MALMOE

Moskau – Kiew – Frankfurt

Moskau

Vielleicht hat sich der russische Diktator Putin beim Einmarsch in die Ukraine verkalkuliert. Die Reaktionen zahlreicher Regierungen fielen entschiedener aus, als zu erwarten war. Insbesondere die Wirtschaftssanktionen könnten Putin und seine Getreuen hart treffen. Wenn der Krieg nicht wegen des Leids ukrainischer Flüchtlinge, sondern wegen der beschlagnahmten Superyachten enden sollte, dann wäre das zwar eine geschmacklose Pointe, aber für die Menschen im Kriegsgebiet dennoch gut. Zwei Dinge werden hierbei leider übersehen. Erstens: Putin mag die Oligarch:innen auch nicht und sie sind für seinen Machterhalt weniger wichtig als der minutiös von ehemaligen Geheimdienstlern kontrollierte Regierungsapparat. Und zweitens: In den letzten Jahren zeigte sich leider, wie sehr bei Diktatoren der „lange Atem“ belohnt wird. Das beste Beispiel ist das ebenso im Kriegsgeschehen involvierte Nachbarland Belarus. Auch hier gab es nach den Wahlfälschungen und der Gewalt gegen die Opposition einen energischen Aufschrei und nachdem sich der Staub gelegt hatte, kamen die Deals zurück, siehe österreichische Investments im Land und grundsätzliche „Einigkeit“ bei Pushbacks (Grenzschutz statt Menschenrecht!). Darauf setzt auch Potentat Putin. Hoffentlich hat er sich diesmal geirrt.

Kiew

Über Nacht war das Land ins Chaos gestürzt. Hatten manche noch gehofft, Putin würde nur bluffen, wurde durch den Überfall Russlands auf sein Nachbarland traurige und tödliche Gewissheit, dass der Aufmarsch ernst war. Die Menschen in der Ukraine wurden von ihrem Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, der, anders als die westlichen Marionetten in Afghanistan, sein Land nicht verließ, zum Kampf um die Freiheit der Ukraine aufgerufen. Balletttänzer:innen greifen zu den Gewehren und steinalte Bäuer*innen errichten in den Dörfern Straßensperren. Das darf füglich Mut genannt werden und ist beeindruckend. Dennoch ist es eine persönliche Entscheidung. Deserteur:innen hingegen sind keine Feiglinge. Eine demokratische Regierung muss ihren Bürger:innen auch die Freiheit einer individuellen Gefahreneinschätzung überlassen. Sich mit einem ausrangierten Gewehr, ohne Einweisung in dessen Handhabe, und einem Brandsatz bewaffnet den russischen Panzern entgegenzustellen, ist in vielen Fällen keine Heldentat, sondern schlicht Wahnsinn. Auch ist der Tod russischer Soldaten kein Erfolg (teils sind das Rekruten, die unter falschen Voraussetzungen in den Kampf gelockt wurden). Das zu sagen, ist noch lange kein Defätismus. Die Weltgemeinschaft muss jetzt mithelfen, Putin zu stoppen. Sie soll den Mut der Ukrainer:innen loben, aber vor allem Menschen aufnehmen, die vor der Kriegshölle fliehen. Den Kampf um die „Freiheit“ der Ukraine hat Putin schon längst verloren. Niemand glaubt an seine Lüge, die russischen Truppen müssten das Land von Neonazis befreien. Die Entscheidung aber, ob der Kampf gegen Putin mit kriegerischen oder gewaltfreien Mittel geführt wird, sollten freie Ukrainer:innen selbst treffen dürfen.

Frankfurt

MALMOE berichtete bereits über den rechtsextremistischen Bundeswehrangehörigen Franco A., der in Wien Schwechat eine Knarre versteckt hat, Nazi-Devotionalien sammelte, eine Todesliste schrieb und sich als syrischer Flüchtling ausgab, um Anschläge zu verüben. So weit so absurd. Sein aktuell in Frankfurt stattfindender Prozess zeigt, wie die Bundeswehr tickt. Im Zeugenstand erklärten Kameraden Franco A.s, dieser habe ihnen gegenüber erklärt, Schwarze könnten „niemals Deutsche sein“, die Shoah habe es nie gegeben und Flüchtlinge seien „von Zionisten und Amerikanern gesteuert“, um Rache an der „deutschen Rasse“ zu nehmen. Seinerzeit auf diese Äußerungen aufmerksam gemacht, sahen die Vorgesetzten von Franco A. keine „Relevanz“, etwas zu unternehmen. Die deutsche Bundesregierung, die jetzt den deutschen Streitkräften aufgrund des Ukrainekriegs zusätzliche 100 Milliarden Euro an Vertrauen schenkt, sollte sich zunächst einmal genau anschauen, wer da jetzt so üppig mit Waffen versorgt wird.