MALMOE

Eins zu 
neunundneunzig

Bike.Polo.Stadt. (#22)

Ich sah die Reflexionen der SpielerInnen im gleißenden Sonnenlicht immer schneller und schneller über den Polocourt tanzen, sah die Räder sich vom Boden lösen, sah das Weiß in den Augen und das Rot in den Herzen, sah Heimito von Doderer mit Peter Altenberg hinter der Bande knutschen wie verliebte Teenies, sah Jello Biafra sich vor einer frenetisch jubelnden Menschenmenge zum Gouverneur von Kalifornien ausrufen, sah die Sonne ins Meer eintauchen und die Welt in blau-grünes Licht tauchen, sah ein zufrieden lächelndes rosa Schweinchen auf Margaret Thatcher vorbeireiten und ihr mit der Reitgerte den Takt einer Musik auf den Hintern schlagen, sah die Stammkunden vom Café Voodoo, nackt, ihre schlappen Schwänze in den Händen, über das Rauchverbot weinen wie Kinder über ihr weggenommenes Spielzeug, sah, dass alle Spiegel blind geworden waren, sah die Modebranche in einer riesigen Herde über die Klippen hinaus galoppieren und in den Sekunden, bevor das Meer sie endgültig verschluckte, glückselig-dämlich lächeln, sah eine Wasserleiche vergnügt die Donau hinuntertreiben, ein Seidl am Bauch, eine Tschick in der Papp’n, sah den Nazareth Jesus vom 20er Haus im Privatfernsehen verkünden, dass Gott nicht tot, sondern nur am Klo sei, sah meinen Poloschläger sich am Ball festhalten und meine Hände an meinem Poloschläger und meinen Körper an meinen Händen und meinen Geist an meinem Körper und die endlose Weite des Weltraums an meinem Geist, sah den österreichischen Bundesadler ausgerottet wegen der wichtigen dritten Piste am Flughafen Schwechat, sah das Eis der Gletscher die Zukunft freigeben, sah Greta Thunberg zur Schule gehen, weil sonst grad nichts zu tun sei, sah Hempress Sativa vorbeitreiben mit einem Riesen-Brot in der Hand und mich fragen, wo die Butter sei, sah die Butter vorbeitreiben und mich ängstlich fragen, wo Hempress Sativa sei, sah mich auf Wellenkämmen meine liebste Geliebte lieben, sah Ludwig Wittgenstein in seiner schönen Lederjacke – nicht der hässlichen! – und frisch gefestigtem Iro das Nachtasyl betreten, sah Milo Dor in seiner Freizeit als Milo M, der Superheld, das Verbrechen und auch sonst so einiges bekämpfen, sah Banker-Gangs in sterilen, von der Polizei gemiedenen Bürovierteln abhängen und dunkle Pläne schmieden, sah Kindergartenkinder-Gangs auf von Eltern gemiedenen Spielplätzen abhängen und pinke Pläne schmieden, sah einen Patrioten und musste lachen, sah, wie ich sah, und musste lauter lachen, sah Herrn Blümel, der erklärte: eigentlich habe ich eine gute Meinung von mir, sah große Tropfen warmen Regens auf dem Sandstrand aufschlagen, sah die Freude meiner Zunge beim Ablecken des Taus auf einer Orange, sah Beamte des Pentagon Blinde Kuh spielen, sah Almkühe Blinder Beamter spielen, sah die Plattentektonik in Bewegung geraten und die Nachrichtensprecherin immer langsamer sprechen, sah mit lachenden Augen, wie Sergio Cabreras Strategie der Schnecke funktionierte, sah Armin Müller-Stahl mit roter Clownsnase Winona Ryder erklären, die beste Maske sei immer noch die, die man in sich trage, sah die Welt, wie sie unter mir dahineilte, sah den Mond unter- und ein Zeitalter aufgehen, sah alte Männer starr und ohne Gesten miteinander diskutieren, sah den Rauch über ihren Köpfen das Licht zu einer angenehmen Abendstimmung dämpfen, sah die Musik am Nachthimmel, sah, wie ich nichts sah, sah in mein Herz und musste weinen, sah in alle Herzen und schöpfte Hoffnung.

3,2,1 … Polo