MALMOE

Fragen an den Verkehrspolizisten

Polizist: Wissens’ warum ich Sie anhalte?

Äh, nein.

Er weist auf eine parallelgeführte Fußgänger- und Normalverkehrsampel.

Da sind Sie bei Rot rübergefahren.

Ja, aber die Fußgänger hatten grün.

Sie müssen sich auf der Radspur aber an dem Autoverkehr orientieren.

Okay…

Das macht € 70 pro Ampel (Es waren zwei hintereinander geschaltet) und wenn ich mir ihr Fahrrad anschaue, dann wären das für die fehlenden Pedalreflektoren noch einmal € 60, das macht zusammen?

200€?

Genau.

Ein Glück, dass Sie das im Konjunktiv formuliert haben.

Äh,  … ja. Sagen wir € 70 für beide Ampeln?

Der Polizist erhält das Geld. Der Verkehrssünder konnte beim Gang zum Bankomaten seine Gedanken sammeln.

Darf ich Ihnen noch kurz drei Fragen stellen, die Sie aber nicht beantworten müssen?

Der Polizist nickt irritiert.  

Ihnen dürfte nicht entgangen sein, dass ich umsichtig und vorausschauend gefahren bin und niemanden gefährdet habe und dass diese Ampel eine der unübersichtlichsten in Wien ist. Sich hier aufzustellen ist somit eine Art Heimtücke. Wiewohl mein Begehen einer Ordnungswidrigkeit fraglos ist, bedenken Sie diese arglistige Vorgehensweise doch sicherlich bei Ihrer Arbeit und finden Sie vielleicht auch, zumindest teilweise, verfehlt?

Der Polizist will etwas sagen.

Aber das ist eine Lappalie. Viel schwerer wiegt etwas anderes. Während wir hier stehen sind mindestens fünfzig, tonnenschwere und hochmotorisierte Kraftfahrzeuge an uns vorbeigefahren, die in den meisten Fällen nur mit einer einzigen Person besetzt waren. Während wir reden, reinigen wir mit unseren Lungen die Luft von den Schadstoffen, die diese Fahrzeuge emittiert haben. Die WHO hat jüngst in einer Studie festgehalten, dass statistisch die Emissionsbelastung aus dem Individualverkehr allein, unsere Lebenszeit um 20 bis 24 Monate verkürzen wird. Das kommt Ihnen doch auch falsch vor, nicht wahr?

Erneut hebt er an, etwas zu entgegnen.

Aber das ist viel zu unkonkret. Sie haben hier eine Falle eingerichtet, um Menschen zu strafen und zu disziplinieren, mit hohen Beträgen für vergleichsweise kleine Widrigkeiten. Sie leisten damit einen aktiven Beitrag dazu, dass das Fahrradfahren unattraktiver wird, das ohnehin nur von einer Minderheit an Stadtbewohner*innen als Verkehrsmittel gewählt wird. Fahrradfahren verbessert aber das Stadtklima für alle Menschen in der Stadt, spart Ressourcen und stellt, im Vergleich zum KFZ-Verkehr, bei Unfällen eine nur sehr geringe Gefahr dar. Diskutieren Sie manchmal mit Ihren Kolleg*innen, dass Sie als Polizist*innen von einem Innen- und Verkehrsminister, die beide eine einschlägig rechtsradikale Vergangenheit haben, angestellt werden, ein industrielles Regime zu verteidigen, das mittels Schadstoffemission langsam und mittels zunehmender Verkehrsunfallzahlen schnell tötet? Kommt ihnen das als Bürger nicht manchmal irgendwie falsch vor?

Der Polizist macht einen letzten Versuch etwas zu sagen.

T’schuldigung, aber ich bin sauer, dass Sie mich für den Schas haben blechen lassen und es ist mit komplett wurscht, was Sie für Antworten auf meine Fragen haben.

Ich wünsche Ihnen trotzdem einen schönen Tag.

… (unverständlich)