Auszüge des Schlussplädoyers vom Verteidiger Matej Zenz von der Verhandlung am 20. Oktober 2022.
Eine Politisierung erfolgte bereits durch das Ermittlungsverfahren und durch den Zirkus hier im Saal. Wenn man sich die Medienberichte nach den ersten beiden Verhandlungstagen angeschaut hat, war zentrales Thema der Sicherheitsaufwand. Da wird aufgefahren, als ob Osama bin Laden auf der Anklagebank sitzen würde: Zwei Sicherheitsschleusen, vermummte WEGA-Beamte, Bombenspürhunde. Wirklich jetzt?
Ich war schon von der Cobra-Hausdurchsuchung bei meinem Mandanten schwer verwundert. Glaubt das LVT (Landesamt Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung) wirklich, dass von den Herren da so eine immense Gefahr ausgeht, dass man Cobra mit Sturmgewehren braucht? Oder soll da vielleicht ein Bedrohungsszenario aufgebaut werden, um die Angeklagten als besonders gefährlich zu verkaufen? […]
Im Zuge eines anderen Verfahrens bin ich erst kürzlich mit einem Kriminalisten zufällig auf das LVT und dieses Verfahren zu sprechen gekommen. Der meinte augenzwinkernd zu mir, dass es beim LVT Kollegen gibt, die sich offensichtlich in was verrannt hätten.
Das muss wohl stimmen. Anders kann ich mir den Aufwand im Verhältnis zu den Vorwürfen nämlich nicht erklären. Anders kann ich mir auch nicht erklären, dass ein Zeuge mal eben beim BVT eine Observation von meinem Mandanten in Auftrag gibt, obwohl gleichzeitig zu wenig Leute da gewesen sind, um sich um Islamisten zu kümmern. Aber gut, das ist Thema für U-Ausschüsse und die WKStA, die da mittlerweile ermittelt.
Ich möchte auch nicht weiter auf das Ermittlungsverfahren eingehen. Für hier und heute konkret bedeutet all das für mich jedoch eines: Nämlich, dass ich die Ermittlungsergebnisse der Behörde nicht für bare Münze nehmen kann. Wo die ermittelnden Beamten Beweise sehen, erkenne ich nur verpixelte Gestalten. […]
Als Anklage liegt hier die Sprengung durch gewaltvolle Verhinderung der Versammlung vor. Ich bezweifle zunächst, dass hier überhaupt ein tauglicher Versuch vorliegt. Beteiligt am Wickel im Resselpark waren ein paar Leute aus den Reihen der Identitären. Die Versammlung hätte auch ohne diese Herrschaften stattfinden können. Sie hat auch stattgefunden.
Viel mehr bezweifle ich aber noch, dass gegenständlich die subjektive Tatseite verwirklicht war. Die Angeklagten hätte nämlich mit dem Vorsatz, die Versammlung der Identitären mit Gewalt zu verhindern, im Resselpark sein müssen. Sie hätten dazu erstmal wissen oder glauben müssen, dass die Identitären dort auftauchen. Wenn man sich aber nun die Aussage eines durchaus glaubwürdigen Zeugen ansieht, so sagte dieser aus, dass im Resselpark eine Kundgebung der Sozialistischen Jugend war und diese dann von den Identitären gestört wurde. Wer hat hier jetzt wen angegriffen? Da sich die Identitären ja bekanntermaßen gerne als Opfer inszenieren und auch provokant unterwegs sind, ist es jedenfalls nicht auszuschließen, dass diese bewusst diesen Ausgang gewählt haben, um den politischen Gegner in eine Auseinandersetzung zu verwickeln. Warum sonst auch sollten sie bewaffnet mit Messer und Pfefferspray unterwegs sein, wenn nicht, um Stress zu suchen? […]
Abschließend möchte ich noch kurz sagen, dass das Bild, das die ermittelnde Behörde von meinen Mandanten zeichnet, tendenziös und unrichtig ist. Durch alle Berichte und das gesamte Ermittlungsverfahren hindurch wird das Bild einer kriminellen Organisation an die Wand gemalt. Einer Organisation namens „Antifa“, die politische Gegner terrorisieren würde und dem Staat und speziell der Polizei den Kampf angesagt hätte. Mit diesem Schreckgespenst lassen sich natürlich aufwendige Ermittlungen legitimieren: die Observation, die Hausdurchsuchung, EUROPOL und Pipapo. Das ist wie damals bei den Tierschützern und dem Prozess in Wiener Neustadt. Die Älteren unter uns werden sich noch erinnern. Ich selbst war damals noch Student. Da gabs auch einen Riesenaufwand und Behauptungen, die dann vor Gericht nicht hielten. Und so ist es auch hier. Natürlich kann die ermittelnde Behörde nicht sagen, dass man nicht die RAF 2.0 gefunden hat, sondern mit immensem Aufwand Leute jagt, die den Identitären einmal ein paar Watschen runtergehauen haben.
Ist aus meiner Sicht nicht okay. Aber mehr als ein paar Abschürfungen waren es dann auch nicht. Wie gesagt, auf jedem Zeltfest geht es schlimmer zu.
Im Gegensatz dazu sind die Leute auf der anderen Seite des politischen Spektrums wirklich eine Gefahr. Die, die sich hier als Opfer aufspielen, haben Verbindungen zu Terroristen. Haben angeblich Mitglieder, die Bomben bauen. Wenn man die Zeitung aufmacht, sieht man, dass es Rechtsextreme sind, die ganze Waffenarsenale anlegen. Da würde ein Angeklagter mit einem Schlagstock, wenn dieser tatsächlich ihm gehören würde, eher schwach ausschauen dagegen.
Deshalb bin ich aber auch froh, dass es noch Leute gibt, die gegen Rechtsextremismus aufstehen und vorgehen.