Regierungsspitzen (#4)
Barcelona
Regieren ist manchmal witzig (aber bitte nicht zu früh lachen): In Katalonien gibt es ein Referendum zur Unabhängigkeit. Die Bevölkerung sagt „Ja“. Dann unterzeichnen die Abgeordneten Kataloniens eine Unabhängigkeitserklärung, allerdings ohne Abstimmung. Das bedeutet aus Sicht der katalanischen Regierung, dass sie damit nur ihren – von der Bevölkerung vermittelten – politischen Willen bekunden. Der hat keinerlei Rechtskraft, denn sie haben ja nicht abgestimmt und sind somit nicht als Abgeordnete des Parlaments aufgetreten. Deshalb haben sie auch keinerlei spanisches Recht verletzt! Beim Vollzug einer Unabhängigkeit (oder bei einer Revolution) muss sich ein Rechtssubjekt „auflösen“ und als ein neues konstituieren – ein notwendig sehr umstrittener Vorgang. Die Katalanen haben dies Problem elegant gelöst, indem sie es schlichtweg nicht getan haben und die MadrilenInnen haben es nicht gemerkt. Die spanische Regierung war wegen der bloßen Willenserklärung stinksauer und kündigte den Autonomiestatus Kataloniens, §155. Daraufhin erklärte sich Katalonien unabhängig per Beschluss aus Eigenschutz. Vermutlich ist dies wiederum im spanischen Recht legal. Gebracht hat es die katalonischen VolksvertreterInnen statt an den Verhandlungstisch ins Gefängnis … und nun darf gelacht werden
Washington
Donald Trump hat sich mit Kim Jong-un einen wirklich dankbaren Gegner ausgesucht. Der ganze Zank wäre auch durchaus amüsant, würden sich die beiden in der Oprah Winfrey Show beflegeln – ohne Nuklearsprengsätze und das damit verbundene Risiko einer kaum zählbaren Menge an Kriegstoten. Dass Kalter Krieg auch mit Talkshow-Sprech klappt, macht den beiden das Web 2.0 möglich. Online-Bully Trump twitterte nach seiner Asienreise am 12. November: „Why would Kim Jong-un insult me by calling me ,old‘, when I would NEVER call him ,short and fat?‘ Oh well, I try so hard to be his friend – and maybe someday that will happen!“ Kim Jong-un hat die von Trump eingesetzte klassische rhetorische Figur des Praeteritio freilich durchschaut und selbst in die Trickkiste gelangt: So wurde Trump als Reaktion auf die Beleidigung vom nordkoreanischen Volk (und nicht etwa von der Staatsjustiz) wegen Beleidigung zum Tode verurteilt, so die Parteizeitung der Demokratischen Volksrepublik.
Tulln
Der Tullner FPÖ-Bezirksobmann Andreas Bors wurde von der niederösterreichischen Landespartei als Bundesrat nominiert, will aber sein Mandat nicht antreten. Die Nominierung ging mit großem Lob einher: „Mit Andreas Bors übernimmt – als jüngster Bundesrat Österreichs – ein talentierter, hochmotivierter und junger Mann die Agenden“, ließen die Kamerad_innen in der Partei wissen. Warum also nimmt der aufstrebende Berufspolitiker nicht an? Ganz einfach: 2014 wurde ein Foto veröffentlicht, auf denen sich Bors mit seinen Neonazi-Freunden beim Hitlergruß ablichten ließ. Den klassischen FPÖ-Einzelfall will der Mann mit strammer Militärfrisur aber nicht als Grund wissen: Schuld ist die „unhaltbare Medienkampagne“ gegen ihn und die FPÖ, er sei schließlich „lupenreiner Demokrat“ und beim Rapid-Fangesang hebe man eben manchmal zwei, manchmal nur eine Hand. Synchron mit Freunden. Mit geschlossenem Mund. Glücklicherweise wurde schnell ein Ersatz gefunden: Erich Königsberger, Polizist und ehemaliger FPÖ Sicherheits- und Verkehrssprecher für den niederösterreichischen Landtag. Den neuen Job kann er brauchen, nachdem er die genannte Position im September letzten Jahres verloren hat. Er blieb nach einem Parteitreffen mit seinem Auto in einem Radweg stecken – mit 2.0 Promille.