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Servus und baba, kritischer Journalismus Die Affäre um den verhinderten Betriebsrat bei ServusTV als Symbol aktueller Verhältnisse im Mediensektor Vor rund 25 Jahren löste das Aufkommen des Internets euphorische Hoffnungen auf einen Beschäftigungsboom im Medienbereich aus. Alle entsprechenden Prognosen erwiesen sich jedoch als illusorisch. Trotz Informationstechnologien und vielfach höheren Informationsmengen begann keine rasante Zunahme an neuen MitarbeiterInnen. Die gegenteilige Dynamik setzte ein: Immer mehr Informationsströme sollten von einer gleichbleibenden oder sogar geringeren Anzahl an RedakteurInnen bearbeitet werden. Der steigende Wettbewerb führte zu einer Reduktion der Anzahl der redaktionellen MitarbeiterInnen, bei gleichzeitigem Anwachsen der hausinternen Marketingabteilungen. Nicht in Recherche, sondern in Werbung wurde verstärkt investiert. Journalismus wurde zunehmend prekär. Die „Generation Praktikum“ wurde institutionalisiert. Spätestens in den frühen 2000er Jahren bildete sich in fast jedem Medienhaus und in jeder Abteilung eine spezifische Redaktions-Klassenstruktur, die die innerbetriebliche Spannung bis heute erhöht und ent-kollektiviert: AspirantInnen als Medien-ArbeiterInnen mit dem bescheidenen Ziel, sich in einer Redaktion zu verankern und so viel zu verdienen, um die Lebenshaltungskosten decken zu können; PauschalistInnen als Stammbelegschaft, die über Kontinuität und innerbetriebliches Fachwissen verfügen und um Sichtbarkeit und symbolische Anerkennung miteinander konkurrieren (z.B. um exklusive Storys oder Kontakt zu themenrelevanter Prominenz); schließlich die als Medienstars bekannten Personen, die mit Namen (und Gesicht, insbesondere im TV-Journalismus) einer breiten Öffentlichkeit bekannt sind und häufig mit der heterogenen Berufsgruppe per se verwechselt werden. Medienstars sind eine Gruppe, die klein, privilegiert, mit den jeweiligen politischen und gesellschaftlichen Eliten dicht vernetzt ist, und die mit ihrem Meinungstransport all jenen eine berufliche Zielvorgabe liefert, die als AspirantInnen und PauschalistInnen die größte Gruppe bilden. Medienstars sind allerdings schnell austauschbar: „Der Sieger von heute ist die zerquetschte Schnecke von morgen“, so ein anonym bleiben wollender Betroffener. Die Möglichkeit, in einem prekarisierten Arbeitssetting durch maximalen Einsatz (Wochenend-, Nachtarbeit, Termindruck) zu reüssieren, ist vor allem für junge JournalistInnen das Kapital, das sie selbstverständlich einsetzen, um auch eine spezifische Berufsethik, die mit Leistungsaskese verkoppelt und positiv verinnerlicht wird, zu verkörpern. Projektion einer fremden und abgewerteten Berufskultur ist daher für viele das „Beamtentum“, das als Prototyp eines Feindbilds des journalistischen Habitus zu verstehen ist. Die branchenbezogenen Arbeitsbedingungen werden durch diese Verinnerlichung neoliberaler Werte (Individualismus, Konkurrenzorientierung…) einer kollektiven Interessenorganisation immer weniger zugänglich. Die zunehmend flexibilisierten MitarbeiterInnen organisierten sich im letzten Jahrzehnt immer weniger in der JournalistInnengewerkschaft. Die Mitgliedszahlen sanken, die Löhne stiegen kaum. In den Betrieben hat sich eine Kultur des „Hire and Fire“ festgesetzt, Journalismus wird zum Drehtür-Job, mit negativen Konsequenzen für Themenfelder abseits des Gefälligkeitsjournalismus und der recherchefreien Wiedergabe von „Sagern“. Gerade kritische (junge) JournalistInnen wechseln nach einigen Jahren in andere (Medien-)Berufe. Wer bleiben will, muss jahrelange Selbstausbeutung in Kauf nehmen, in der Hoffnung auf eine spätere Anerkennung. Diese Arbeitshaltung setzt voraus, über gesicherte Vermögensverhältnisse zu verfügen. Wer kann sich diese Jobs leisten? Dass Journalismus immer schon überwiegend ein Arbeitsfeld von bürgerlichen und großbürgerlichen Männern und zunehmend auch Frauen war, segmentiert nach Ressorts- und Leistungszugehörigkeit, ist nicht neu. Dass diese Verhältnisse sich so wenig ändern, ist eine bittere Tatsache in der aktuellen elektronisch vermittelten Mediengesellschaft. Die Art und Weise, wie aktuell der Privatfernsehsender ServusTV von seinem Gründer und Inhaber ab- und nach Unterwerfungsgesten seiner Belegschaft wieder angedreht wurde, zeigt symptomatisch die Herrschafts- und Untertanen-Mentalität in seltsam bedrückender Offenheit. Ein ausführlicher Beitrag zum Thema erschien unter dem Titel „Qualitätsvernichtung. Österreichischer Journalismus zwischen Boulevardisierung und Prekarisierung“ in Kurswechsel Heft 3/2015 (www.kurswechsel.at) online seit 19.09.2016 12:03:52 (Printausgabe 75) autorIn und feedback : Ulli Weish |
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Feministische Ökonomie #6 Welcome to Prison Island [01.10.2018,Dr. Ingo Schneepflug] Feministische Ökonomie #5 Ökonomie und Gewalt [28.09.2018,Dr. Ingo Schneepflug] Privatisierung des Menschenrechts Während die FPÖ sich ihren Lagerfantasien hingibt, wittern ÖVP-nahe Firmen unterdessen gute Geschäfte mit der Unterbringung von Schutzsuchenden [02.05.2018,Bernadette Schönangerer ] die nächsten 3 Einträge ... |
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