Die Industrie lässt Produkte alt aussehen und karikiert damit die Vorzüge von Second Hand. Darunter wären etwa ressourcenschonender Konsum, billigere Preise oder auch der Erwerb von sonst nicht mehr erhältlichen Modellen. Ironischerweise produziert die Industrie seit geraumer Zeit Neuwaren, bei denen das „Alt-aussehen“ von vornherein mitkonzipiert ist. Das Bedürfnis nach alten Produkten hat sich verselbstständigt und es werden Waren gekauft, die im Used Look gehalten sind. Das heißt, sie weisen von vornherein zumindest oberflächliche Schäden auf.
Am Beispiel der Jeans sieht man prominent, wie eine ganze Branche diese Logik bedient. Diese Hosen wurden ursprünglich rein als Arbeitskleidung genutzt und sahen nach monatelangem Einsatz entsprechend abgenutzt aus. Nachdem Jeans auch im Privaten getragen wurden, sollte deren „ganze“ Ästhetik übernommen werden. Aus ökologischer Sicht stellt das eine doppelte Belastung dar. Die Kleidungsstücke werden nun um die halbe Welt gekarrt, wo sie mit Sandstrahlern abgeschliffen werden, um einen abgenutzten Anschein zu erhalten. Danach leidet auch noch die Lebensdauer der Produkte unter der von vornherein produzierten Abnutzung beträchtlich.
Bei Möbeln gibt es ebenfalls den Trend, Neuwaren bereits in der Produktion abzuschleifen, um sie so mit sichtbaren Abnutzungserscheinungen verkaufen zu können. Auch bei Musikerinnen und Musikern sind neuwertige Gitarren beliebt, die bewusst mit abgeschliffenem Lack oder angerosteten Metallteilen daherkommen.
Vordergründig scheint der Kauf solcher alt aussehenden Produkte in dieselbe Kerbe zu schlagen wie jener von Gebrauchtwaren. Es ist jedoch leicht zu erkennen, dass diese Parallelen nur auf einer oberflächlichen ästhetischen Ähnlichkeit beruhen. Die Used-Look-Hose wird nicht gekauft, weil sie billig oder besonders robust ist. Das Gegenteil ist der Fall und als Kaufgrund zählt mehr der Anschein, dass die Hose beziehungsweise deren Trägerin oder Träger schon besonders viel erlebt hat. Die abgenutzte Gitarre wird nicht gekauft, weil hier ein besonderes Holz verbaut wurde. Sie wird gekauft, weil sie den Anschein erweckt, schon viel bespielt worden zu sein. Beim Used Look als Spielart von Retro-Schick wird offensichtlich der Schein des Erlebten in Gebrauchsgegenständen materialisiert und tritt noch vor den eigentlichen Nutzen des Gegenstands selbst.