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Post-Crash-Bitcoin

Hat das Krypto-Währungsprojekt eine Zukunft?

DER GROSSE MEDIENHYPE SCHEINT ERST MAL VORÜBER: Nach monatelangen Kursrekorden, begleitet und befeuert von Medienberichten, versetzte die Pleite der bislang größten Handelsplattform Mt.Gox im Februar der Krypto-Privatwährung Bitcoin einen Dämpfer. Eine wachsende Zahl von Behörden aus aller Welt gab zuletzt Warnungen vor den Risiken aus: Bitcoin hat einen stark schwankenden Wechselkurs zu offiziellen Währungen, niemand garantiert seine Stabilität, folglich schwanken der Wert von Guthaben und die Preise von Gütern, die mit Bitcoin bezahlt werden können.

Wer Bitcoin benutzen will, setzt sich angesichts der Vielzahl unregulierter Internet-Unternehmen, die Bitcoin-bezogene Dienste anbieten, beträchtlichen Risiken des Betrugs oder Verlusts aus. Aus ökonomischer Sicht hat die marktliberale Bitcoin-Vision, ein durch ein anonymes Freiwilligennetzwerk auf Basis einer gemeinsamen Software und Wettbewerb verwaltetes privates Geld zu etablieren, schwere Defizite und keine Erfolgsaussichten (vgl. MALMOE Heft 63).

DOCH ALL DIES KONNTE BISLANG DIE ANHÄNGERSCHAFT (laut Umfragen zu 95 Prozent männlich) nicht verschrecken. Der Bitcoin-Kurs in Dollar ist zwar nach dem Mt.Gox-Desaster gesunken, aber nach wie vor höher als vor Beginn des letzten Höhenflugs Mitte 2013. Die alchemistische Hoffnung, selbst Geld herstellen zu können, ist wohl zu faszinierend, und das Misstrauen in die etablierte Bankenwelt anhaltend. Vor allem aber sind die Hardcore-Fans verliebt in die technischen Aspekte des Systems, und die sind von der Krise nicht angekratzt worden. Die Bitcoin-Software bietet eine innovative Lösung für einen Konsensmechanismus einer Gemeinschaft ohne hierarchische Entscheidung oder demokratische Debatte. Dass das für den Betrieb eines verlässlichen Geldsystems zu wenig ist, beeindruckt die Techies dabei nicht besonders.

Bitcoin-Aktivisten aus Graz etwa wollen – nach Vorbildern in Vancouver, Bratislava und Zürich – demnächst den ersten österreichischen Bitcoin-Automaten aufstellen. Dort soll es möglich sein, Bitcoin gegen offizielle Währung zu tauschen und auf die eigene elektronische Handy-Geldbörse zu laden. Auf der Suche nach einem parlamentarischen Andockpunkt für ihren Wirtschaftsliberalismus sind die österreichischen Bitcoin-Fans wenig überraschend bei den Neos fündig geworden. Die wollen nun per parlamentarischer Anfrage vom Finanzministerium eine Klärung der rechtlichen und steuerlichen Einstufung durchsetzen, um Bitcoin-basierte Geschäftsprojekte zu fördern.

ANDERE BITCOIN-FANS HINGEGEN VERABSCHIEDEN SICH VOM Gedanken, mit Bitcoin eine Alternative zu herkömmlichem Geld zu schaffen, und denken stattdessen – zum Teil unterstützt durch Risikokapital in Silicon Valley und anderswo – über weitere Anwendungsmöglichkeiten für die zugrundeliegende technische Infrastruktur nach.

Auch in der Kunst wird Bitcoin eingesetzt. An der Kunstmesse „Silicon Valley Contemporary“ versuchte eine Galerie im April reiche Tech-Entrepreneurs anzulocken, indem sie Bitcoin als Zahlungsmittel akzeptierte. Über solche Marketing-Gimmicks hinaus geht ein in Vorbereitung befindliches Kunstprojekt aus Österreich. Auf der Online-Plattform „cointemporary“ wollen die Künstler Andy Boot und Valentin Ruhry Kunstwerke aus aller Welt verkaufen, die ausschließlich in Bitcoin bepreist und bezahlt werden. Auf der Seite wird jeweils ein Kunstwerk zu sehen sein, das für maximal sieben Tage verfügbar ist. Wer zuerst kauft, erhält den Zuschlag, und macht die Bühne frei für das nächste Kunstwerk. Statt Bitcoin als Konkurrenz zum herkömmlichen Geld zu promoten, setzt dieses Projekt auf eine grundsätzlichere Subversion: Durch Beschränkung auf einen Wertmaßstab, der extrem instabil ist, werden Mechanismen im Kunstfeld unterlaufen, die Ranglisten und Hierarchien unter KünstlerInnen auf Basis von Verkaufspreisen fördern.

Wie es scheint, gibt es für Bitcoin ein Leben nach dem Crash – nur dass es vielleicht ein bisschen anders aussieht als in den wirtschaftsliberalen Utopien, die seine Entstehung beflügelt haben.

online seit 14.06.2014 18:28:54 (Printausgabe 67)
autorIn und feedback : BW




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