MALMOE

Dysfunktionalität 
mit System

MA 35 – eine anhaltende systematische Schande

Monate nach den ersten Demonstrationen (7. August und 11. September 2021) wird noch immer auf die Reform der Magistratsabteilung gewartet. Die Demonstrationen richteten sich gegen unangemessen lange Wartezeiten für Aufenthaltsgenehmigungen, mangelnde Kommunikation und das Fehlen von Statusinformationen über die Verfahren. Die MA 35, Behörde für Einwanderung und Staatsangehörigkeit in Wien, funktioniert immer noch nicht. Das hat Folgen für die Leben der Betroffenen, es gefährdet das Aufenthaltsrecht von Einzelpersonen und Familien in Österreich. Ihnen können Kindergeld, Krankenversicherung und Arbeitsverhältnisse aufgelöst werden, wenn Aufenthaltsgenehmigungen nicht rechtzeitig verlängert werden.

Regelmäßig gibt es neue Berichte, die die Dysfunktionalität des derzeitigen Systems untermauern. Diese grassierende Ungerechtigkeit und die verkrusteten Strukturen der MA 35 haben zur Entstehung einer Gruppe „Demonstration MA 35“ auf Facebook beigetragen. Was damit anfing, dass einzelne von uns ihre Stimme erhoben, führte zur Bildung eines Zusammenschlusses unter dem Namen „Migrants in Vienna“, der nun mit Nachdruck Reformen fordert.

Es sind nicht nur direkt Betroffene, die sich Luft machen, sondern die Gruppe besteht aus einem breiten Unterstützer:innennetzwerk: Österreicher:innen mit ausländischen Ehepartner:innen, Drittstaatsangehörige, EU-Bürger:innen, internationale Studierende und Wiener:innen. Wir sind eine organisierte Gruppe, die nicht nur ihren Mitgliedern hilft, sondern auch darauf abzielt, die Situation von Migrant:innen in Wien allgemein zu verbessern.

Dem Herrn Vizebürgermeister Wiederkehr soll gesagt sein: Wir wissen zwar, dass eine Änderung des Gesetzes eine Sache des Bundes ist – dennoch gibt es in anderen Bundesländern nicht solche großen Missstände. Was wir unmittelbar vom zuständigen Stadtrat Wiederkehr verlangen, sind faire, effiziente und rechtsstaatlich einwandfreie Verfahren, in denen unser Schicksal, unser Leben und das Leben unserer Familien ernst genommen werden. Wir fordern ein System, in dem wir uns betreut fühlen und nicht respektlos behandelt werden, in dem man Fragen stellen kann, ohne Angst zu haben, diffamiert zu werden.

Die Ineffizienz der MA 35 ist nicht erst seit gestern bekannt. Seit mindestens zehn Jahren wird darauf hingewiesen. Wir werden aber keine weiteren zehn Jahre auf eine Veränderung warten. Wir fordern eine sofortige Reform und sind auch bereit, dabei beratend zu unterstützen. Beispielsweise haben sich einzelne Mitglieder unserer Gruppe die Mühe gemacht, einen Website-Prototyp zu programmieren, mit Beispielen für Online-Terminvereinbarung, Dokumenteinreichung oder Vermittlung von Verfahrensinformationen.

Am 12. Oktober 2021 stimmte Vizebürgermeister Wiederkehr einem Treffen mit uns zu. In diesem Gespräch wurden die notwendigen Reformen der MA 35 diskutiert. Die Forderungen wurden übergeben und der Vizebürgermeister erklärte sich bereit, Verbesserungen vorzunehmen. Zudem haben wir deutlich gemacht, dass wir weiterhin auf die Umsetzung der vereinbarten Verbesserungen achten werden. Nachdem die interne Qualitätssicherung der MA 35 offensichtlich versagt hat, werden wir als externe Qualitätssicherung wachsam bleiben.

Denn: Wir sind gekommen, um zu bleiben! Wir möchten bei unseren Partner:innen bleiben, bei unseren Familien. Wir möchten einen Beitrag zur Gesellschaft leisten. Die politisch Verantwortlichen können sich sicher sein, dass wir nicht lockerlassen, bis sich die MA 35 signifikant verbessert hat. Wir werden das Magistrat weiterhin beobachten, den Betroffenen helfen und Erfahrungen austauschen sowie Informationen zur Verfügung stellen. Wir fordern die von den zuständigen Instanzen bereits versprochenen Verbesserungen: die Einrichtung von Tools, die den Status der Verfahren transparent machen; die Digitalisierung der Verfahren; kürzere Wartezeiten; bessere Ausbildung des Personals. Wir sind nach wie vor bemüht, mit der Stadt Wien zusammenzuarbeiten. Ob diese den politischen Willen hat, Verbesserungen vorzunehmen, muss sich erst zeigen.

Mach mit:
Facebook-Gruppe „Demo MA 35“
facebook.com/migrantsinvienna
migrantsinvienna.org
info@migrantsinvienna.org