MALMOE

Das echte AMS-Horrorskop

So stehen die Sterne der Erwerbsarbeitslosen im Herbst 2018: Kund*innensegmentierung hat einen neuen Algorithmus im Aszendenten, Sanktionen stören das Gleichgewicht, doch die Skorpione wissen mit Gegengift umzugehen.

Jung* (24.8.– 23.9.)

Für erstmals arbeitslos gemeldete Jung* kaum zu glauben: Die Unterteilung von Erwerbsarbeitslosen entsprechend ihrer Problemlagen in „Info-“, „Service-“ und „Beratungskund*innen“ ist keineswegs der jüngste Schrei beim AMS. Schon Anfang der 2000er-Jahre ließ sich die deutsche Hartz-Kommission von dieser in Österreich praktizierten „Segmentierung der Kund*innenschaft“ inspirieren. Mit der Krise 2007/08 war dem AMS-Vorstand allerdings seine eigene „Best Practice“ nicht mehr gut genug. Ein neues Modell sollte zielstrebig qua Algorithmus die Spreu vom noch verwertbaren Weizen trennen, um „Aktivierungsmaßnahmen“ nicht für Nichtsnutz*innen zu vergeuden. Laut einem Rechnungshof-Bericht scheiterte die Umsetzung am Widerstand des AMS-Verwaltungsrats. Nun, da Schwarz-Blau den notorischen Verwaltungsnörgler*innen nicht mehr gar so viel Aufmerksamkeit schenkt, ist das Modell wieder da – und surrt als Software gerüchtehalber auch schon am Rechner deines*r Sachbearbeiter*in. Alle, aber speziell die Jung* aufgepasst: Gehörst du zum „C Segment“, dem nur „sehr niedrige Integrationschancen“ zugebilligt werden, musst du zukünftig wohl auf noch mehr „Fordern“ und kaum mehr „Fördern“ gefasst sein. #vierteroktober

Waage (24.9.– 23.10.)

Damit auch bei den ausgeglichensten Waagen die gute Work-Life-Balance nicht aus dem Lot gerät, gilt es zu beachten: Sanktionen-Alarm! Das Verhängen von Geldsperren geht den AMS-Mitarbeiter*innen derzeit besonders locker von der Hand. In der ersten Jahreshälfte 2018 gab es 3.336 Sperren wegen der Nichtannahme von vermeintlich zumutbaren Jobs. Das sind 90% mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Warum? Laut dem (Johannes) Kopf des AMS liegt es am großen Jobangebot, daher sind „die Beraterinnen und Berater des AMS Wien seit gut einem Jahr angehalten (…), konsequenter in der Durchsetzung ihres Vermittlungsauftrags zu sein“. Die Kunst des unauffälligen Vereitelns wird nun zum Zünglein an der Waage. #sanktionen

Skorpion (24.10.– 22.11.)

Für Skorpione ist umlernen angesagt: Nicht den eigenen ausfahren, sondern lieber dem AMS den Giftstachel ziehen! Wie vermeide ich es, als arbeitsunwillig gestraft zu werden? Bewerbungsvorschläge ignorieren oder gar Jobs ablehnen? Ein Nein kostet beim ersten Mal mindestens sechs Wochen Arbeitslosengeld. Der bessere Weg: Schauspiel und Verkleidung (hübsches Mascherl auf den Chitinpanzer kleben). Denn das AMS muss glauben können, dass der Job gewollt wird, und die Firma, dass es keine Pseudobewerbung ist. Vorbereitung ist ab dem ersten AMS-Tag hilfreich. Stichwort: Betreuungsplan. Was da drinnen steht, nimmt das AMS als Richtschnur für die Behandlung. Unklare Jobwünsche ziehen viele Zwangsbewerbungen nach sich. Klare, dafür aber (zumindest aus AMS-Sicht) ausgefallene Job- und Berufswünsche führen zur Forderung nach vermehrter „Eigeninitiative“. Listige Skorpione liefern beim AMS also den geeigneten Lebenslauf ab und bestehen darauf, dass der Betreuungsplan dem auch entspricht. Tut er das nicht, gelten sieben Tage Einspruchsfrist – unbegrenzt, falls das AMS die Rechtsmittelbelehrung „vergisst“. Skorpione wissen: Vor dem Zustechen über wunde Punkte gut informieren! #aktivearbeitslose

Disclaimer: Die zwölf Sternzeichen des westlichen Kulturkreises werden mittels des Geburtsdatums zugeordnet – genau wie in deiner AMS-Geschäftsstelle die Zuordnung zu deiner_m Betreuer_in. Ein Zusammenhang mit realen (Arbeits-)Biografien wäre in beiden Fällen also rein zufällig.