Mit dem KommAustria-Gesetz möchte die österreichische Bundesregierung in diesem Frühjahr mithelfen, den „medialen Wandel“ zu gestalten. Die angepeilte „digitale Transformation“ wird allerdings nur den großen Medienredaktionen nutzen und verkennt die Realität freier und unabhängiger Journalist*innen.
Anders als bei der ebenso trickreich in den „Corona-Wirren“ geplanten Novelle des Universitätsgesetzes, bei der sich unter Bildung brennt ein breiter Widerstand regte, geht diese geplante Gesetzesänderung an einer breiteren Öffentlichkeit nahezu vollständig vorbei. Ohne größere Aufmerksamkeit und Diskussion soll beschlossen werden, dass beträchtliche Fördermittel (u. a. aus der neuen Besteuerung der „Netzgiganten“) österreichischen Medien beim Ausbau ihres Online-Angebots helfen sollen. Geld erhalten Redaktionen allerdings nur, wenn sie über fünf (bei Tageszeitungen) oder zwei (bei Wochen-/Monatszeitungen) hauptamtlich Angestellte verfügen. Für kleinere Medien wie die MALMOE oder andere BAM!-Mitglieder* ist dies ein unerfüllbarer Ausschlussgrund. Aber auch in diesen Medien arbeiten Journalist*innen unter professionellen Bedingungen, werden allerdings für ihre Arbeit nur unzureichend entlohnt. Meist müssen sie ihre journalistische Tätigkeit über andere Erwerbsarbeit querfinanzieren.
Gerade auch für kleinere Medienprojekte wird die Finanzierung immer schwerer. Das Lukrieren von Fördergeldern ist an viele administrative Hürden gebunden und zuweilen politisch eingeengt. Bundesregierungen bestimmter Färbung halten Feminismus und emanzipatorische Projekte eben schlicht nicht für förderungswürdig. Die allgemeinen Probleme der Printmedien durch den Rückgang von Einnahmen durch Inserate treffen auch die BAM!-Mitglieder. Grundsätzlich ist die unfaire Situation die, dass die Internetkonzerne, allen voran Google und Facebook, in ihren sozialen Netzwerken unbezahlte Arbeit von ihren User*innen erhalten. Den somit von den User*innen selbst kreierten Content (Texte, Bilder, Videos etc.) können die Konzerne einsetzen, um nahezu den gesamten Werbemarkt unter sich aufzuteilen, der früher zur Querfinanzierung des Journalismus gedient hat.
Wenn die österreichische Bundesregierung hier gegensteuern will und einen Online-Journalismus unterstützen möchte, der nicht gemäß der Suchalgorithmen funktioniert und damit Informationsblasen erzeugt, sondern sich an journalistischen Standards orientiert, dann sollte auch die Arbeit kleiner Medien gefördert werden. Erst dadurch würde das wichtige gesellschaftspolitische Ziel erfüllt, eine breite und diverse Medienlandschaft zu gewährleisten. Der Gesetzesentwurf führt dementgegen dazu, dass die Besteuerung der Internetriesen genutzt wird, um die Konzentration auf nur mehr wenige, große Medienhäuser in Österreich auszubauen. Diese haben bekanntermaßen ebenso die Tendenz, ein Meinungsspektrum einzuengen, und treiben gerade damit die Leser*innen in die dunkelsten Ecken des Internets. Denn die Leser*innen suchen dort nach anderen Meinungen und Deutungen. Wo das hinführt, lässt sich leicht ahnen, ist es doch auch gerade das Internet, dass massiv von rechter Seite unterwandert wird.
Ohne Frage ist auch der österreichischen Bundesregierung aufgefallen, dass durch den rasenden Wandel der Digitalisierung der Journalismus an sich unter Druck geraten ist. Wenn es auch in Zukunft in Österreich noch professionelle Journalist*innen geben soll, dann müssen für diese Förderungen entwickelt werden. Beispielsweise erscheinen in mittelgroßen Städten wie Villach schon lange keine eigenen Zeitungen mehr. Bald decken folglich einige wenige übriggebliebene Redaktionen die Berichterstattung über sämtliche lokale und globale Ereignisse ab und führen so zu immer stärkeren Homogenisierungen – allerdings nur mehr so lange, wie dies noch irgendwie für die Herausgeber*innen profitabel sein wird. Der Journalismus ist durch die Förderung, wie sie im KommAustria-Gesetz entworfen wurde, kaum zu retten, sondern nur, indem nicht das Medienhaus, sondern die Arbeit der Journalist*innen gefördert wird. Die Förderung muss da ankommen, wojournalistische Arbeit gemacht wird.
Was wünschen wir uns? Um eine plurale, lebendige Demokratie für alle zu ermöglichen, braucht es eine Förderung von vielen, diversen Stimmen. Diese muss möglichst einfach zugänglich und nicht an politische und administrative Hürden gebunden sein, die dann doch wieder nur den „gewissen“ Kreis abdecken. Leider sind wir davon zurzeit weit entfernt und die aktuelle Gesetzesnovelle schafft keine Abhilfe. Mit BAM! wollen wir gemeinsam gegen diese homogenisierenden Tendenzen anarbeiten. Wir verwehren uns einer Verwertungslogik journalistischer Produktion. Wir sind „alternativ“, weil wir den etablierten Medien eine engagierte, kritische Perspektive entgegensetzen. Dabei geht es nicht um „alternative Fakten“, also um Lügen und Ressentiments, sondern um ein kritisches Verständnis der Nachrichtenproduktion und Debattenkultur. Wir sind davon überzeugt, dass Medien wie MALMOE, die in „schlechten Zeiten gute Seiten“ liefern, Raum schaffen für angeregte Diskussionen. Das erscheint uns förderungswürdig.
*BAM! sind:
AEP-Informationen – Feministische Zeitschrift für Politik und Gesellschaft
Augustin – Erste österreichische Boulevardzeitung
an.schläge – Das feministische Magazin
Bildpunkt – Zeitschrift der IG Bildende Kunst
Frauen*solidarität – feministisch-entwicklungspolitische Zeitschrift
MALMOE – Gute Seiten, Schlechte Zeiten
mosaik-blog.at – Politik neu zusammensetzen
Radio ORANGE 94.0 – das Freie Radio in Wien
skug.at – Ästhetik und Politik von unten
Unter Palmen – Argument Utopie
Von Unten – Das Nachrichtenmagazin auf Radio Helsinki
Volksstimme – Zwischenrufe links