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Sparbücher zum Staatsschuldenabbau Frevelhafte Expertenratschläge zur Krisenbekämpfung DIE BOSTON CONSULTING GROUP MACHTE DEN ANFANG. IM Herbst 2011 erschien ihre Studie „Back to Mesopotamia?“. Dort äußerten sich die UnternehmensberaterInnen zur Europäischen Schuldenkrise: Um den Überhang an staatlichen und privaten Schulden zu reduzieren, sei eine Streichung unumgänglich. Der Staat solle sämtliche Schulden übernehmen und deren Abbau mit einer einmaligen Vermögenssteuer finanzieren. Um den Gesamtschuldenstand (private und staatliche Schulden zusammengerechnet) aller Mitgliedstaaten auf nicht mehr als 180 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung zu reduzieren, seien Vermögensabgaben notwendig, die je nach Land einen unterschiedlich großen Anteil der privaten Finanzvermögen betreffen würden: In Deutschland wäre das etwa ein Zehntel der privaten Finanzvermögen, in Spanien über die Hälfte der privaten Bestände. Für den gesamten Euroraum betrüge der Wert rund ein Drittel. Nur in Irland würde selbst die Konfiskation sämtlicher privater Finanzvermögen nicht ausreichen, um die durch die Banken verursachten Schuldenberge abzubauen. Damit rief der think tank eine einfache Grundtatsache in Erinnerung: Allen Schulden stehen Forderungen gegenüber, die zum Großteil privates Vermögen darstellen. Ein Schuldenabbau heißt auch Vermögensabbau. EIN JAHR SPÄTER MACHTE DAS DEUTSCHE INSTITUT FÜR Wirtschaftsforschung (DIW) mit einem ähnlichen Vorschlag Schlagzeilen. Entweder Vermögensabgaben oder Zwangsanleihen sollten vorwiegend Wohlhabende zur Kassa bitten, um den Staatsschuldenstand zu senken. Der mediale Aufruhr war beträchtlich. Dabei ging der Hinweis unter, dass auch Deutschland einst zu solchen Maßnahmen gegriffen hatte, und zwar 1948 zur Bewältigung der finanziellen Kriegsfolgen. Die Abgabenlast wurde damals auf 30 Jahre verteilt und bis 1979 eingehoben, also gar nicht so lang her. Nun ist der Internationale Währungsfonds (IWF) an der Reihe: In seinem im Oktober 2013 erschienenen Periodikum „Fiscal Monitor“ wird der Vorschlag einer Einmal-Besteuerung privater Vermögen diskutiert. Zur Rückführung des öffentlichen Schuldenstands im Euroraum auf das Niveau vor der Krise wäre laut IWF eine Abgabe in Höhe von ca. 10 Prozent auf Haushalte mit positivem Nettovermögen erforderlich. Auch hier wurde der Hinweis geliefert, dass nach dem zweiten Weltkrieg einige Staaten in Europa und Japan zu ähnlichen Maßnahmen gegriffen hatten. Wieder ging ein Aufschrei durch die Medien, und die Politik wiegelte ab: So etwas sei überhaupt nicht geplant. OBWOHL ES ALSO SCHON DIE SPATZEN VON DEN DÄCHERN DER Expertokratie pfeifen, wird weiter in Abrede gestellt, dass Privatvermögen Einschnitte hinnehmen müssen. Bestenfalls empfiehlt man solche Maßnahmen zur Anwendung in anderen Staaten. Die deutsche Regierung setzte einen Beitrag zypriotischer Sparguthaben zur dortigen Bankensanierung durch. Und ein Sprecher von Finanzminister Schäuble wertete die vom DIW diskutierte Zwangsanleihe als interessante Idee – für Länder wie Italien und Spanien. Diese sollten sich an die Privatvermögen der eigenen BürgerInnen halten, um ihr Überschuldungsproblem zu lösen, statt auf Kredite aus Staaten wie Deutschland zu bauen. Mit einzelstaatlichen Lösungen ist es jedoch so eine Sache: Weil eine solche Steuer oder Zwangsanleihe kaum überfallsartig über Nacht eingeführt werden kann, muss bei Ankündigung mit der Flucht von Finanzvermögen gerechnet werden. Kapitalverkehrskontrollen sind in kleinen Inselstaaten wie Zypern und Island halbwegs gut durchführbar, bei größeren Staaten in einem Verbund wie der EU, wo die Grenzen offen sind, nicht so ohne weiteres. Wenn jedoch alle Staaten im Euroraum oder der EU auf einmal eine Einführung beschließen, ist es mit der Kapitalflucht nicht mehr so leicht. Im Gegensatz zu vor der Krise, wo Kapitalverkehrsfreiheit den Status einer heiligen Kuh hatte, gewinnen Einschränkungen zur Sicherung des Steueraufkommens an Rückhalt. In letzter Zeit werden an europäischen Bahnhöfen immer häufiger Koffer aus den Händen von Geschäftsleuten beschlagnahmt, die mehr als 10.000 EUR Bargeld außer Landes bringen wollen. DASS EINE VON EXZESSIVER SCHULDENLAST GEDRÜCKTE Wirtschaft stockt, macht sich aktuell an den Bankguthaben bemerkbar, deren Verzinsung vielfach unter der Inflationsrate liegt. Kein Wunder: Eine Wirtschaft, die vor sich hindümpelt, wirft nicht ausreichend Erträge ab, um saftige Zinszahlungen für Guthaben abzugeben. Für viele SparerInnen, die Zinserträge als gewohntes Recht empfinden, scheint schon das sehr verstörend zu sein. Die Aussicht, dass darüber hinaus auch Einschnitte in die Substanz der Privatvermögen nötig sein werden, um den Schulden-Bremsklotz zu lockern, gilt offenbar noch als dermaßen unvorstellbar, dass selbst das Aussprechen der Idee sanktioniert werden muss. Damit wird zwar vielleicht Panik und Kapitalflucht verhindert, aber auch eine öffentliche Diskussion über eine sozial sinnvolle Ausgestaltung einer solchen Maßnahme unterbunden. online seit 14.01.2014 20:37:07 (Printausgabe 65) autorIn und feedback : Pinguin |
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Feministische Ökonomie #6 Welcome to Prison Island [01.10.2018,Dr. Ingo Schneepflug] Feministische Ökonomie #5 Ökonomie und Gewalt [28.09.2018,Dr. Ingo Schneepflug] Privatisierung des Menschenrechts Während die FPÖ sich ihren Lagerfantasien hingibt, wittern ÖVP-nahe Firmen unterdessen gute Geschäfte mit der Unterbringung von Schutzsuchenden [02.05.2018,Bernadette Schönangerer ] die nächsten 3 Einträge ... |
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