… und das bringt mir den einen
Den ich so lieb’ wie keinen, und der mich glücklich macht
Ein Schiff wird kommen und meinen Traum erfüllen
Und meine Sehnsucht stillen, die Sehnsucht mancher Nacht
So beginnt der Refrain des Schlagers Ein Schiff wird kommen mit dem Lale Andersen 1960 einige Wochen lang die deutsche Hitparade anführte und dessen erste Zeile zum geflügelten Wort geworden ist. Das in vielen Versionen und Sprachen gecoverte Lied wird aus der Sicht eines „Mädchen aus Piräus“ vorgetragen, das dort „Abend für Abend“ am Kai steht, und davon träumt, dass unter den Matrosen der Schiffe „aus Hongkong, aus Java, aus Chile und Shanghai“ einmal der Richtige sein wird. Die Originalversion Ta pedia tou Pirea (Die Kinder von Piräus) stammt vom griechischen Komponisten Manos Hadjidakis, der sie für Jules Dassins Film Never on Sunday (1960) schrieb. In dieser Komödie wird das Lied von Hauptdarstellerin Melina Mercouri gesungen, die Ilya, eine Sexarbeiterin im Hafen von Piräus spielt, welche sich erfolgreich gegen verschiedene Zumutungen zur Wehr setzt. Einerseits gegen die mit philosophischen Bezügen hinterlegte Agitation des US-Amerikaners Homer (Jules Dassin), der die eigentlich zufriedene Ilya dazu bringen will, ihre Arbeit zugunsten eines, aus seiner Sicht moralischeren Lebens aufzugeben. Andererseits gegen die Ausbeutung ihrer Kolleginnen durch den Zuhälter Noface, für den die selbstbewusste und unabhängige Ilya eine Bedrohung darstellt. Gemeinsam mit den anderen Sexarbeiterinnen von Piräus streikt sie, und erzwingt so eine Halbierung der Mieten. Homer überredet Ilya im Einvernehmen mit Noface dazu, die Arbeit für zwei Wochen aufzugeben, und glaubt, in ihr durch den Kontakt mit „Bildung“ und den (schönen) Künsten den Wunsch nach einem anderen Leben zu entfachen. Ilya – zunehmend gelangweilt – zündet sich eine Zigarette an, legt sich mit einem Plattenspieler und dem Bild einer Fußballmannschaft ins Bett, und singt vom Zauber des Hafens von Piräus bei Nacht und dem Fremden, den sie dort einmal treffen mag. Am Ende kehrt sie zu ihrer Arbeit und zu ihrem alten Leben zurück. Der Film mag mit seiner Story und auch visuell die Sehgewohnheiten des (deutschen) Kinopublikums herausgefordert haben – die BRAVO fand ihn „zutiefst unmoralisch“. Gleichzeitig ist kaum zu übersehen, dass er auch durchzogen ist von exotisierenden, stereotypen Blicken auf Sexarbeit und lebenslustigen, tanzenden und Gläser zu Boden werfenden „SüdländerInnen“. Im Hinblick auf gegenwärtige Bilder und Diskurse tut sich aber vor allem ein interessanter Anachronismus auf, der in der sehnsuchts- und erwartungsvollen Stimmung liegt, die das Lied und der Film denjenigen – vor allem Männern – gegenüber aufbauen, die da per Schiff am Hafen ankommen. Sowohl Melina Mercouri als auch Jules Dassin mussten vor politischer Verfolgung flüchten: Mercouri vor der griechischen Militärdiktatur 1967 bis 1974, gegen die sie aktiv geworden war. Dassin, der als ehemaliges Mitglied der kommunistischen Partei auf der Hollywood-Blacklist stand, verließ die Vereinigten Staaten in den 1950er-Jahren.