Organisationssteuerung durch die Bevölkerung. Aber es wäre nicht Österreich, wenn der positive Ansatz nicht gleich auch konterkariert würde. Dem Vernehmen nach hat das Ministerkabinett das Konzept der Beamtenschaft noch in letzter Sekunde mit dem/r „Sicherheitsbürger*in“ aufgeweicht. Freiwillige von außerhalb der Polizei sollen als Multiplikator*innen zwischen Polizei und bestimmten Bevölkerungsgruppen fungieren, ist den mageren Projektunterlagen zu entnehmen. Das ist das Gegenteil von Community-Policing. Denn die/der „Sicherheitsbürger*in“ steht in asymmetrischer Beziehung zur Polizei. Als Außenstehende*r ist sie/er auf Informationen aus dem Apparat angewiesen. Ihr/ihm fehlt auch die faktische Möglichkeit, die Anliegen der Bevölkerung im Apparat zu vertreten. Diese Form der Einwegkommunikation wirkt sich als Beeinflussung der Bevölkerung durch die Polizei aus, und nicht umgekehrt. Der Autor bloggt unter online seit 08.07.2016 14:01:41 (Printausgabe 75) autorIn und feedback : Philipp Sonderegger Links zum Artikel:
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