Über 75 Jahre österreichische Geschichtspolitik und das Gedenkjahr 2018
100 Jahre Österreich | MALMOE 85 Schwerpunkt
Nichts zu feiern
Das „Gedenk- und Jubiläumsjahr 2018“ wurde von der österreichischen Öffentlichkeit fieberhaft erwartet. Das Versprechen: Spektakel, made in Austria. Wie nicht anders zu erwarten, ließ sich dabei über die Vergangenheit nur wenig erfahren, dafür aber umso mehr über die Gegenwart. Die offiziellen Festivitäten zum Geburtstag wurden ebenso frivol organisiert wie das staatspolitische Gedenken. Brandneue Museen und Denkmäler wurden eröffnet, der ORF programmierte hunderte Stunden Histotainment – wiederum Made in Austria – und Schwarz-Blau II war kein verzweifelter Versuch zu peinlich, über ostentative Gedenkgesten an einer Imagekorrektur zu werkeln.
Immer wenn die Österreicher_innen in fieberhafte Aufregung geraten, heißt das für gewöhnlich nichts Gutes, nämlich Fußball, Skifahren oder Faschismus. Zu letzterem hat es die junge Nation in den ersten zwanzig Jahren ihrer Existenz gleich zweimal gebracht. Die politischen Nachfolger der Nazis (FPÖ) und Austrofaschisten (ÖVP) wiederum haben es in den letzten zwanzig Jahren gleich zweimal in eine Regierungskoalition geschafft.
Dass sich die Nation der braunen Flecken im Geschichtskleid irgendwo bewusst ist, zeigt sich bereits in der Wortwahl „Gedenk- und Jubiläumsjahr“. In dieser drückt sich unmissverständlich die Kultur des Kompromisses aus – in etwa so, wie man sich im nagelneuen Haus der Geschichte aussuchen darf, ob man „Ständestaat“ oder „Austrofaschismus“ sagt. Teil der nationalen Kultur ist es eben, sich spektakulär zu verbiegen.
Bei diesem Spektakel will MALMOE nicht mitmachen, weswegen wir Gedenk- und Erinnerungsinitiativen von unten thematisieren und das offizielle Österreich von damals und heute mit Kritik eindecken.