Die einen getäuscht, die anderen naiv, die dritten gehen d’accord – wovon die Rede ist? #allesdichtmachen war der jüngste Höhepunkt deutschsprachiger Schauspielkunst. Statements schlechten Stils zur Corona-Lage, von Corona-Leugner_innen bejubelt. Immerhin lichtet sich jetzt der Nebel und der ein oder andere zeigt sein rechtes Gesicht. Zum Beispiel Volker Bruch, jener Schauspieler, der uns allen durch Babylon Berlin bekannt geworden ist. Als Gereon Rath gibt er den naiven Unpolitischen in Zeiten der Weimarer Republik, der zwischen Nazis, Monarchisten und Demokrat_innen herumirrt, mit der einzig klaren politischen Linie, gegen die Kommunist_innen zu sein. Der echte Volker Bruch hat zwar einen ähnlich deutschen Vornamen, ist im Gegensatz dazu aber politisch klarer positioniert – wiewohl der Begriff „klar“ in diesem Zusammenhang mehr als unangebracht ist. Am Set der Dreharbeiten für die vierte Staffel ist er ärztlich befreit vom Maskentragen. Bisher habe ich nur von Schwangeren gehört, dass sie diese Möglichkeit in Anspruch nehmen. Im Fall von Schwangeren ist das ja nachvollziehbar, aber guter Hoffnung wird der gute Volker wohl nicht sein. Apropos Hoffnung: Die schwindet, denn Gerüchte gehen um, Bruch möchte Mitglied bei den Querdenkern von Die Basis werden – oder ist es womöglich schon. Bruch selbst hält sich bedeckt, nicht nur, was seine Umtriebe im Dunstkreis der sogenannten Corona-Kritiker_innen betrifft, auch generell weiß man wenig über den Typen, außer dass er vegan lebt und ihm Klimaschutz wichtig ist, wie seine Partnerin heißt, dass er ein Kind hat und, hach je, er in einem Brandenburger Kaff wohnt. Ob diese Faktoren, allen voran seine Ernährungsweise und die selbstgewählte Unterkunft im Nirgendwo, eine Rolle spielen für das verquere Denken? Man weiß es nicht.
Und Berlin? Das heutige lässt manchmal erschaudern, nicht zuletzt vor dem Hintergrund jenes Berlins der 1930er Jahre, in das uns die Serie Babylon Berlin entführt. Nazis versuchen, den Reichstag zu stürmen – heute oder damals? Die Antwort ist, dass das „oder“ falsch ist, es bräuchte ein „und“.
Apropos Corona-Kritiker_innen: Der Begriff allein sagt schon alles darüber, wessen Geistes Kind diese Leute sind. Denn wer sich dazu erblödet, einen wohl grundsätzlich von politischen Intentionen befreiten Krankheitserreger zu kritisieren, ist wohl wirklich nicht mehr zu retten. Nebenbei: Wie kann man eigentlich einen Krankheitserreger kritisieren, von dem man doch behauptet, dass es ihn gar nicht gibt? Nennt man das dann in Analogie zu Phantomschmerzen Phantomkritik? Und noch was: Wer das willentlich fahrlässige Hinnehmen von Toten sowie die rechtsextreme „Zersetzung“ des Staates zumindest in Kauf nimmt – wenn nicht vor allem Zweiteres sogar vorantreiben will, und dies auch noch mit der Kritik an Maßnahmen, die nicht nur in Corona-Zeiten zuallererst das Wohl von Wirtschaft und großen Unternehmen im Blick haben und nicht das physische und psychische Wohlbefinden aller – der oder dem kann auch ein Aufenthalt auf der Intensivstation nicht helfen.
Zu retten ist für mich aber hoffentlich dann doch meine Vorfreude auf die nächste Staffel von Babylon Berlin: Möge der Volker wie der Gereon einfach in erster Linie dämlich naiv sein, was ihn vor Schuld nicht schützt, aber bekehrbar macht! Und möge auch dem Volker eine Charlotte Ritter begegnen, die wie in der Buchvorlage dem Gereon den Kopf wäscht und ihn durch Tatsachen zum Nachdenken und Augen-Aufmachen zwingt. Ja genau, denn dann – so bleibt zu hoffen – kann man ja nicht anders, als den Wahnsinn hinter #allesdichtmachen zu sehen. Amen.