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Zur Plage ... ... der Gefängnisnation: Die elektronische Fußfessel verlangt nach mehr als nur „guter Führung“. Komforthaft für Gentleman-Gauner – danach sah es aus, als die ersten Details über die aktuelle Novellierung des Strafvollzugsgesetzes bekannt geworden waren. Die Chance, die Straf- oder U-Haft durch elektronisch überwachten Hausarrest zu ersetzen, ist an Bedingungen geknüpft, die nicht leicht zu erfüllen sind. Vor allem der „Selbstbehalt“ von 22 Euro pro Tag (das sind rund 660 Euro im Monat!) für die Fußfessel roch nach Klassenjustiz in einen Gesetzestext gegossen. Zwei-Klassen-Vollzug Das Gesetz trat mit 1. September in Kraft, und am schnöden Mammon scheitert die Bewilligung der Fußfessel nicht. Der Großteil der GefängnisinsassInnen bleibt jedoch strukturell ausgeschlossen. Dass ausgerechnet die Vereinigung österreichischer Richterinnen und Richter bereits im Vorfeld auf einen drohenden „Zwei-Klassen-Vollzug“ hingewiesen hat, mag verwundern, allerdings wissen ja gerade die RichterInnen am besten, wer mehrheitlich vor ihnen auf der Anklagebank Platz nimmt. „Für im Inland nicht ausreichend integrierte Ausländer sowie sozial nicht so abgesicherte Inländer, die zusammen den überwiegenden Teil der Population der Untersuchungshäftlinge darstellen“, schrieb die RichterInnenvereinigung in ihrer Stellungnahme zum Gesetzesentwurf, „kommt der Hausarrest als Alternative zur Untersuchungshaft überhaupt nicht in Betracht, sodass von einer namhaften Reduktion der Zahl der Untersuchungshäftlinge nicht auszugehen ist.“ Dabei geht es nicht um die 22 Euro am Tag, die bei Normal- und NiedrigverdienerInnen der Staat übernimmt, sondern um die Bedingungen, die erfüllt sein müssen, um in den Hausarrest zu übersiedeln. Die Fußfessel wird laut Gesetz nur dann bewilligt: wenn „der Rechtsbrecher im Inland (a) über eine geeignete Unterkunft verfügt, (b) einer geeigneten Beschäftigung nachgeht, (c) Einkommen bezieht, mit dem er seinen Lebensunterhalt bestreiten kann, (d) Kranken- und Unfallversicherungsschutz genießt.“ (§156c, Abs. 2) Dasselbe gilt für verurteilte Häftlinge. Die Strafhaft kann dann in Hausarrest umgewandelt werden, wenn ihre Höhe unter einem Jahr liegt oder wenn die noch zu verbüßende Reststrafe weniger als ein Jahr beträgt. Dass nun die ersten Anträge von Promi-Häftlingen wie der des ehemaligen BAWAG-Generaldirektors Helmut Elsner abgelehnt wurden, weil die Gründe für die klassische U-Haft (z.B. Fluchtgefahr) überwiegen, scheint logisch zu sein. Umso mehr verwundert das Geheul zahlreicher PolitikerInnen, die das nicht so ganz verstehen. Als das Parlament im Juli die Gesetzesvorlage diskutierte und beschloss, fielen große Worte. Der Justizsprecher der SPÖ, Johannes Jarolim, etwa, sprach von einer großen Errungenschaft und einer epochalen Weiterentwicklung im Strafvollzug. Die elektronische Fußfessel ermögliche den Betroffenen, ihren Arbeitsplatz zu behalten, und vermeide eine soziale Entwurzelung. Auch für die anderen Parteien stand der Resozialisierungsgedanke im Vordergrund. Dieselben Abgeordneten meldeten sich nun nach der Ablehnung der Fußfessel für Elsner zu Wort. Es sei schleierhaft, warum gerade der alte herzkranke Elsner nicht in den Hausarrest wandern dürfe. Hätten die Abgeordneten das Gesetz gelesen, bevor sie es verabschiedet haben, wüssten sie, dass von Krankheiten oder fortgeschrittenem Alter als Anwendungsgründe darin keine Rede ist. Mehr als nur gute Führung Die Gefängnisse sind aktuell zu 97 Prozent ausgelastet. Von mageren 100 Anträgen auf die Fußfessel in den ersten drei Wochen – und da stellt sich schon einmal die Frage, wer welche Häftlinge informiert – wurden bisher zwei bewilligt. Die Bewährungshilfe „Neustart“ prüft bei jedem Antrag die sozialen Verhältnisse, danach entscheidet für Strafgefangene der/die GefängnisdirektorIn und für U-Häftlinge der/die HaftrichterIn. Der Hausarrest unterliegt dann nicht nur einer technischen, sondern auch einer harten sozialen Kontrolle. Im Gegensatz etwa zu „guter Führung“ im Gefängnis, d.h. der Anpassung an die Regeln der Institution, sind es im Hausarrest die persönlichen sozialen Gewohnheiten der Häftlinge, die auf dem Prüfstand stehen. In keiner Weise darf das Verhalten der Häftlinge darauf hindeuten, dass sie ein „unangepasstes“ oder gar delinquentes Leben fortzusetzen gedenken. „Die elektronische Überwachung hat unzweifelhaft mit sozialer Kontrolle zu tun“, schreibt Markus Mayer vom Max-Planck-Institut, der einen Modellversuch in Frankfurt im Jahr 2000 wissenschaftlich begleitet hat. „Ihrer Konzeption nach reagiert sie auf abweichendes Verhalten und will gleichzeitig solches für die Zukunft verhindern … Wenn man zudem beistimmt, dass die Formen der sozialen Kontrolle … von der Art der Vergesellschaftung abhängen, drängt sich die Frage auf, inwiefern die elektronische Überwachung Ausdruck einer gesellschaftlichen Entwicklung ist.“ online seit 04.12.2010 01:25:55 (Printausgabe 51) autorIn und feedback : Sylvia Köchl Links zum Artikel:
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