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Alte Mittel an ihre Grenzen treiben Gespräch mit dem italienischen Philosophen Sandro Mezzadra Im Rahmen der Vorstellung von DiEM25 (Democracy in Europe Movement 25) führte MALMOE ein Gespräch mit dem italienischen Philosophen, Migrationsforscher und Aktivisten Sandro Mezzadra über Möglichkeiten und Grenzen der Europäisierung progressiver politischer Interventionen. Was ist davon zu halten, dass bei DiEM25 Yanis Varoufakis so sehr im Mittelpunkt steht? Der große Name Yanis Varoufakis kann ein wichtiger Faktor sein. Aber er kann auch schnell zur Beschränkung werden. Zweifelslos bedeutet er eine Kommunikationskapazität, eine Sichtbarkeit, die es möglich macht, einen Raum zu eröffnen. Aber wenn DiEM25 weiterhin einseitig mit Varoufakis identifiziert wird, dann bleibt dieser neue Raum leer. Du schreibst über die Notwendigkeit für politische Aktionen das „Lokale“ mit dem „Transnationalen“ zu verbinden. Was heißt das? Ist DieM25 ein solcher Versuch? Einerseits weiß niemand, wie sich DiEM25, insbesondere die Organisationsform betreffend, entwickeln wird. Es ist klar, dass sich die Initiative schwer tut, über die Person Varoufakis und einzelne Events hinaus zu agieren. Bisher hat die Initiative den Charakter einer spontanen Zusammenkunft, von denen es viele gibt. Andererseits ist sie eine Plattform für Europäisierung. Es gibt europaweit viele Initiativen auf lokaler Ebene, vor allem Initiativen für und von MigrantInnen. Diese beschränken sich manchmal auch nur auf ein Viertel in einer Großstadt. Nichtsdestotrotz haben diese Initiativen ein europäisches Wesen und eine europäische Botschaft. Kannst du ein Beispiel für diese gemeinsame europäische Botschaft geben? Ein Beispiel ist die Stadtverwaltung von Barcelona und ihr Vorgehen in der sogenannten „Flüchtlingskrise“. Sie bemüht sich um Strukturen zur Aufnahme von Geflüchteten und bringt die verschiedenen Ebenen zusammen. Sie geht nach Lesbos, macht dort Politik, indem sie Brücken zu dieser Insel baut und versucht, ein Netzwerk zwischen Geflüchteten und Aktivist*innen herzustellen. Sie sagt: „Wir sind da, wir würden gerne mit 200 Geflüchteten nach Barcelona zurückreisen.“ Die nationale Regierung erlaubt das nicht und es entsteht ein Konflikt. Dann geht die Bürgermeisterin Ada Colau nach Brüssel und hält dort eine Rede. Es treten lokale und transnationale, also europäische Ebenen in Verbindung. Es gibt viele Beispiele dieser Art. Wir brauchen politische Mittel, um diese europäische Dimension explizit zu machen und sie zuzuspitzen. Wir müssen über die herkömmlichen Vorstellungen progressiver Politik, Kämpfe und Kampagnen auf europäischer Ebene, hinausgehen. Wir können uns nicht auf europaweite Netzwerke oder Aktionstage beschränken. Wir müssen diese alten Mittel an ihre Grenzen treiben und etwas gegen die Idee, europäische Politik sei etwas abstraktes, unternehmen. Denn dieses Verständnis ist vollkommen getrennt von den konkreten Erfahrungen täglicher lokaler Kämpfe. Was DiEM25 angeht, werden wir sehen, ob es hier zu einer Aneignung der Initiative durch Soziale Bewegungen kommt. Für mich ist DiEM25 also durchaus ambivalent und birgt gleichzeitig Potential. Welche Sozialen Bewegungen meinst Du? Sind damit linksradikale, europaweite Bündnisse wie Beyond Europe oder Blockupy gemeint? Ich bin davon überzeugt, dass es heute in Europa verschiedene Akteure auf verschiedenen Ebenen braucht. Wir brauchen heterogene Räume und es ist klar, dass sich DiEM25 wesentlich von Bündnissen wie Beyond Europe und Blockupy unterscheidet. Letztere sind besonders wichtig, wenn es darum geht, verschiedene Kämpfe in Europa zu verbinden und transnationale Kampagnen zu organisieren. DiEM25 hat ein anderes Ziel. Sie bezieht sich auf die öffentliche Meinung in Europa. Ich finde es aber wichtig, dass DiEM25 Bündnisse wie Blockupy anerkennt. DiEM25 ist eine Art konstitutionelle Versammlung; eine Versammlung in der du demokratische, auch liberale Kräfte auf der einen Seite und materielle Kämpfe und Konflikte auf der anderen Seite hast. Wenn es um Desintegration in Europa und das europäische Migrationsregime geht, kann man dann von Demokratisierung sprechen und gleichzeitig vom europäischen Kapitalismus schweigen? Alle Themen, die heute diskutiert werden, beziehen sich implizit auf den gegenwärtigen Kapitalismus. Aber DiEM25 fokussiert nicht auf Kapitalismuskritik. Das hat mit dem Rahmen des Projekts und der Idee zu tun, die demokratische öffentliche Meinung in Europa zu erreichen. Was bedeutet Demokratie heute? Wenn wir ein bisschen über diese Frage nachdenken, werden wir sofort den notwendigen Zusammenhang mit Kapitalismus verstehen. Wir sind heute mit einer tiefen Krise der repräsentativen Demokratie und ihrer materiellen Bedingungen konfrontiert. Was heißt es im gegenwärtigen Kapitalismus, die Demokratisierung von EU-Institutionen zu fordern? Heißt das, einfach zum alten Modell der materiellen Vermittlung des Fordismus zurückzukehren? Ich denke nicht, dass das effektiv wäre. Aber wenn wir versuchen, anders über Demokratie nachzudenken und Demokratie zu leben? Auf eine Weise, die dem gegenwärtigen Kapitalismus, und seinen Beziehungen auf globaler, europäischer und nationaler Ebene entspricht? Die Demokratiefrage macht also keinen Sinn, wenn wir sie isoliert vom gegenwärtigen Kapitalismus denken. Es geht darum, ob wir den vagen Begriff der Demokratie mit Kapitalismuskritik füllen und über diesen Begriff hinausgehen können. Du sprichst von heterogenen Akteuren derer es bedarf, wenn man die Kritik auf transnationaler Ebene einführen will. Wieso? Es ist viel leichter im Rahmen von Blockupy oder Beyond Europe über radikale Kapitalismuskritik zu sprechen. Es ist notwendig, sich in vielen verschiedenen Räumen zu artikulieren und dort Resonanzen zu schaffen. Mein Ziel ist es nicht, DiEM25 in eine radikal antikapitalistische Organisation zu verwandeln. Es ist aber wichtig, dass DiEM25 weiterhin diese Fragen aufbringt, um die Grenzen der herkömmlichen Antworten zu testen. Es ist auch wichtig, dass dies direkt auf der europäischen und ohne Vermittlung der nationalen Ebene geschieht. online seit 04.08.2016 11:18:59 (Printausgabe 75) autorIn und feedback : Interview: Laurin Lorenz, Volkan Ağar Links zum Artikel:
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Widerstand Tag XYZ Ein Diskursiv zu den Protesten gegen Schwarzblau (März 2018, MALMOE #82) [17.11.2018,Redaktion] "Ich befreie mich aus dem braunen Sumpf" (1) aus dem Diskursiv: Widerstand Tag XYZ [16.11.2018,Heide Hammer] Gegen den Normalzustand aus dem Diskursiv: Widerstand Tag XYZ [16.11.2018,Brigitte Theißl] die nächsten 3 Einträge ... |
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