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Zur Plage ... ... des neuen Fremdenrechtspakets ALLE PAAR MONATE NEUER SCHEISS Fäkalsprache kommt leicht über die Lippen, wenn es um das neue Fremdenrechtspaket geht. Bin wütend. Nicht nur auf diese elenden Grenzschützer_innen im Innenministerium, die nicht aufhören können, an den Daumenschrauben zu drehen und damit Leute zu quälen, die eigentlich nix anderes wollen als in Ruhe gelassen werden. Bin auch wütend auf diese Menschen, die nur in Ruhe gelassen werden wollen, auf ihre Engelsgeduld mit diesem Scheiß; auf ihren Unglauben, was die Verschärfungen betrifft; auf ihre fromme Hoffnung, dass es sie nicht treffen wird. Und ich bin wütend auf mich und meinesgleichen. Was bringen wir zustande? Seit Jahr und Tag lassen wir uns mit diesem Scheiß bewerfen. Dann schreien wir wieder mal wütend auf, und kaum haben wir uns wieder beruhigt, kommt der nächste Scheiß daher. Rote Karte im Herbst 2010 und jetzt das. TSCHÜSS RECHTSSTAAT In einem Vortrag zum neuen Fremdenrecht hab ich unlängst gehört, dass allein das Ausländerbeschäftigungsgesetz seit 1996 ganze 42-mal novelliert wurde. Auch Asylrecht und Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz so- wie Fremdenpolizeigesetz werden dauernd novelliert. Mindestens ein- bis zweimal jährlich. In ganz Österreich gibt es nur eine Hand voll Spezialist_innen auf unserer Seite, die mit Ach und Krach den Überblick behalten. Dieser Umgang mit dem Recht erinnert an die Nazis, die das Gesetz nicht etwa abschafften, sondern das Normendickicht so undurchdringlich machten, dass letztlich auf allen Ebenen der staatlichen Verwaltung frei von der Leber weg der Führerwille vollzogen werden konnte. So einfach kann ein System das Schlechteste in den Menschen zum Vorschein bringen. Aber um Systemprobleme kümmert sich auch niemand mehr. Ist eigentlich niemand der Ansicht, dass die Einführung des Asylgerichtshofs und die damit einhergehende Ausschaltung des Verwaltungsgerichtshofs de facto eine Gesamtänderung der Bundesverfassung darstellt, weil das rechtsstaatliche Prinzip damit teilweise abgeschafft wurde? Zumindest war es ein massiver Schritt in diese Richtung. Als nächstes werden sie in fremdenrechtlichen Angelegenheiten auch Instanzen einführen, die nicht dem Rechtsstaat sondern der Fremdenabwehr verpflichtet sind. Tschüss Rechtsstaat. Naja, das kennen wir ja auch vom § 278a. Scheiß von allen Seiten. Der neueste Scheiß kommt ganz deutschtümelnd daher. A1-Deutschprüfung vor Zuzug, A2-Deutschprüfung binnen zwei Jahren bei sonstiger Nichtverlängerung des Aufenthalts- rechts, B1-Deutschprüfung vor Aufenthaltsverfestigung, ohne die es keinen Anspruch auf bedarfsorientierte Mindestsicherung gibt, B1-Deutschprüfung vor Staatsbürgerschaft, ohne die es keine gleichberechtigte politische Teilhabe gibt. Die Kolleg_innen vom Netzwerk Sprachenrechte meinen, dass diese Prüfungen vollkommen überzogen und für Lernungewohnte nicht zu schaffen sind. B1 bedeutet – soweit der europäische Referenzrahmen auf unser Schulsystem übertragbar ist – Sprachbeherrschung nicht sehr weit unter Maturaniveau. Menschen, die aus bildungsfernen Schichten stammen und das letzte Mal vor Jahrzehnten eine Schule von innen gesehen haben, müssen, wenn sie sich ein Daueraufenthaltsrecht sichern oder die österreichische Staatsbürgerschaft erwerben wollen, nunmehr beispielsweise einen mittellangen Erlebnisbericht einigermaßen fehlerfrei auf Deutsch sch- reiben können, um eine B1-Prüfung zu bestehen. Von einer solchen Sprachbeherrschung sind Menschen aus bildungsfernen Schichten, die Deutsch als Muttersprache haben, zumeist weit entfernt. Und die wenigsten könnten es mit fortgeschrittenem Alter noch lernen. Also was soll der Scheiß? Antwort: Diese Gemeinheit dient insbesondere dazu, die Gruppe der Migrant_innen ohne verfestigten Aufenthalt von Leistungen des sozialen Netzes abzuschneiden. Tja, die Sozialversicherungsträger müssen halt entlastet werden. Scheiße. DAS FREMDENRECHT IST DAS PROBLEM Bei aller Kritik an diesen Gemeinheiten soll nicht der Eindruck entstehen, als sei diese Novelle das Hauptproblem. Das Hauptproblem ist auch nicht die berüchtigte Novelle 2005, die in der Praxis besonders einschneidend wirkt, weil seither Aufenthaltstitel nicht verlängert werden, wenn Menschen kein aus- reichendes Einkommen nachweisen können. Das Fremdenrecht ist ganz prinzipiell ein Problem. Sondergesetze für Menschen, die als Nicht-Hierhergehörige definiert werden, stehen mal unbesehen unter Rassismusverdacht. Da braucht es noch gar keine besonderen Gemeinheiten. Die ganze Konstruktion des Nationalstaates, die hierzulande ein Geburtsvor- recht der Abkömmlinge von österreichischen Staatsbürger_innen festschreibt, ist schon an sich unfair. Die Hervorhebung der besonderen Gemeinheiten dient allenfalls zur Veranschaulichung der Analyse, dass das Fremdenrecht an sich rassistisch ist. An dieser Stelle komme ich zurück auf die Wut auf mich selbst und meinesgleichen. Wann werden wir es endlich schaffen, diesem Scheiß etwas Haltbares entgegenzusetzen? Kritik allein genügt nicht. Wir bellen, aber die beschissene Karawane zieht weiter. Wenn uns klar ist, dass das Problem der Nationalstaat ist, dann brauchen wir ein Konzept, das wir dem Nationalstaat entgegensetzen können. Natürlich müssen wir Kritik üben. Aber wir sollten unsere Kräfte nicht damit aufreiben. Sonst degradieren wir uns zu Hofnarren und Hofnärrinnen, die relativ ungestraft die Wahrheit sagen dürfen, ohne für die herrschenden Verhältnis- se in irgendeiner Weise gefährlich zu werden. Wenn wir tatsächlich etwas verändern wollen, sollten wir unsere Kräfte vielmehr in Alternativen zum Nationalstaat investieren. Solange wir nur wissen, was wir nicht wollen, bleiben wir im Bestehenden verhaftet. FRAGEN NACH ALTERNATIVEN ZUM NATIONALSTAAT Also: Was wollen wir? Weltstaat? Nein, denn da kann niemand mehr flüchten. Weltstaat wäre eine totalitäre Horrorvision. Besser reale Gewaltenteilung. Irgendeine Form von Gemeinwesen, die sich voneinander abgrenzen, sich wechselseitig Alternativen bieten und im Zaum halten, sollte es geben. Stellt sich die Frage, ob diese Gemeinwesen territorial ab- gegrenzt sein müssen oder als Parallelgesellschaften mit verschiedenen Rechtsordnungen auf demselben Territorium existieren können, wie das neuerdings in Bolivien praktiziert wird. Welche Rolle soll das Territorium in einer globalisierten Welt spielen? Fragen über Fragen, die wir so gut wie nie diskutieren, weil wir andauernd mit dem ganzen Scheiß beschäftigt sind. Statt an dieser Stelle die mir bleibenden Zeichen für unausgegorenen Scheiß zu verwenden, möchte ich anregen, dass sich Leute zusammensetzen und sich trauen, die Köpfe rauchen zu lassen, zu phantasieren, was statt dem Bestehenden sein soll. Aller Anfang ist schwer, zumal uns die entsprechenden Diskurse noch fehlen und das Nachdenken über gesellschaftliche Alternativen seit dem Zusammenbruch des Realsozialismus verpönt ist – ein Umstand, der uns eigentlich umso mehr reizen sollte. Eine Kritik des Fremdenrechts muss jedenfalls in der Frage nach Alternativen zum Nationalstaat münden. Abgesehen davon zeugt das Fremdenrecht mit seinen ständigen Verschärfungen auch von der Tatsache, dass die herrschenden Verhältnisse der Migration nicht Herr werden. Mit diesem Ätsch mögen wir uns trösten, solange uns nix Besseres einfällt. online seit 07.05.2011 12:03:06 (Printausgabe 54) autorIn und feedback : Andreas Görg |
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