![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
|||
![]() |
||||||
![]() |
Zehn Jahre Fettkakao Records Do it together – ein Label als Ordnungssystem Zehn Jahre Fettkakao Records - das bedeutet eine beachtliche Menge an Veröffentlichungen: Musik diversester Stile und Formate (20 × 7“ Singles, 2 × 10“ EPs, 11 × CDs & 8 × LPs), selbstfabrizierte Label- und Band-Taschen, T-Shirts und Polsterbezüge (!), ein monatliches Fanzine und unzählige Veranstaltungen. MALMOE gratuliert Betreiber Andi Dvořák zum Jubiläum und befragte ihn zu einer Dekade Musik- und Labelarbeit. MALMOE: Gehen wir mal zurück zum Start – was war 2005 deine Motivation das Label zu starten? Andi Dvořák: Ich komm ja aus Punk-/Hardcore-Zusammenhängen, wo mir aber rund um diese Zeit die Konzerte nur mehr wie ein elitäres Versteckspiel in einer eigenen abgeschlossenen Welt vorkamen. Irgendwann ließen die dort herrschenden, relativ (str)engen Stil-Regeln, z.B. hässliches Artwork und unverständliches Macho-Gegröhle, durch ständige Wiederholung kaum mehr Platz für anderes. Da gleichzeitig einige meiner Freund_innen Musik machten, die ich gut fand und die eben außerhalb dieser Koordinaten stattfand, beschloss ich diese rauszubringen und so zu teilen. Wie ist denn heute Deine Meinung zu den alten Tanten Punk Rock und DIY? Punk war einfach eine der größten Bereicherungen in meinem Leben und heißt für mich – noch immer – in der Essenz folgendes: wenn du etwas machen willst, dann machst du das und zwar so wie du und nicht jemand anderes es für richtig hält. Rückblickend kann ich sagen, dass Musik vor meinen ersten Punk-Konzerten für mich käufliche Identität (MTV, Platten, Verknüpfungen mit Werbung etc.) bedeutete. Dadurch, dass dann plötzlich auf den Bühnen (wenn es jene denn gab), Freund_innen Musik machten und neben mir Menschen standen, die Fanzines (oder auch Platten) veröffentlichten, Konzerte organisierten, kochten, Fotos schossen oder sich sonstwie aktiv beteiligten, wurde diese Musik für mich spannend und lebendig. Und ohne die, grad eben beschriebenen, ästhetischen Einschränkungen nutze ich diese Energie noch immer für Fettkakao! DIY ist als „ja, auch du kannst das“ noch immer emanzipierend wichtig, wortwörtlich genommen aber im Fettkakao-Zusammenhang ein sogar missverständlicher Begriff. „Es selbst zu machen“ ist nicht die Prämisse, sondern im Gegenteil: es geht darum, zusammen mit den Künstler_innen, die ich gut finde, Ideen zu realisieren. Das spannende daran ist, wie diese gemeinsame Arbeit, dieser Austausch zu ästhetischen Entscheidungen führt und dabei auch verschiedene Prozesse und Verhältnisse de-mystifizieren hilft – z.B. braucht’s plötzlich kein singuläres Universalgenie mehr und auch „Fehler“ können gemacht und dann einfacher produktiv gemacht werden. Würdest Du Dich eigentlich „Kurator_in“ Deines Labels nennen? Das habe ich in der Tat lange so gesehen und versucht zu vermitteln – ich stelle Künstler_innen nicht nur vor, sondern versuche auch, ihre Arbeit zu kontextualisieren. Musik offen zugänglich zu machen, ist wichtig, aber sie bedeutet wenig(er), wenn die Entstehungszusammenhänge nicht ersichtlich sind. Deshalb ist es mir wichtig, mit Leuten zusammenzuarbeiten, mit denen ich mich in einer gewissen „Stimmungsgemeinschaft“ befinde. Ich mag Platten veröffentlichen und mit Menschen zusammenarbeiten, die mich euphorisieren. Dabei hänge ich auch sehr an einem Community-Begriff, der sich nicht unbedingt über Regionalität, sondern eher über Ideen und Einstellungen darstellt, dafür waren z.B. die Labels Dischord oder K Records schöne Vorbilder. Oder auch so was wie Andy Warhols Factory … nur vielleicht ohne Andy halt! Was hat Dich in den zehn Jahren am „Musikbusiness“ am meisten verwundert? Als Musiker_in, vor allem in Wien, begegnest du unglaublich komischen Menschen, wenn du auf Bühnen spielen willst. Manchmal glaubst du echt, dass mensch Technikern (ja, Männern noch immer zu allermeist) gefallen muss, damit der Umgang und Sound stimmt. Verwunderlich ist dabei, wie zäh-langsam sich da was zum Besseren verändert – wenn überhaupt. Zum „Business“: Ich finde den Begriff „Profession“ in Zusammenhang mit Musik oft unangenehm. Es ist ein Missverständnis zu glauben, dass eine Band oder ein Label Geld abwerfen soll. Egal ob darüber geredet wird, wie irgendwer die Schlagzeug-Sticks hält, Konzerte organisiert oder ob Geld aus einer Veröffentlichung „gezogen“ werden kann – dabei geht oft das wichtigste verloren: Gefühl und Inhalte, die Künstler_innen versuchen zu vermitteln. Es ist gut, wenn wer sein oder ihr Handwerk versteht und ebenso sind ökonomische Fragen für jede Einzelne enorm wichtig. Ich bin für ein bedingungsloses Grundeinkommen! Findest du den Begriff „politisches Label“ sinnvoll? Meinem Verständnis nach ist es nicht möglich, unpoltisch zu handeln: selbst wenn mensch sich der Verantwortung gegenüber gesellschaftlichen Zusammenhängen nicht bewusst ist oder nicht sein will – wir leben und agieren in einer kapitalistischen und (dadurch) ungerechten Welt; wie inhuman Europa mit schutzsuchenden Menschen umgeht ist dafür momentan das schlimmste Beispiel. Zumindest beginnen zu können, aus dem eigenen Handeln Konsequenzen zu ziehen und etwas zu verändern – das würde ich als „politisch“ bezeichnen. Und die Kohle? Wie schaut die finanzielle Seite aus? Ohne Erspartes, punktuelle Kulturförderung und natürlich sehr viel von der unguten, alten unbezahlten Arbeit ist so ein Label nicht zu betreiben. Mögliche erzielte Verkaufsgewinne werden je zur Hälfte an die Künstler_innen/Musiker_innen und mich ausbezahlt – den Lebensunterhalt kann aber davon (momentan) niemand bestreiten. Was bedeutet, aufs Label bezogen, Erfolg für Dich? Worauf bist Du besonders stolz? Erfolg ist, wenn die Dinge, die ich teilen will, Anklang finden und es Reaktionen gibt, die alle Beteiligten weiter und im besten Fall zu neuen Fragen (und diese dann zu neuen Antworten) bringen. Außerdem hat das Label mir und den Bands Reisen ermöglicht, die Abenteuer und Entmystifizierung zugleich waren. Stolz bin ich darauf, dass sich über Fettkakao Menschen getroffen haben. Würdest du heute wieder ein Label gründen? Ich weiß es nicht, aber sag mir immer vor – und das hält das Label am laufen – dass ich jederzeit aufhören kann. Fettkakao war und ist ein Experiment. Alles, was ich nicht mehr machen will, mach ich auch nicht mehr. Und außerdem ist das Label für mich auch eine Art Ordnungssystem. Was aber dieses System ausmacht, dass musst du schon selber rausfinden! (kichert) Diesen Aufruf nun wollen wir (nachdem wir Danke für das Interview gesagt haben) gerne an Sie, liebe_r Leser_in, weitergeben: Der Fettkakao-Katalog, die Fettkakao-Homepage und bald das große „Festkakao“ zum 10er warten auf Sie! www.fettkakao.com online seit 16.11.2015 17:03:13 (Printausgabe 72) autorIn und feedback : Rosina Brunner |
![]() |
Passagencollagen #2 Aus der Fassung gebracht [05.10.2018,Tortuga-Kollektiv] DIY-Punk gegen die Spaltung Die Debüt-LP von Lime Crush bringt musikalisch und personell einiges zusammen [03.10.2018,Bianca Kämpf] Eine Stimme für die Stimmlosen Sollte es in einer postpolitischen Phase so etwas wie politische Musik geben, dann war Grime seiner Sache um einige Jahre voraus [03.10.2018,Christoph Benkeser] die nächsten 3 Einträge ... |
![]() |
![]() |
![]() |