Bald heißt es Abschied nehmen von dieser österreichischen Bundesregierung. Ihre Arbeit hat sie schon lange eingestellt, aber bis zur Wahl im Herbst 2024 will sie noch deutlich machen, für was sie steht: Geschlossenheit in der wechselseitigen Abscheu. Das ist nur mehr mit Poesie zu erfassen.
Die Video-Botschaft des Karl Nehammer
Macht zeigt sich durch Dummheit. Während die Armen, Schwachen und Marginalisierten zu Schläue und Klugheit gezwungen sind, darf sich die Macht gerne auch mal vollverblödet zeigen. Es nützt ihr, weil sie sich dann erst als Macht beweisen kann. Während die anderen sorgfältig argumentieren, abwägen, versuchen, möglichst viele Aspekte der Wirklichkeit einzubeziehen, kritisch auch gegen sich selbst zu sein, braucht der österreichische Bundeskanzler vor versammelter Runde von Holzkopf-Funktionären nur verlautbaren lassen, dass Arme einfach faul sind. Gelächter im getäfelten Hinterzimmer eines ÖVP-nahen Wirtes, der sich den Kanzler nach dessen geistigem Tiefflug bei den Salzburger-Festspielen („Normal wird man ja noch sagen dürfen“) gecheckt hat. Es ist müßig die „Argumente“ Nehammers zu widerlegen, ihr tieferer Sinn liegt in der Machtdemonstration, dass ein Bundeskanzler so einen Dünnpfiff einfach sagen kann und damit genügend Applaus bekommt, um ungestört weiterregieren zu können. Der kleinste Mann als Bundeskanzler, der in seinem ganzen Leben nichts anderes gelernt hat als „Jawohl Herr Major“ zu sagen, hat offenkundig das Bedürfnis sich vor Parteifreunden aufzuspielen, indem er einfach mal ausspricht, was diese ebenso denken. Die armen Faulenzer sollen sich nicht anstellen, denn ein McDonalds-Burger geht sich immer noch aus, wer mehr will, muss eben mehr hackeln. Bumstralalala, ich-habe-gesprochen. Auf dem Niveau gibt es kaum mehr Gegenargumente, weil jeder Widerspruch so viel Sinn ergibt wie ein Vortrag von Judith Butler in der Strip-Bar. Sagen wir mal so, das Publikum ist nicht ganz aufnahmefähig. Aber, und das ist sehr schmerzhaft, diese intellektuellen und moralischen Totalausfälle dürfen uns regieren.
Volkskanzler
Das Ergebnis von bald fünf Jahren Koalition türkis-grüner Koalition? Der Volkskanzler steht vor der Tür. Die vielen Skandale des großen Koalitionspartners, an denen das einzig gute ist, dass sie zumindest aufgedeckt wurden und der Inkrementalismus des kleinen grünen Koalitionspartners, der sich selbst gern für kleinste Verbesserungen lobt, werden wenig Euphorie für die alte Regierung entfachen. Der Volkkanzler in spe, FPÖ-Parteichef Herbert Kickl, führt in Umfragen mit beachtlichem Abstand und muss sich einzig sorgen, wie er das Ergebnis heimfährt. Nun ist Kickl ein gelehriger Schüler eines gewissen Donald Trump und will, genauso wie sein großes Vorbild in Amerika, nicht mehr an Fernsehdiskussionen teilnehmen, weil die ja ohnehin alle „fake“ sind. Warum noch diskutieren, wenn man in Führung liegt? (Und nur „Lösungen“ hat, die die anderen Diskutant:innen sogleich zerlegen.) Somit ist motziges Schweigen jetzt der Weisheit letzter Schluss beiderseits des Atlantiks. Der ORF kann dieses Problem leicht lösen. Es muss nur ein Teddybär besorgt werden, der ein wenig Herbert Kickl ähnelt (wird leicht zu finden sein). Der Bär wird auf einen Sessel im Fernsehstudio geschnallt und sagt per Schallplatte in seinem Kuschelbauch ununterbrochen: „Corona-Wahnsinn, Klima-Wahnsinn, Gender-Wahnsinn“. Niemand im Publikum wird den Unterschied bemerken und circa 30 Prozent der Zuseher:innen werden mit dem Auftritt ihres Volkskanzlers vollauf zufrieden gewesen sein.