![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
|||
![]() |
||||||
![]() |
Punk in Wien Aus der Zerstörung der Leidenschaft entsteht die Leidenschaft der Zerstörung ... Eine Ausstellung in der Pankahyttn. Punk ist eine Lebensanschauung, die eine vollkommene Absage an den Kapitalismus beinhaltet – etwa durch Ablehnung von Lohnarbeit und eine klare Feindschaft gegenüber dem Staat, dem die Autorität aberkannt wird. In unserer Gesellschaft, wo es ohne Geld keine Lebensberechtigung gibt, bedeutet das eine ständige körperliche Erfahrung von Macht, da für alles – schnorren, bei Leuten wohnen, Essen organisieren, Kämpfe ... – der Körper eingebracht werden muss. "Der Körper und sein spezielles Verhalten ist da, wo das abstrakte Machtsystem aufhört und materiell wird. Der Körper ist, wo es gewinnt oder versagt, wo es angenommen oder bekämpft wird. Der Kampf um Kontrolle von oben nach unten gegen unten nach oben wird auf dem materiellen Terrain des Körpers und seinem unmittelbaren Kontext ausgetragen" (nach John Fiske). Die Ausstellung "Punk in Wien" dokumentiert neben Konzerten und Punkbands wie unter anderem Chuzpe, Böslinge, Durchfall und TV Generation hauptsächlich den Kampf um Wohnraum in Form von Besetzungen, um Freiheit wie z.B. für die Legalisierung von Drogen sowie gegen die Ungerechtigkeit der gesellschaftlichen Ordnung, der etwa bei Protesten gegen den Opernball zum Ausdruck kam. Da diese Kämpfe meistens gemeinsam mit anderen Gruppen stattfinden oder stattgefunden haben – die Punks in Wien waren und sind zahlenmäßig meiner Schätzung nach nicht mehr als 100 Leute –, ist die Ausstellung auch eine Geschichte der radikalen Linken und ihrer Orte wie Rotstilzchen, TU Club oder Flex – ursprünglich ein Punkladen im 12. Bezirk. Punk ist die einzige linke Bewegung, die auch Witz und Ironie in ihre Kämpfe und auf ihre Flugblätter gebracht hat – über seine Gegner zu lachen, ihnen die Autorität abzusprechen, ist ein gutes Mittel, und enthält die in der Linken sonst kaum vorhandene Fähigkeit, über sich und andere zu lachen. Prominente Ausstellungsstücke sind daher: der allerabgefuckteste Wohnzimmer-/Fernsehsessel – stand der schon 1981 in der Gassergasse? – oder ausgelatschte Springerstiefel. Auch im Eingangsbereich der Ausstellung kann man sich gleich als "echter" Punk, als Pappfigur mit ausgeschnittenem Gesicht, fotografieren lassen, bevor man/frau sich in die umfangreiche Sammlung an unter anderem Dokumenten, Plakaten und Zeitungsausschnitten vertieft. Ausstellungstechnisch wurden interessante Lösungen in Punkästhetik gefunden und eindrucksvoll ist die wirklich große Fanzinesammlung mit Zines wie "Scheiß Wien" oder mit Nachdrucken von "Hirnfick". Punk ist die einzige zeitgenössische linke Bewegung, die ihren Körper nicht nur zum Widerstand gegen die Macht einsetzt, sondern sich damit auch eine sexuelle Ausstrahlung leistet. Tolle Frisuren, körperbetonte Kleidung bei Frauen und Männern und eine fast laszive Körperhaltung und Art sich zu bewegen kommen sogar auf Fotos und anderem Bildmaterial rüber. Deutlich wird in der Ausstellung auch, dass es hier einen Gegenpol zur bilderfeindlichen Linken in Form von aktiver Bildpolitik gibt: Richtige Gemälde über die Forderung des freien Gebrauchs von Drogen in Form von Textbildern unter anderem über Ätsch (Heroin), psilocybinhaltige Pilze und Crack sowie die Malerei "Keine Gnade für Drogenfahnder" sind spontan und eindringlich. Auch die Bildserie, in der einem Punk/Autonomen zu dem Text des "Vater Unsers" der Schädel eingeschlagen wird, ist sehr einprägsam. Gut auch die Datensammlung auf Computern, wo Musikbeispiele von Wiener Punkbands und Fernsehausschnitte über Demos sowie anderes Filmmaterial abzurufen sind. Da die Geschichte von Punk in Wien auch eine der immer wieder gestellten Machtfrage ist, die persönlichen Mut, Geduld, Schmerz und intensive soziale Prozesse bedeutet hat, ist es auch für eine nachfolgende Generation interessant, sich dieser Erinnerung und dieses Lebens bewusst zu werden. Eine Subkultur hat auch eine Subgeschichte. online seit 22.11.2010 21:41:01 (Printausgabe 51) autorIn und feedback : Linda Bilda Links zum Artikel:
|
![]() |
Passagencollagen #2 Aus der Fassung gebracht [05.10.2018,Tortuga-Kollektiv] DIY-Punk gegen die Spaltung Die Debüt-LP von Lime Crush bringt musikalisch und personell einiges zusammen [03.10.2018,Bianca Kämpf] Eine Stimme für die Stimmlosen Sollte es in einer postpolitischen Phase so etwas wie politische Musik geben, dann war Grime seiner Sache um einige Jahre voraus [03.10.2018,Christoph Benkeser] die nächsten 3 Einträge ... |
![]() |
![]() |
![]() |