Ich bin als weißer Mann sozialisiert worden und entwickelte früh eine Neigung zu performativen Brüchen von Genderkonventionen. Zuerst war das unbewusst und spielerisch, gleichwohl lustvoll. Ich verspürte Lust am crossen, queeren, dragen, etc. und suchte stetig nach einem Ausdruck oder Style bzw. liebte ich das Kombinieren und Mischen von Styles und Codes.
Es passiert allerdings bis heute, dass ich mich unsicher, plump oder mal tollpatschig fühle, wenn ich mich schminke oder unkonventionell kleide. Das ist vermutlich bedingt durch meine Sozialisation. Manchmal habe ich auch Angst nicht hineinzupassen, keinen Platz zu haben oder nicht dazuzugehören. Die andere Angst ist nicht „gesehen“ – im Sinne von verstanden – zu werden.
Umso schöner ist das Gefühl Platz zu haben, dazuzugehören, gesehen und verstanden zu werden. Es ist jedenfalls mittlerweile zauberhaft mit meinen Töchtern und deren Mutter. Die Töchter sind selbst im Teenie-Alter und das Thema Schminken ist ein gemeinsames Interesse. Im Beruf ist es ebenfalls so, dass ich sehr wertschätzende und sorgende Kolleg*innen habe. Ich bin Lehrperson an einem Gymnasium in Wien, diese Sicherheit bietet mir einerseits Stabilität und gleichzeitig einen Raum zu werden und zu sein. Einen Raum in dem ich mich entwickeln und transformieren kann.
Je mehr ich mich in der Schule aufgehoben, angenommen und wertgeschätzt fühlte umso mehr habe ich mich auch mit lackierten Nägeln, Eyeliner, Wimperntusche, etc. wohlgefühlt. Kürzlich habe ich im Unterricht mit Schüler*innen, die um die sechzehn Jahre alt sind über Männlichkeit und Rollenbilder gesprochen. In der Diskussion kamen wir auch auf das Thema des Schminkens von Jungs. Lauthals wurde ausgerufen und sich unter den Schülerinnen* zugestimmt, dass das sooo hot sei, wenn sich Jungs* schminken. Auf die Frage hin, ob das auch über die Äußerlichkeit des Schminkens hin verbreitet sei, und sich auch die Performanz oder Körperlichkeit unter Jungs* verändere, wurde dann noch ausführlich über Umarmungen gesprochen. Wer umarmt wen und wie? Und wie fühlt sich eine gute Umarmung an?
Seit diesem Schuljahr gibt es auch einen LGBTIQA2*-Club, der sich einmal in der Woche trifft und zu dem ich regelmäßig eingeladen werde. Leider habe ich nicht immer Zeit, weil der Schulalltag oft sehr fordernd ist. Es ist schön mitzubekommen und mitzugestalten, was in meiner Jugend noch eine Unmöglichkeit war: Wie vielfältig und selbstverständlich Gender gelebt und mit Rollen, Mustern und all der Performance von Gender experimentiert wird. Ich Jugendliche sehe, die viel selbstverständlicher mit Themen umgehen, als ich das damals in ihrem Alter tun konnte.