MALMOE

Gegenwind aus den Karawanken

40 Jahre Museum Peršmanhof / 40 let muzej pri Peršmanu

Es gibt wenige Orte, die von einer so starken Zerrissenheit durchzogen sind, wie den Peršmanhof. Der ehemalige Bergbauernhof liegt eingebettet in die raue Idylle der Karawanken, doch auf ihm lastet eine schwere und leidvolle Geschichte. Es ist ein Ort großer Offenheit und Gastfreundschaft, der gleichzeitig als Mahnung für folgende Generationen dient; ein Ort der Hoffnung auf eine bessere Welt, der gleichzeitig die Gräuel des Nationalsozialismus in Kärnten/Koroška in Erinnerung ruft; ein Ort in provinzieller Abgeschiedenheit, der gleichzeitig internationale Strahlkraft und Bedeutung in sich trägt.

Das Jahr 2022 ist für den Peršmanhof ein ganz besonderes. Einerseits, weil sich die zwangsweise Aussiedlung der Kärntner Slowen*innen unter dem NS- Regime zum 80. Mal jährt. Dieser traurige Höhepunkt nationalsozialistischer Germanisierungspolitik in Südkärnten betraf viele Familien aus der unmittelbaren Umgebung und ist im Museum eindringlich dokumentiert. Andererseits feiert der Peršmanhof in seiner aktuellen Rolle als österreichweit einziges Museum, das sich ausführlich der Geschichte der slowenischen Minderheit und dem bedeutenden antifaschistischen Widerstand Kärntens/Koroškas widmet, seinen 40. Geburtstag. Die Betreibervereine des Museums, der Društvo/Peršman und der Verband der Kärntner Partisanen / Zveza koroških partizanov laden aus diesem Anlass zu einem umfangreichen Kultur- und Jubiläumsprogramm ein, um reflektierend auf die Geschichte des Peršmanhofs zu blicken.

Vom Wohnort zum Tatort …

Vor dem Zweiten Weltkrieg galt der von der Familie Sadovnik bewirtschaftete Peršmanhof als einer der größten Höfe in der Region Koprein-Petzen / Koprivna pod Peco. Während des Krieges fungierte er aufgrund seiner Abgelegenheit, aber auch dank der unterstützenden und widerständigen Haltung der Familie Sadovnik als wichtiger Stützpunkt für den lokalen Partisan*innenwiderstand. In den letzten Wochen des Krieges wurde der Hof Schauplatz eines Massakers, bei dem Mitglieder des SS-Polizeiregiments 13 elf Menschen der Familien Sadovnik und Kogoj, darunter sieben Kinder, ermordeten. Im Kontext der vielen Humanitätsverbrechen des NS-Regimes gegen die großteils slowenischsprachige und partisan*innenfreundliche Zivilbevölkerung der Gräben rund um Bad Eisenkappel / Železna kapla stellte das Massaker vom 25. April einen der brutalsten Vergeltungsschläge dar.

… zum Museum

Aufgrund dieser tragischen Ereignisse brannte sich der Peršmanhof schon sehr bald nach Kriegsende als Exempel für die Leiderfahrungen der Kärntner Slowen*innen in deren kollektives Bewusstsein ein. Er etablierte sich auch über die politischen und ideologischen Differenzen der Community hinweg als wichtiger Identifikationsort. Bis in die 1980er-Jahre blieb der Peršmanhof aber ein eher intimer Gedenkort für die Kärntner slowenische Minderheit, die Partisan*innen und deren Nachfahren sowie ein neuerlicher Wohnort für die Überlebende Ana Sadovnik. Im Jahr 1982 wurde der Peršmanhof renoviert und unter der Gestaltung von Marjan Sturm und Peter Wieser erstmals ein musealer Raum eingerichtet. Dieses erste Museum setzte sich zum Ziel, die Geschichte(n) des lokalen Widerstands und der Opfer aus der Region festzuhalten und einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Die Realisierung dieser Frühform des Museums war nur aufgrund grenzenlosen ehrenamtlichen Engagements und internationaler Solidarität in Form von finanzieller und tatkräftiger baulicher Unterstützung möglich. Die Republik verhielt sich dem Peršmanhof gegenüber zögerlich, und auch vonseiten der Landesregierung gab es keine erwähnenswerte Unterstützung – ganz im Gegenteil. Die gewählten Vertreter*innen stimmten zum Großteil sogar in die verklärerischen Hetzkampagnen der deutschnationalen Heimatverbände ein. Von Beginn an lag also die Fortsetzung des antifaschistischen Widerstands auch in der Verteidigung des Museums, gegen einen aggressiven deutschnationalen Revisionismus, der auch von den großen Tageszeitungen des Landes bis Ende der 1990er-Jahre mitgetragen wurde. Daneben hatten die Aktivist*innen in diesem politische extrem aufgeheizten Klima, auch mit der Burn-out Gefahr aufgrund ihrer idealistischen und ehrenamtlichen Arbeit zu kämpfen.

Die Zukunft des Museum Peršmanhof

Die Peršman-Aktivist*innen ließen sich trotz des massiven politischen Gegenwindes in den folge Jahren nicht entmutigen, und gut 40 Jahre später zeigt sich in Kärnten/Koroška ein durchaus anderes Bild. Der Peršmanhof hat sich, auch dank einer Neugestaltung im Jahr 2012, zu einem modernen Vermittlungsort für die (Zeit-)Geschichte der Region und zu aktuellen Themen wie Zivilcourage, Minderheitenrechte und Demokratiebewusstsein entwickelt. Die verschiedenen Ansprüche an den Ort zwischen intimem Gedenkort, zeitgemäßem Museum und partisanischer Tradition werden in dem zweisprachigen, übergenerationalen Projekt immer wieder neu verhandelt.

Dass sich der politische Wind in Kärnten/Koroška gedreht hat, wirft für die nahe Zukunft des Museums ebenfalls neue Fragen auf. Einerseits wächst das Bewusstsein der Republik Österreich und des Landes Kärnten/Koroškas über die Verantwortung, die sie gegenüber diesem geschichtsträchtigen Ort haben. Dies zeigte sich in den letzten Jahren in Form erster kleiner Zugeständnisse, wodurch eine zunehmende Professionalisierung des Museums erstmals in den Bereich des Denkbaren rückt. Gleichzeitig ist der Peršmanhof bemüht, einerseits eine kritische Haltung gegenüber der offiziellen Gedenkkultur zu bewahren, andererseits seinen partizipativen Modus und damit seinen einzigartigen Charakter beizubehalten. Inwiefern sich diese Perspektiven widersprechen, werden die kommenden Jahre zeigen. Den nächsten Schritt stellt nun das eingangs erwähnte Jubiläumsjahr dar, das auch als Hommage an jene zu verstehen ist, denen wir es zu verdanken haben, dass wir den Peršmanhof trotz seiner umkämpften Geschichte auch heute noch besuchen können. Über die Karawanken wehen sie noch – die unerfüllten Träume der Partisan*innen, die vielen Dimensionen ihres Widerstands und das Leid und die Hoffnungen der Menschen aus der Region.