Regierungsspitzen (#3)
Washington
Das Weiße Haus verfügte seit dem Jahr 2009 über ein öffentlich einsehbares „Visitors Book“ in das sich alle BesucherInnen des Weißen Hauses eintragen mussten. Donald Trump – im Allgemeinen kein Freund von Büchern – ließ dieses quasi aus dem Fenster fliegen. Daten über Besuche werden seit seinem Amtsantritt nicht mehr veröffentlicht. So geht Regieren heute. Die liebevoll Todesschwadrone genannten Gruppen von LobbyistInnen und sonstigen AnwältInnen des Big Business, die nun unterbrochen in den Regierungssitz strömen, tun dies lieber klandestin. Lästige Fragen über Interessenskonflikte schätzen sie nicht, denn ihre Aufgabe gilt in den Augen der Öffentlichkeit als heikel: so viele „Jobhindernisse“ zu beseitigen als möglich. Gemeint sind damit Regularien zum Schutz von Mensch und Umwelt, weshalb der Ausdruck „death squat“ nicht nur den „Tod“ von Gesetzen meint. Humor hammse.
Wien
Im ORF-Interview meinte der Kandidat mit eigener Liste Sebastian Kurz, wer sich um Flüchtlinge sorge, „der tue dies, weil er meine sein Gewissen beruhigen zu müssen“. Mit einem abfälligen Lächeln quittierte Kurz diese für ihn unverständliche Abirrung des Geistes. Nun sind aber bekanntlich in einer repräsentativen Demokratie die VolksvertreterInnen einzig ihrem Gewissen unterworfen. Wenn ein Kandidat wie Kurz freimütig und unter dem Gejohle seiner Follower verkündet, er habe gar kein Gewissen, dann wird es für die Veranstaltung Demokratie knifflig. Gewissenslos geht alles andere aber leichter und es kann sich ganz aufs eigene Vorankommen konzentriert werden. Die Neuerungen der miesen türkisen Bewegung und ihr angeblich neuer Regierungsstil sind dann begreifbar. Die Gewissensfrage ohne Gewissen lautet: Frage nicht, was Dein Land für Dich tun kann, sondern frage was Du für Sebastian Kurz tun kannst. Mit etwas Glück wird der Bandenchef sich erkenntlich zeigen und Dir einen Teil der Beute geben.
Waldviertel
Apropos Kurz und Thema Flüchtlinge: Dem Basti sein Herzensanliegen war zuletzt ja das Abriegeln der Mittelmeerroute, nachdem ihm selbiges mit Hilfe seiner osteuropäischen Brüder im Geiste bei der Balkanroute bereits gelungen war. Ein anderes Regierungsmitglied hat es aber noch nicht begriffen, dass es 2017f. eben um das Mittelmeer (!!) geht: Hans Peter Doskozil marschierte nämlich im Waldviertel auf, um dort zu begutachten, wie über 2.300 SoldatInnen aus Österreich, Tschechien und Ungarn am Truppenübungsplatz Allentsteig eine „zivil-militärische Grenzmanagementoperation“ einstudierten, um auf Szenarien wie 2015, als die Menschen die Mauern der Festung Europa via Wald und Wiese versuchten zu umgehen, vorbereitet zu sein. Manche SoldatInnen hatten Flüchtlinge zu mimen, indem sie die Fäuste reckend und „Öffnet die Tore!“ skandierend auf eine Gruppe von SoldatInnen in Kampfmontur zusteuerten. Die LaiendarstellerInnen wurden von den tapferen GrenzschützerInnen ruck, zuck zu Boden gebracht und abtransportiert. Die Niederösterreichischen Nachrichten jubelten: „EU sah in Allentsteig, wie’s geht“.