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Hi, wir sind ein Lesben-Team. Borgen Sie uns Ihr Auto? Über die (Un-)Möglichkeiten der Sichtbarkeit von Homosexualität in der Ukraine, geplante Gesetzesänderungen, politische Doppelmoral, Erwartungen an die EURO und ein Land zwischen zwei Einflusssphären. Seit 1991 ist Homosexualität in der Ukraine straffrei – und dennoch weit entfernt von Akzeptanz und/oder Normalisierung. MALMOE sprach anlässlich der von den Football Supporters Europe (FSE) organisierten Diskussionsveranstaltung „Queer in (Ost-)Europa. Sexismus und Homophobie rund um die EURO 2012“ in Hamburg mit der LGBTIQ-Aktivistin (LGBTIQ = Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Intersex und Queer) und Vorstandsfrau des ukrainischen Frauensportvereins NRG Alla Oliynyk. NRG ist der größte Lesben-Sportverein der Ukraine. MALMOE: Alla, du bist im Vorstand des Sportvereins NRG in Kiew, ihr bezeichnet euch auf eurer Website als Frauensportverein. Gleichzeitig ist NRG offiziell bei der EGLSF (European Gay and Lesbian Sport Federation). Das steht auch auf der Homepage, allerdings nur als Abkürzung. NRG ist damit nur für „Eingeweihte“ als Teil der LGBT-Community erkennbar. Womit hättet ihr zu rechnen, stünde „lesbisch“ auf eurer Seite? ALLA: Wir können nicht offen sein, weniger weil wir Angst davor haben, direkt attackiert zu werden – was nicht heißt, dass das nicht passieren kann, es gibt physische Übergriffe auf LGBT-Treffen –, sondern weil uns dann alle Türen vor der Nase zugeworfen werden würden. Wenn wir z. B. um eine Sporthalle anfragen, oder etwas organisieren wollen. Wenn wir da kämen und sagen: „Hey, wir sind ein LGBT-Team und würden gerne den Platz mieten“, würden wir den nicht kriegen, davon gehe ich aus. Ich meine, LGBT würde wahrscheinlich niemand verstehen, aber lesbisch z. B. schon. Ein anderer Punkt ist, dass bei NRG auch viele heterosexuelle Frauen sind, die – genauso wie viele lesbische Frauen – Angst davor haben, mit Homosexualität in Verbindung gebracht zu werden, z. B. in der Arbeit geoutet zu sein. Da würden sie Probleme bekommen, und das muss jede für sich entscheiden, ob sie das durchkämpft. Was sind deiner Meinung nach die zentralen Momente von Homophobie in der Ukraine? Das Problem mit Homophobie in der Ukraine ist, dass die Leute ständig Negatives über schwule und lesbische Menschen hören, Politiker und Politikerinnen, die Kirche, alle reden schlechte Dinge. Und es gibt keine Aussagen, die dem entgegen stehen. Wirklich viele Leute denken, das ist wie eine Krankheit oder dass, nur weil ich lesbisch bin, ich gleich jede Frau ins Bett zerre. Frauen fühlen sich dann bedroht. Lesben gelten als aggressiv und andere ausnützend. Du hörst in den Medien, dass homosexuelle Beziehungen eine Bedrohung für die nationale Sicherheit sind, dass wir für die demografische Krise verantwortlich sind, die Institution der Familie zerstören. Also ist es auch gut, dass Frauen, die noch nie Kontakt mit der Community hatten, zu unserem Sportklub kommen, wir alle einander kennenlernen und die Neuen dann sehen: „Ah! Da sind ja auch welche lesbisch!“ Und es ist noch nie eine Frau gegangen, als sie drauf kam, dass hier vor allem Lesben Sport machen. Darüber bin ich besonders glücklich. Wir wollen ja nichts Besonderes, keine spezielle Behandlung – aber das gleiche wie alle anderen, gleiche Rechte. Sonst nichts. Was ist der aktuelle gesetzliche Stand der Dinge? Verboten ist Homosexualität nicht, Partner_innenschaften gibt es nicht, wohin geht es? Es wurde jetzt der Entwurf für ein Gesetz eingebracht, das, wie sie es nennen, „homosexuelle Propaganda“ verbieten soll. Wie in St. Petersburg! Geht das von einer bestimmten Partei aus? Das ist das Problem, es ist kaum zu glauben, aber das ist der gemeinsame Vorschlag von fünf Abgeordneten aus verschiedenen Parteien. Auch die Demokratische Partei ist dabei. Wenn das Gesetz durchgeht, dann könnten wir uns nicht mehr treffen, wer offen sagt oder zeigt, dass sie oder er gay ist, würde verurteilt werden – das ginge von Geldstrafen bis hin zu fünf Jahren Gefängnis. Überhaupt werden immer wieder dumme Gesetze aus Russland kopiert. Du hast auch davon erzählt, dass sich die ukrainische Regierung überlegt hat, für das Jahr der EURO die Zeitzonen in der Ukraine zu verändern, sodass die ukrainische Zeit „näher“ an der mitteleuropäischen ist, um die Zuneigung der Ukraine zur EU auszudrücken. Wie geht das zusammen mit diesem Gesetzesentwurf, der sich eindeutig an Russland orientiert? Naja, die Politik hat immer ihre Doppelstandards. Zum Beispiel LGBT-Rechte betreffend sitzt unser Präsident in verschiedenen Komitees, diskutiert die EURO und den Integrationsplan, und sagt, „Ja, klar, das ist wirklich nicht gut und wir werden das angehen, das Problem der Homophobie, und wir garantieren allen dieselben Rechte“. Blabla. Und dann sagt die Vorsitzende ebenjener Kommission, die die ukrainischen Gesetze an die der EU anpassen soll, wieder irgendwas Diskriminierendes. Und bisher hat die Politik immer alle Events, die Homosexualität sichtbar machen sollten, verboten. Für heuer im Mai wurde die Pride-Parade zugelassen. Erstmals. Und dann kommt dieser Gesetzesentwurf zum Verbot von „Propaganda“, also Sichtbarkeit. Und so machen sie das leider immer. Wie schaut es denn aus mit ukrainischen Anti-Diskriminierungsgesetzen? Da stehen dann Sachen drinnen wie: „Wir garantieren allen dieselben Rechte, unabhängig von ihrem Geschlecht, sozialen Status und Anderem“. Dann gab es den Aufschrei der großen LGBT-Verbände, dass es wesentlich ist, hier das Wort zu verwenden, zu benennen: schwul, lesbisch. Ein undefiniertes „Anderes“ schützt niemanden, ich kann nicht vor Gericht gehen und sagen, ich bin hier in der Sache Diskriminierung wegen Anderem. Das Gericht wird dich auslachen. Spielt die EURO hier eine Rolle, was sind deine Erwartungen, was passiert rund um die EURO? Das ist tricky. Ich bin schon stolz drauf und hoffe, dass wir das hinbekommen. Und ich mache mir Sorgen, dass wir es vermasseln. Jedenfalls mag ich die Leute nicht, die die Maßnahmen für die EURO umsetzen und wie sie es tun. Ich meine z. B. die Situation mit den Hotels – der Preis für die Zimmer ist so unglaublich hoch. 300 EUR für eine Nacht mit zwei Sternen. Westeuropäer_innen kommen, haben mehr Geld und geben auch viel aus, aber sie sind nicht dumm! So irrsinnig viel werden sie nicht zahlen. Jetzt gibt es Campingplätze, 30 km von Kiew entfernt, da kannst du einen Platz in einem Zelt – kein ganzes Zelt, sondern einen Schlafplatz im 6er Zelt – mieten für 30 Euro pro Nacht. Das ist irre. Und das ist schade. So werden sie die EURO als Ankurbelung des Tourismus nicht nutzen können. online seit 15.06.2012 09:00:00 (Printausgabe 59) autorIn und feedback : Nikola Staritz Links zum Artikel:
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