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ALARMSTUFE ROT Droht durch Raiffeisen eine Hypo II? Mehr als sechs Jahre nach dem Höhepunkt der globalen Finanzkrise scheint es, als hätte Österreich den Gipfel seines heimischen Bankenproblembergs immer noch nicht erreicht. Zum Milliardengrab Hypo Alpe-Adria und zum multiplen Stresstest-Durchfaller Volksbanken hat sich im laufenden Jahr das größte Banken-, Wirtschafts- und Politikimperium des Landes gesellt: Raiffeisen. Aktien und Anleihen der börsennotierten Raiffeisen Bank International brachen zu Jahresbeginn in einem Ausmaß ein, das nur von den krisengeschüttelten griechischen Banken überboten wurde, und bewegten sich teilweise in Regionen, die normalerweise eine nahende Zahlungsunfähigkeit anzeigen. Ende Januar versuchte der „gelbe Riese“ nach offenbar auch intern heißer Debatte eine Notbremsung. Das Geschäft der Raiffeisen Bank International soll zurückgefahren werden, Kapitalaufbau hat nun Priorität vor Dividendenzahlungen. Die eklatanteste Maßnahme ist der Verkauf der polnischen Tochterbank – die größte und wichtigste neben Russland und die letzte große Akquisition in Osteuropa, erst vor drei Jahren abgeschlossen. Nicht alle sind restlos überzeugt. Die Ratingagentur Moody’s stufte Raiffeisen nach Verkündigung des Programms herab und argumentierte, es sei keineswegs gewiss, dass dies so auch umsetzbar sei. Die polnische Bankenaufsicht erinnerte an Versprechungen, die Raiffeisen beim Zukauf in Polen gemacht hatte und die vor einem Verkauf noch abzuarbeiten seien. Doch die Kurse von Aktien und Anleihen haben sich erst mal etwas erholt und Raiffeisen hat zumindest Zeit gewonnen. Diese Januarkrise hat den Mythos der Stabilität von Raiffeisen erstmals in einer breiten Öffentlichkeit ernsthaft angeschlagen. Bisher wurde es nur hinter vorgehaltener Hand, in wenigen Medien, oder von einer kleinen Handvoll von im Übrigen etwas schrägen Raiffeisen-Rebellen thematisiert: Dass die nach außen demonstrierte Solidität sich im Wesentlichen geschickter Buchhaltung, maßgeschneiderter Gesetzgebung, einem hohen Maß an Intransparenz, der Zurückhaltung der konzerneigenen Medien und ängstlicher Kontrahenten sowie einer ordentlichen Portion Glück verdankt. Kosten im Osten Wirtschaftlich verantwortlich für die Misere ist zum einen das bekanntermaßen hohe Risiko, das die Bank in Osteuropa eingegangen ist. Die Krisen in der Ukraine und Russland sowie die Schweizer Franken-Kredite in Polen, Ungarn und anderswo haben Raiffeisen 2014 erstmals in die Verlustzone getrieben. Doch das Thema wurde schon 2009 mit Schlagworten wie „Iceland on the Danube“ oder „Europe’s subprime problem“ international angeprangert – in Österreich aber fatalerweise mit einem sofortigen Schulterschluss von Banken, Aufsicht und Regierung beantwortet. Doch die aktuellen Sorgen gehen weiter und betreffen das Herz des Systems Raiffeisen, nämlich die genossenschaftliche, dezentrale Struktur, die ihre Basis bildet. Die Investmentbank J.P. Morgan warnte in einer Studie, die erst über die US-Nachrichtenagentur Bloomberg ihren Weg in die österreichischen Medien fand, vor einem Dominoeffekt, der die Raiffeisen Zentralbank (RZB), die Raiffeisenlandesbanken und dann wohl auch die Raikas vor Ort mit in den Abgrund ziehen könnte. Rein formal „gehört“ Raiffeisen über die lokalen Raikas seinen 1,7 Millionen Mitgliedern. Den lokalen Raikas gehören wiederum formal die Landesbanken (RLBs). Über zwischengeschaltete GmbHs sind die RLBs Eigentümerinnen der RZB, der – wiederum indirekt – schließlich 61 Prozent der RBI gehören. Obwohl formal von ihnen kontrolliert, haben die Vorstände der Landesbanken in der Praxis über interne Strukturen wie den Revisionsverband weitreichenden Einfluss auf die Raikas. Während deren ManagerInnen vor Ort selbst zum Kreis der lokalen MachthaberInnen gehören, haben sie im Konzern nichts zu melden – und die 1,7 Millionen einfachen GenossInnen erst recht nicht. Ungeachtet der genossenschaftlichen Selbstdarstellung bildet der Herrenklub der mächtigen RLB/RZB/RBI-Manager de facto einen sich selbst erneuernden Zirkel, der niemandem Rechenschaft schuldig ist. Die Kehrseite dieser Medaille ist jedoch, dass es für Raiffeisen strukturell schwierig ist, in Krisenzeiten oder bei starkem Wachstum zusätzliches Kapital aufzustellen. Um das Wachstum im Osten zu finanzieren, musste die RBI die AktionärInnen von außen mit ins Boot nehmen. Dieser Weg ist derzeit praktisch verbaut: Die RZB würde bei den derzeitigen Aktienkursen wohl die Aktienmehrheit und damit die Kontrolle über die Gruppe verlieren. Das würde zu Abwertungen führen, da die RBI dann mit der Praxis der gegenseitigen Anrechnung von Kapital zwischen den Beteiligungsebenen Schluss machen und zum Marktwert eingebucht werden müsste. Abschreibungen bei der RZB würden dann als Verluste auf allen Ebenen des Sektors widerhallen. Genau aus diesem Grund verweigert die RBI eine Kapitalerhöhung und versucht sich statt dessen gesundzuschrumpfen, in der Hoffnung, dass das ausreicht. „Wir erachten die hochkomplexe Unternehmensstruktur von Raiffeisen als zusätzlichen Risikofaktor“, heißt es in der J.P. Morgan-Studie. Die Querverbindungen zwischen den verschiedenen Raiffeisen-Einheiten könnten potenziell zur gegenseitigen Ansteckung innerhalb der Gruppe führen. Und deshalb könnte es noch schlimmer kommen: „Sollte es für Raiffeisen am Markt keine Lösung mehr geben, steht zu befürchten, dass die Bank Staatshilfe benötigt.“ Rettung durch den Staat? Kann es dazu kommen? Dass Raiffeisen in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät, die zu einer Unterschreitung der regulatorischen Eigenmittel und damit zu einer Bestandsgefährdung führen, kann aufgrund der bekannten Daten nicht mehr ausgeschlossen werden. Muss der Konzern deshalb vom Staat gerettet werden? Nein. Denn seit Anfang dieses Jahres stehen – anders als zur Zeit der Hypo-Krise – der Aufsicht Mittel zur Verfügung, um Banken ohne Mittel der SteuerzahlerInnen sanieren und im Notfall auch abwickeln zu können. Auf Basis des jüngst beschlossenen Bundesgesetzes über die Sanierung und Abwicklung von Banken können die AufseherInnen eine in Schieflage geratene Bank zwingen, sofort Maßnahmen zu setzen, die das Risiko des Institutes reduzieren. Dazu zählt insbesondere das bail-in, das private Gläubigerbeteiligung an den Verlusten einer Bank ermöglicht. Weiters kann die Aufsicht sehr stark in die Geschäftstätigkeit der Bank eingreifen und etwa einen Schrumpfkurs vorschreiben, in dem ganze Geschäftsbereiche abgestoßen werden müssen, die Eigentümer- und Kontrollstrukturen verändert werden u.Ä. Tatsächlich hat Raiffeisen genau solche Schritte zuletzt selbst angekündigt: International will die Bank um ein Fünftel schrumpfen. Gleichzeitig wird auch sektorintern an neuen Strukturen gebastelt. Damit diese Bemühungen Früchte tragen, wird es auch wichtig sein, dass die kritische Öffentlichkeit – lernend aus dem Hypo-Desaster – die AufseherInnen (FMA und mittlerweile auch EZB) dazu drängt, an der Beseitigung der systemischen Risiken des österreichischen Bankensektors aktiv mitzuwirken und nicht wie in der Vergangenheit die Wünsche des Raiffeisenkonzerns (u.a. Akquisition der Polbank in Polen nach dem Erhalt von staatlichem Partizipationskapital) durchzuwinken. Verkleinern und Restrukturieren Dass Schritte in Richtung Restrukturierung und Verkleinerung des Sektors und einer Vereinfachung der komplizierten Eigentums- und Kontrollstrukturen gesetzt werden, gehört zu einer der Prioritäten der neuen europäischen Bankenaufsicht und hat in anderen Ländern bereits zu Konsequenzen geführt: Etwa in Italien, wo Genossenschaftsbanken nur mehr unterhalb einer bestimmten Größe akzeptiert werden – größere müssen zu Aktiengesellschaften werden und können nicht mehr auf Sonderregeln hoffen. Von entsprechenden Schritten ist in Österreich einstweilen nichts zu sehen. online seit 01.04.2015 19:03:59 (Printausgabe 70) autorIn und feedback : Gitti Hell |
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Feministische Ökonomie #6 Welcome to Prison Island [01.10.2018,Dr. Ingo Schneepflug] Feministische Ökonomie #5 Ökonomie und Gewalt [28.09.2018,Dr. Ingo Schneepflug] Privatisierung des Menschenrechts Während die FPÖ sich ihren Lagerfantasien hingibt, wittern ÖVP-nahe Firmen unterdessen gute Geschäfte mit der Unterbringung von Schutzsuchenden [02.05.2018,Bernadette Schönangerer ] die nächsten 3 Einträge ... |
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