MALMOE

Das unverblüm(el)te AMS-Horrorskop

Es sind nicht die sommerlichen Temperaturen, die Erwerbslose zum Kocher bringen: Doch all die Umschulungen, Sprungbretter und Sanktionen reizen Krebs* und Jung* nur zum routinierten Widerspruch. Und auch Löw*innen bleiben ihrem Beuteschema treu.

Krebs* (22. Juni–22. Juli)

Erwerbslos am AMS und keine Lust auf Umschulung in einen ungewollten Beruf? Das ist selbst für Krebse* eine knifflige Aufgabe – seitwärts vorwärtsgehen ein Klacks dagegen. Aber was passiert, wenn pandemiepausenbedingt viele auf einmal Arbeitsalltag und Bezahlung in ihrer Branche hinterfragen, zum Beispiel in Gastronomie und Tourismus? Dann ist es plötzlich das AMS, das öffentlich verspricht, die Betroffenen nicht umzuschulen. Aber – und jetzt kommt das aktuelle Lieblingszitat aller Krebse* – sagt der Kärntner AMS-Chef: „Was wir nicht vermeiden können ist, wenn Personen den massiven Wunsch haben, die Branche zu wechseln, dann können wir diese Personen auch rein rechtlich gar nicht aufhalten. Wir versuchen aber, sie zu überzeugen, in dieser Branche zu bleiben.“ Der ganze Gastro- und Tourismus-Bereich ist ja bekannt dafür, dass ständig Mitarbeiter*innen fehlen. Verkrustete Ideen, Erwerbslose in solche Jobs zu zwingen (sie saisonal aus dem Osten in den Westen zu schicken, seien es Asylwerber*innen, Asylberechtigte oder Singles), sprießen regelmäßig zu Saisonbeginn. Die umgekehrte Idee ist neu, aber schick: Berufsschutz für alle! #keinzwang

Löw*in (23. Juli–22. August)

„Sprungbrett“ und „Comeback-Plan“, so hören ergrimmte Löw*innen, lauten die Schlagworte der Regierung angesichts enorm hoher Arbeitslosenzahlen. 50.000 „Langzeitarbeitslose“ (d. h. mindestens ein Jahr lang beim AMS Vorgemerkte) sollen demnach über das „Sprungbrett Lohnzuschuss für Unternehmen“ zu neuen Jobs katapultiert werden. „Wachstum und Aufschwung“, „Wiederaufbau“, „nach vorn schauen“, „Ökologisieren und Digitalisieren“ und „die Menschen wieder in Vollbeschäftigung bringen“: Wer mag, kann dieses Regierungs-Wording jetzt den besten grünen und türkisen Welten zuordnen. Oder sich auf der Lauer liegend fragen: Wieso reden die von „Vollbeschäftigung“, wenn sie Vollzeitarbeit meinen? „Vollbeschäftigung“ bedeutet: Die Qualität der Jobs ist scheißegal, und Frauen* machen Haus- statt Lohnarbeit, sonst geht sich das nämlich nicht aus. Der „Comeback-Plan“ mit seinen Investitionen in Bau und Technik wird (deshalb?) auch nicht feministisch begleitet, nicht einmal Gender Budgeting gibt es. Der gesamte Plan will wohl in erster Linie Schluss machen mit dem leidigen Gerede von Arbeitszeitverkürzung, erhöhtem Arbeitslosengeld, Bedingungslosem Grundeinkommen, Lohn- und Bildungsgerechtigkeit und und und #aufsiemitgebrüll

Jung* (23. August–22. September)

Die Sanktionszahlen des AMS sind im Jahr Eins der Pandemie auf ein Rekordtief gefallen – auf rund 93.000. Den absoluten Höchstwert mit 145.000 Sanktionen gab es 2019. Aber war es wirklich ein gutes Jahr für Erwerbslose? Von Zahlenspielen lassen sich Jung* nichts vormachen: Zwei Monate lang gab es 2020 gar keine Sanktionen, allein so wurden die Zahlen schon um ein Sechstel gedrückt. Der größte Rückgang betraf dann die Strafen wegen Versäumens eines AMS-Termins (minus 30.000) – das lag, wie auch das AMS anmerkt, schlicht an der stark reduzierten Anzahl von Terminen. Die 6- oder 8-Wochen-Sperren (für die Weigerung, eine „zumutbare“ Beschäftigung anzunehmen) gingen zwar auf das Niveau von 2017 zurück (19.000) – die tageweisen Sperren wegen Schwänzens eines Schulungstags (23.000) blieben dagegen so hoch wie zuvor. Ebenso die Zahl jener, die einen Monat vom AMS-Geld ausgeschlossen waren („selbstverschuldet“ gekündigt). Angesichts der Situation am Arbeitsmarkt in der Pandemie und dem Chaos am AMS sind diese Zahlen jedenfalls astronomisch hoch. Wenn der Geldfluss vom AMS unvermutet versiegt, gilt mehr denn je: Bescheid anfordern, Unterstützung suchen, Einspruch schreiben. Denn: Jupiter stärkt gerade das „6. Haus“ – das „Haus der Arbeit“! #ArbeitslosIstKeinDelikt