menueleiste1
home archiv suche messageboard abo hier gibts malmoe feedback alltag verdienen regieren widersprechen funktionieren tanzen erlebnispark
  Happy Birthday W23

Die De-Gentrifizierung im Ersten unterstützen

Die w23, einer der wenigen selbstverwalteten Räume der radikalen Linken in Wien, wird zehn. MALMOE gratuliert!

Im Oktober 2006 öffnete im Wiener ersten Bezirk ein Projekt seine Pforten, das ein wesentlicher Ort der politischen Auseinandersetzung innerhalb der Linken, aber auch darüber hinaus werden sollte. Schon ein Jahr davor und nachdem die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) 2004 das autonome Ernst-Kirchweger-Haus (EKH) an Christian Machowetz, ein ehemaliges Mitglied der rechtsextremen Aktion Neue Rechte (ANR), verkauft hatte, hatten die Rosa Antifa Wien (RAW), das que[e]r, die Bibliothek von unten und das Archiv der sozialen Bewegungen beschlossen, aus dem EKH auszuziehen und sich gemeinsam auf die Suche nach neuen Räumlichkeiten zu machen.

Entstanden ist die w23, benannt nach der Adresse „Wipplingerstraße 23“, die heuer ihr zehn-jähriges Bestehen feiert. Die w23 bietet diversen Projekten Raum – aktuell sind es neben den schon genannten Gründungsprojekten auch das Antifa-Café und das Precarity Office.

Anlass genug für MALMOE, Aktivist_innen der Gründungsprojekte zu treffen und über die w23, Geschichte und Notwendigkeit linksradikaler Räume, gelebte antisexistische Praxis und die Fallstricke von Kontinuitäten – insbesondere was den Duft in Hauseingängen betrifft – zu sprechen.

Ein selbstverwalteter, linker Ort in 1010 Wien: Wie kam es, dass ihr vier Projekte hier gemeinsam in der Wipplingerstraße gelandet seid?

O: Wir, also das que[e]r, Bibliothek, Archiv und RAW, haben ja schon im EKH gemeinsam Räume bespielt. Wir haben uns also schon ganz gut gekannt und wussten, dass es miteinander funktionieren kann. 2004 ist das EKH verkauft worden und die Situation ist vor allem für die Bibliothek und das Archiv sehr prekär geworden, weil sich die ganzen Bücher und Archivmaterialien bei einer Räumung nicht schnell wegbringen lassen und damit unwiederbringlich verloren wären. Außerdem ist eine Zentralisierung von so vielen Projekten in einem Raum ziemlich problematisch, weil sie dadurch viel leichter angreifbar durch Repression sind. Somit haben wir beschlossen, uns einen neuen Raum zu suchen.
Das hat uns die Möglichkeit gegeben, unsere Kritik an den bisherigen Räumen in unsere Ansprüche an ein neues Projekt umzuformulieren. Wir haben uns erst einmal ein ziemlich unrealistisches Bild der Räume gezeichnet, die wir gerne haben wollten. Riesig sollten sie sein, barrierefrei, mit zwei Eingängen! Wir haben intensiv gesucht, Besichtigungen gemacht, Anzeigen geschrieben. Ohne Erfolg. Nach einem Jahr waren wir ziemlich verzweifelt. Und dann war in einer Tageszeitung ein Inserat für einen Raum im Ersten. Da hat alles gepasst, aber wir haben uns gefragt: Im Ersten? Und haben dann angerufen und nachgefragt – ob der Preis vielleicht doch der Quadratmeterpreis und nicht die Gesamtmiete ist.

Mo: Die Räume waren schon viel kleiner als geplant, aber sie waren immerhin heizbar.

T: Und sofort bespielbar!

Mo: Er musste nicht grundlegend saniert werden! Nach den vielen Kellerlokalen, die wir angeschaut haben, wo klar war, dass das noch mindestens ein halbes Jahr dauern – und dementsprechend Geld kosten – wird, bis wir aufmachen können, war hier klar, wir können einfach einziehen. Sogar einen Geschirrspüler gab es.

A: Und außerdem: Den ersten Bezirk erobern, das ist ja auch ein Auftrag.

Der Name w23, wie ist der dann entstanden?

Mo: Das war unsere unglaubliche Kreativität!

O: Und Pragmatismus. Es war schon auch die Idee dahinter, dass der Raum selbst keine große Identität aufbauen soll – sondern die jeweiligen Gruppen und Projekte, die ihn bespielen. w23, das ist einfach die Adresse.

A: Interessanterweise hat der Ort hier eine lange linke Tradition. Früher war hier die Brücke-Druckerei, eine linke Druckerei, in der jahrzehntelang die AKIN gedruckt wurde. Ich bin mit 14, 15 hier gesessen und habe die AKIN zusammengelegt.

T: Danach hat der Mandelbaum Verlag, der über uns ist, hier „Kultur unter der Brücke“ gemacht. Und dann kamen wir. Im März 2006 sind wir eingezogen. Der Umzug der Bibliothek war wahrscheinlich der größte Aufwand: Die Regale wurden gebaut, maßgeschneidert, und die Bücher mussten aus dem Exil geholt werden. Wirklich mit Programm gestartet hat die w23 im Oktober 2006.

Der Abschied aus dem EKH. War das eigentlich mit Konflikten und Kritik verbunden?

O: Das war sehr unterschiedlich. Je nach Gruppe. Wir fanden es wichtig und spannend, ein neues Projekt mit aufzubauen, auch wegen der schon genannten Zentralisierung. Ansonsten waren wir ja weiterhin politisch stark eingebunden in die Soli-Arbeit für das EKH.

A: Als Bibliothek waren wir im EKH schon länger unzufrieden. Die Barrieren waren sehr hoch hierherzukommen – zuerst musste man mal ins EKH reingehen, für viele ein Sprung über den eigenen Schatten, wenn das Zielpublikum über die Szene hinausgehen sollte. Dann musste man einen Stock hinaufgehen, ohne Licht, um dann vor einer Stahltüre mit kaputter Klingel zu stehen. Das ist kein optimaler Zustand für eine öffentliche Bibliothek.
Auch gab es im EKH für den dritten und ich glaube auch den vierten Stock Mietverträge, wir im zweiten Stock hatten nur Prekariate. Ich hatte den Eindruck, dass der Situation jener Leute, die von heute auf morgen auf die Straße gesetzt werden könnten, zu wenig Raum gegeben wurde. Und wir hatten damals 10.000 Bücher! Bei einer Räumung wäre das eine Katastrophe gewesen. Es wurde erwartet, dass alle mit der Räumungsthematik leben können, ohne Blick auf die speziellen Situationen, in denen sich einzelne Projekte und Menschen befanden. Da gab es viel Wut auf beiden Seiten.

Und das Archiv?

T: Das Archiv war an den Infoladen im Erdgeschoss gekoppelt. Durch die Abgaben von alten Materialien von Leuten aus der Szene und auch Zukäufe hat es sich dann ergeben, dass das Archiv später auch bei der Bibliothek im zweiten Stock war.
Mit der Zugänglichkeit hatten wir nicht so große Probleme – die war über den Infoladen gewährleistet. Für mich war einfach klar, wenn es eng wird, dann muss das ganze Archivmaterial hier raus aus dem EKH. Denn wenn hier wer unser Archiv zusammentritt, dann sind das wir. Und sicher keine Bullen und schon gar kein Machowetz und seine Hawara. Und deshalb haben wir nach dem Verkauf erst einmal das Material herausgebracht und gesichert.

O: Vielleicht erwähnenswert, dass das que[e]r am Anfang wirklich Probleme innerhalb der Linken hatte. Das Konzept des que[e]r war zwar ganz klar linksradikal, aber eben auch dezidiert antisexistisch. Das hat einfach mit manchen Szene-Gewohnheiten gebrochen.
Als que[e]r wollten wir möglichst verschiedene Leute ins EKH bringen – auch als Schutz! Damit wenn was ist, Repression oder gar Räumung, auch noch andere Leute sich mit den Räumen verbunden fühlen als eben nur die üblichen Verdächtigen. Und das hat auch manchmal geklappt. Zum Beispiel bei der Veranstaltung mit Ingrid Strobl in der großen Halle waren 500 Leute da. Da sind bürgerliche Leute ins EKH gekommen, das war schon irgendwie cool.
Als die Situation prekärer wurde und die Security-Hooligans vom neuen Hausbesitzer kamen, hat das EKH immer mehr dicht gemacht. Völlig verständlich und nachvollziehbar, sich vor Repression und den Faschos zu schützen, aber in dieser Situation war es dann ziemlich unmöglich, den offenen Charakter des que[e]rs zu erhalten.

T: Im EKH ist allgemein immer wieder sehr viel kulturell gelaufen. Zum Beispiel hat das Volxtheater Favoriten auch versucht, breit kulturell und politisch zu agieren. Durch Menschen, die aus- und einziehen, und neue Projekte, hat sich das in Wellen immer wieder geändert: Mal war alles offener, dann ging es wieder darum, das eine Eck im Eck der Szene zu bespielen.

A: Das EKH ist und war ja auch nie eine homogene Angelegenheit, sondern immer ein Ort, wo verschiedene Vorstellungen versammelt waren.

O: Und das EKH war eine Zeit lang eines der wenigen selbstverwalteten Projekte mit Veranstaltungs-Räumen – und an dem haben sich alle abgearbeitet.

Ihr sagt, dass ihr eure Ansprüche auch aus dem abgeleitet habt, was ihr an anderen Räumen kritisiert habt. Was waren das für Ansprüche? Nach 10 Jahren steht ja auch die selbstkritische Frage im Raum, was hat funktioniert, was weniger ...

O: Wir haben es zum Beispiel einfach nicht geschafft, mit den uns zur Verfügung stehenden finanziellen Ressourcen einen Rollstuhl zugänglichen Raum zu schaffen. Auch sonst bestehen viele Barrieren, die wir nicht aus der Welt schaffen konnten.

Mo: Generell ist es uns wichtig, die Zugänglichkeiten der Räume auf vielen Ebenen zu verbessern und Barrieren abzubauen.

O: In vielen linken Räumen und Zusammenhängen wirst du komisch angeschaut, wenn du nicht den typischen Dresscodes entsprichst. Das ist zwar inzwischen ein bisschen besser geworden, stellt aber nach wie vor eine Hürde dar. Auch in der w23.

A: Man muss aber leider sagen, dass die w23 klassenmäßig sehr homogen und sehr weiß ist. Im EKH haben uns mehr Menschen nach englischsprachigen Büchern gefragt. Dafür trauen sich weiße Nicht-Szene-Leute sicher eher in die w23, weil es im Aufgang weniger stinkt.

O: Also ehrlich: Der Geruch im Eingangsbereich hat sich leider nur marginal verbessert.

Mo: Den haben wir traditionellerweise behalten.

O: Wir unterstützen eben die De-Gentrifizierung im Ersten!

Mo: Wir wollten auch kein Party- und Konzertraum sein. Klar wird hier auch gefeiert – aber nicht ständig mit dem Bass am Anschlag.

A: Es herrscht an so vielen Orten Konsumzwang. Deswegen ist es uns wichtig, dass sich die w23 nicht über Konsum und vor allem Alkoholkonsum definiert.

O: Das spiegelt sich auch in der Finanzierung wider: Wir finanzieren uns über die fixen Spenden von Unterstützer_innen. Die w23 ist ein Raum, der versucht, Auseinandersetzung zu schaffen; und da ist ein exzessiver, geradezu zwanghafter Alkoholkonsum nicht unbedingt zuträglich.

As: Es gibt keinen Eintritt. Manchmal gibt es eine Spendenkasse. Kohle stellt jedenfalls keine Zugangshürde für die w23 dar.

A: Und Anti-Alkoholika wie Tee und Wasser stehen für alle immer zur Verfügung. Wir haben bei anderen Projekten einfach gesehen, dass du bald eine Saufhütte hast, wenn Alkohol im Vordergrund steht. Das ist ja schön und gut und darf’s auch geben, aber für die w23 wollten wir das eben nicht.

O: Wichtig war uns auch das Licht- und Raumkonzept, damit es nicht so dunkel ist. In vielen Locations besonders schwierig, weil gerade der Weg zu den Klos dunkel und eng ist. Das ist für viele Frauen* unangenehm und stressig.
Und weil wir den Raum hier neu gegründet haben, konnten wir auch von Anfang an versuchen ihn als antisexistisch zu definieren.

A: Wir versuchen, soweit das möglich ist, die w23 als „safer space“ zu gestalten. Rassistisches, sexistisches und LGBTIQ-feindliches Auftreten wollen wir in der w23 einfach nicht dulden.

R: Das ist auch in den Einladungspolitiken erkennbar: wie Texte formuliert sind, welche Themen überhaupt aufgegriffen werden. Es gibt immer wieder (queer)feministische, anti-sexistische Veranstaltungen, da ist einfach klar, wie sich der Raum positioniert.

Anti-Sexismus ist sicher einer der sichtbarsten Ansprüche dieses Raumes. Diesbezügliche Probleme sind aber wahrscheinlich trotzdem kaum auszuschließen. Welche Strategien habt ihr, um auf Sexismus zu reagieren?

R: Natürlich kommt es vor, dass Leute sexistische oder anti-feministische Aussagen bei Veranstaltungen machen. Dann redet man zum Beispiel mit ihnen oder redet dagegen, dafür gibt es die Moderation und die guten Argumente. Das ist ja auch Ziel der Veranstaltungen, dass im Idealfall Leute umzudenken beginnen.

A: Es wurden schon Leute rausgeschmissen, die richtig blöd waren.

O: Das Wichtigste für uns ist, dass die Leute möglichst stressfrei in den Räumen sein können. Wenn klar ist, dass sich jemand übergriffig verhält, bitten wir diesen klar und bestimmt vor die Tür.

A: Der Raum hier ist generell, auch was uns Aktivist_innen betrifft, sehr frauen*dominiert – das macht sicher auch einen Unterschied und ist ein Grund, warum Sexismus kaum vorkommt.

As: Wir versuchen zu vermitteln, dass wir bei Fragen und Problemen angesprochen werden können und uns verantwortlich fühlen, um gemeinsam Lösungen zu finden.

O: Aufpassen muss man trotzdem und immer achtsam bleiben. Gerade was den antifeministischen Backlash auch in der Szene betrifft. Das que[e]r zum Beispiel greift solche Diskurse und Problematiken, auch szeneinterne, auf. Nicht als moralischen Fingerzeig, sondern als Diskussionsraum – „Reden wir drüber!“ Das que[e]r ist ein Raum der Diskussion und Auseinandersetzung.

As: Dem Anspruch wird man nicht immer gerecht, aber es geht auch darum, das vermeintlich „Normale“ der Szene zu hinterfragen und auch anders zu machen – linkes Demo-Mackertum zum Beispiel. Das muss gebrochen werden.

Wer kommt eigentlich ins w23? Wer ist euer Publikum?

R: Das ist wirklich sehr veranstaltungsspezifisch. Einmal ist auch ein ganzes Theologie-Seminar hier aufgetaucht. Das hängt auch von den Gruppen ab, die man einlädt. Und dann gibt es das Stammpublikum, das regelmäßig da ist.

A: Die, die in die Bibliothek kommen, sind sehr vielfältig. Es kommen schon immer wieder Leute vorbei, Frauen aus dem ersten Bezirk oder Hietzing – weil sie im Katalog ein Buch suchen, und sie finden es nur bei uns. Unsere Bücher sind ganz normal über den Katalog der öffentlichen Büchereien zu finden. Und dann kommen sie eben an den Standort „Bibliothek von unten“. Und sind anfangs nicht selten schockiert.
Aber generell haben wir das Problem, dass das Konzept „Ich gehe wohin und borge mir ein Buch aus“ vom Aussterben bedroht ist. Wir haben geringe Entlehnungszahlen. Das ist schade, weil unser Bestand echt super ist.

As: Und es kommen Leute, die Wien nicht kennen und Zugang zur politischen Szene suchen; oder politische Tourist_innen.

R: Ich höre auch von Leuten, jüngeren, dass sie die w23 gar nicht kennen. Seit einem Jahr ist auch das Antifa-Café der AFA hier bei uns, und mit ihnen kommt auch ein jüngeres Publikum. Es ist spannend, dass sich hier neue Räume erschließen durch neue Projekte.

Und wer kommt ins Archiv?

T: Das sind oft Student_innen, die etwas bearbeiten und recherchieren, letztens recherchierte wer zu Kriegsdienstverweigerung beispielsweise. Manchmal sind auch Stücke in Ausstellungen zu sehen – in der Besetzt-Ausstellung im Wien Museum oder aktuell in der 70er Jahre-Ausstellung in der Schallaburg. Oder eben szeneintern: Das Buch von Robert Foltin „Und wir bewegen uns doch“ (2004) über soziale Bewegungen in Österreich ist hier recherchiert worden.
Wir sammeln aktuelle Materialien ein und wir recherchieren im Netz, wo Sachen angeboten werden, auch von befreundeten Archiven. Und Flugblätter haben wir viele … mit den Sozialen Medien hat sich das aber teilweise erledigt. Es gibt schon noch welche zur Mobilisierung, aber sehr wenige im Vergleich zu den 1990ern.

O: Gerade im Antifa-Bereich ist das Archiv super – besonders in Österreich, wo es immer um Kontinuitäten geht. Zum Beispiel die angebliche „Neue Rechte“ – da schaust du nach, und die haben vor 20 Jahren den gleichen Scheiß geschrieben und hießen auch vor 40 Jahren schon „Neu“. Das kannst du in den eigenen Antifa-Zeitungen nachlesen und du musst nicht ständig das Rad neu erfinden.

Wie organisiert ihr die Zusammenarbeit zwischen den Projekten in der w23?

A: Einmal im Monat gibt es ein Treffen, wo alle regelmäßigen Projekte auch kommen sollen; hier werden grundsätzliche und alle betreffende Entscheidungen getroffen, Probleme besprochen usw. Es ist wichtig, dass hier alle fixen Projekte auch kommen. Aber die gemeinsame Struktur ist lose und es werden da viele organisatorische Sachen besprochen.

As: Die großen linken Konfliktthemen werden da zum Beispiel nicht verhandelt.

O: Es gilt der freundliche Konsens. Wenn etwas gar nicht geht, gäbe es die Möglichkeit eines Vetos, aber das will eigentlich niemand. Und das kommt auch nie vor.

Mo: Wir sind autonome Gruppen und müssen nicht ständig eine gemeinsame Linie finden.

O: Undogmatische Linke eben, die bis zu einem gewissen Grad Differenzen schon aushalten kann.
Auffällig bei euch ist auch die unglaubliche Kontinuität – hinsichtlich Projekten und Menschen. Ihr seid fast alle schon seit 2006 dabei.

As: Da gibt es aber auch eine negative Seite, wenn man sich schon so gut kennt: Man muss den Raum immer wieder aktiv aufmachen und die eigene Haltung hinterfragen, liebgewonnene Vertrautheiten hintanstellen und Selbstverständliches transparent machen, damit neue Leute sich auch einbringen können.

Diese Frage stellt sich ja bei vielen Projekten. Was tut ihr, um diese Wissenshierarchien, die zwangsläufig entstehen, aber Leuten den Einstieg in Projekte oft verunmöglichen, aufzubrechen?

X: To-do-Listen und Anleitungen sind so ein Ansatz, um gleich allen zu sagen, was überhaupt zu tun ist, und alle dazu ermächtigt, mitzumachen. Es ist einfach wichtig, dass alle sorgsam mit der Infrastruktur umgehen, nicht nur an die eigenen Veranstaltungen denken und auch kein Kabel-Chaos hinterlassen, mit dem die nächsten dann nicht klarkommen.

O: Was auch hilft ist, genauso wie jetzt, diese, unsere Geschichte zu erzählen, wie das Ganze entstanden ist und wie es läuft, was wir uns überlegt haben. Viele Geschichten müssen immer wieder erzählt werden, um sie transparent zu machen und Wissenshierarchien abzubauen – dass alle über alles Bescheid wissen.
Wir beziehen keine (öffentlichen) Förderungen, wie vielleicht andere linke Projekte. Die können uns aber auch nicht gestrichen werden, wenn wir unbequem sind. Das ist eine Unabhängigkeit, die uns wichtig ist.
Selbstverwaltete Räume, wie es die w23 ist, gibt es heute selten, und ich bemerke schon, dass viele mit dem Konzept nicht mehr vertraut sind und kein Verständnis dafür haben. Die Leute wissen teilweise einfach nicht, wie das funktioniert und dass wir hier alles kollektiv und solidarisch machen und gestalten. Viele Sachen, die wir machen, sieht man ja nur, wenn es nicht funktioniert – die Technik, oder es ist nicht aufgeräumt. Da fehlt es sicher an Vermittlungsarbeit und Kommunikation und das führt auch zu fehlendem Respekt und einer gewissen Konsumhaltung – dass ein Raum wie die w23 halt eben da ist und ich kann ihn nutzen, wenn ich ihn brauche, muss aber nichts dafür tun.

R: Ich putze nach den Veranstaltungen zum Beispiel immer auch gerne, wenn noch Leute da sind. Damit diese Arbeit auch sichtbar ist.

As: Ja, Reproduktionsarbeit sichtbar machen, das ist wichtig!

Die politischen Verhältnisse werden aktuell nicht besser, was kann ein Ort wie die w23 hier entgegensetzen?

R: Ich habe bei der letzten Veranstaltung vor der Sommerpause lauter apokalyptische Gespräche geführt – dass der Faschismus kommt usw. Was auch stimmt. Aber wir haben uns gesagt, was wir brauchen, ist auch „self care“ um nicht zu verzweifeln oder sich zurückzuziehen ins Private, die Arbeit oder den Hedonismus pur. Das machen leider viele. Aber Räume wie die w23 müssen auch da sein, um Sorgen zu teilen und zu kollektivieren.

O: Und um Strategien zu entwickeln, um dem was entgegenzusetzen! Das passiert hier in der w23 ganz konkret. Wie Infrastruktur aufgebaut werden kann, Gruppen und Themen gestärkt werden können. Raum ist so viel wert – er ist heiß umkämpft und es gibt viel zu wenige Freiräume! Schaut euch an, wie viele Leute bei uns immer anfragen und Raum brauchen. Hier werden Aktionen und Kampagnen geplant, um gesellschaftlichen Diskursen entgegenzuwirken. Und: Ohne que[e]r und viele andere Projekte wären feministische Forderungen innerhalb einer radikalen Linken in Wien nie so selbstverständlich wie sie sind.




w23
Linker, selbstverwalteter Raum in 1010 Wien, Wipplingerstraße 23, 2006 gegründet
www.wipplinger23.org
Twitter wipplinger23
Kontakt w23riseup.net


Die aktuellen, fixen Projekte in der w23:
Antifa-Café
Vorträge, Mobi- und Diskussionsveranstaltungen
Antifa-Cafe


Archiv der Sozialen Bewegungen (das Archiv)
Sammlung linker (Gegen)Öffentlichkeit, 1994 gegründet
www.­bibliothek-vonunten.org/archiv.htm


Bibliothek von unten (die Bibliothek)
Read – resist – rebel – revolt
www.bibliothek-vonunten.org


Das que[e]r
Politischer Diskussionsraum mit wöchentlichem Programm
queer.raw.at


Precarity Office
Selbstorganisation, Austausch und Beratung rund um die Themen Arbeit und Migration
precarityoffice.wordpress.com/


Rosa Antifa Wien (RAW)
queer-feministisch, antifaschistisch und ein bisschen Glitzer … verschiedene Unterdrückungsmechanismen gemeinsam bekämpfen
www.raw.at





Veranstaltungsreihe im Oktober 2016
Die w23 – Wir sind 10 \o/


# Sonntag 9.10.2016 14:00
Let’s encrypt!
FLIT* Crypto Wohnzimmer

E-Mails verschlüsseln? Gerne, aber wie? Signal, RedPhone? Was ist denn das?! Was kann ich tun, um meine Daten auf meinem Smartphone oder Notebook besser zu schützen? Wir wollen uns gemeinsam anschauen, welche Möglichkeiten/Software/Apps es gibt und wie sie am besten einsetzbar sind.

Workshop FLIT* only!
hosted by Rosa Antifa Wien


# Dienstag 11.10.2016 18:00
Geschenkt wurde uns nichts
Annita Malavasi war 22 Jahre alt, als deutsche Truppen 1943 das bis dato verbündete Italien besetzten. Als Partisanin „Laila“ überbrachte sie Informationen, transportierte Waffen, bewegte sich mit und zwischen den kämpfenden Einheiten und nahm selbst an Gefechten teil.

Filmabend
hosted by Rosa Antifa Wien


# Mittwoch 12.10.2016 19:00
Älter werden und einsteigen in die „Szene“
Die radikale Linke gilt als Jugendbewegung. Herrschaftskritik würde demnach spätestens dann enden, wenn Lohnarbeit beginnt. Wie verhält es sich nun mit dem Älterwerden in linksradikalen Zusammenhängen? Wie leicht oder schwer wird es „Neuen“ gemacht, Zugang zur „Szene“ zu finden? Ein offener Abend jenseits identifikatorischer Nabelschau.

hosted by das que[e]r und die bibliothek von unten together with MALMOE


# Donnerstag 13.10.2016 19:00
Geschichte in Bewegung
Soziale Proteste und geschichtspolitische Transformationen rund um Nationalfeiertag, Leistungsschau und Heldenplatz.
Vortrag & Diskussion von/mit Johannes Kramer und Peter Pirker

hosted by das Archiv der
sozialen Bewegungen Wien


# Samstag 15.10.2016 ab 20:00
Deka//dance – 10 Jahre w23 Party
10 Jahre unzählige Diskussionen im que[e]r, Schmökern in der Bibliothek von unten, Stöbern im Archiv der sozialen Bewegungen und soooo vieles mehr.

Grund genug zum Feiern!

# Mehr Infos unter
wipplinger23.org


online seit 10.10.2016 15:37:40 (Printausgabe 76)
autorIn und feedback : Interview & Text: star




Es geht nicht nur um Pandas

Jedes Jahr sterben tausende Arten aus. Wieso muss man as verhindern und welche Arten wollen wir überhaupt schützen?
Ein Erklärungsversuch
[03.10.2018,Katharina Kropshofer]


Insektensterben und Klassenkampf

Warum der Kapitalismus nicht mit Artenvielfalt vereinbar ist und was das für die Aufklärung bedeutet
[03.10.2018,Felix Riedel]


Luftige Migration

Oder wie es dem Menschen bald gelingen wird, auch den Zugvögeln Grenzen zu setzen
[03.10.2018,Urs Heinz Aerni]


die nächsten 3 Einträge ...
 
menueleiste2
impressum kontakt about malmoe newsletter links mediadaten