Becoming Digital (0x15)
Der Kolumnenslogan „Becoming Digital“ war von Beginn an darauf ausgelegt, mehrdeutig gelesen werden zu können. Das Unbehagen gegenüber einem auferlegtem Zwang, sich digitalen Verwertungssystemen beugen zu müssen oder die Hoffnung, mit digitalen Mitteln die uns umgebende Welt zu einem besseren Ort zu machen, sind zwei der vielen möglichen Koordinaten sich hinsichtlich der weitreichenden Veränderungen zu positionieren, die digitale Werkzeuge, Denkmuster und Transformationen allerorten hervorrufen. Sich dazu verhalten, indem von Projekten und Debatten aus dem Teilbereich der „Digital Humanities“ erzählt wird, in dem die beiden für diese Kolumne Schreibenden aktiv sind, war eine gemeinsame Klammer der Beiträge. Über die Jahre hinweg wurden unterschiedlichste Exkursionen unternommen, um den Verästelungen des Digital Turns nachzuspüren. Das Spannende und zugleich Beunruhigende an diesen Veränderungen ist die weitreichende Skalenbreite, auf denen diese stattfinden. Sei es lokal, wenn die Bankfiliale ums Eck plötzlich nun nur noch über eine App erreichbar ist oder auf einer globalen Ebene, wenn Börsenspekulationen mit automatisierten Computerprogrammen betrieben werden, die in Millisekunden ihre Ver- und Einkäufe basierend auf vordefinierten oder „selbstlernenden“ Algorithmen abwickeln. Gerade diese beiden Beispiele könnten wiederum dazu verleiten, die Digitalisierung als einen hauptsächlich von wirtschaftlichen Interessen getriebenen Prozess wahrzunehmen. Zu zeigen, dass dem nicht ganz so ist, kann rückblickend als ein weiteres Motiv der Kolumne hervorgehoben werden. Denn die Digital Humanities – worunter zwar auch eine reflektierende und distanzierte Kritik an das Digitale verstanden werden kann, aber viel mehr die Auslotung digitaler Möglichkeiten für Adaptierungen der Geistes- und Kulturwissenschaften Thema ist – bieten ausreichend Anschauungsmaterial zu einer digitalen Bestandsaufnahme abseits sonst bekannter Debatten wie jener über sozialer Medienplattformen. Insbesondere benötigt es weitreichende Analysen zu Potentialen, Grenzen, Gefahren und Herausforderungen der digitalen Umformung diverser Infrastrukturen von Wissenschaft über Kunst bis Politik und Wirtschaft. Schließlich zeigen Phänomene wie Klimawandel und Pandemie wie notwendig digitale Strukturen sind, um Geschehnisse auf globaler Ebene zu begreifen. Wobei zugleich klar sein sollte, dass es keine Maschinen – selbst wenn sie sich künstliche Intelligenzen nennen – sein werden, die menschengemachte Probleme lösen werden. Auch weil die Daten, die Computer und digitale Netzwerke letztlich immer benötigen, zumindest indirekt von Menschen gemacht sind und deren Blickwinkel tragen. Es bleibt der Auftrag, digitale Transformationsprozesse kritisch zu begleiten und ihr politisch relevantes Potential im Sinne der Entwicklung zu emanzipativen Technologien und Techniken zu nutzen. Wie es dieser Rückblick andeutet, ist dies der letzte Beitrag der Kolumnenreihe. Es war uns eine Freude, bleibt kritisch neugierig sowie blinkend digital. 😉