MALMOE

Editorial 95

MALMOE 95, März 2021

Die aktuelle Ausgabe ist nun schon die vierte innerhalb Coronas und auch die MALMOE-Redaktion marschiert schon längst auf dem Zahnfleisch. Weil kaum wer die Durchhalteparolen noch durchhält, drehen wir den Spieß einmal um und freuen uns – trotz all des nicht zu leugnenden Elends – über einen günstigen Nebeneffekt von Corona. Durch die Pandemie durfte die Öffentlichkeit lernen, dass politische Windbeutel eben Windbeutel sind. Ob Trump, Brexit oder die „Türkise Bewegung“ in Österreich. Der Erfolg des Rechts-Populismus liegt im Angriff auf die Wirklichkeit und damit ist er an der Wahlurne höchst erfolgreich gewesen. Gegen Viren ist er es aber nicht. Hier zählt plötzlich das wirkliche Handeln und nicht das Schaumschlagen. Die Versuche die alten Schmähs zu machen, entlarven sich zunehmend selbst und werden erfreulich schnell eingestellt. Dass das Virus im Herbst durch die „Balkanheimkehrer“ (©Sebastian Kurz) in Österreich verbreitet worden sei, war nach der x-ten Tirol-Panne, dann bald auch den Dümmsten zu doof.

Dieser neu erlernte „Wirklichkeitsbezug“ könnte sich nun günstig ausweiten und dem Rechtspopulismus seinen faulsten Zahn ausreißen: Das Schwadronieren über „unsere Kultur“. Für die interessieren sich Viren wenig. Vielmehr zeigen sie auf, dass es keine bessere Kultur gibt, sondern nur mehr oder weniger effiziente Maßnahmen. Als besonders effizient erweisen sich übrigens Solidarität und Zusammenarbeit, denn mit der Pandemie kommt kein Land allein klar. Daraus könnte, wer will, ja etwas lernen…

Bei MALMOE sind wir ungeheuer lernbegierig und lauschen deshalb auf die post-migrantischen Perspektiven. Die erzählen nämlich davon, wie schwer es ist in einer sich als fremd gebärdenden Gesellschaft Fuß zu fassen und wie wichtig es aber für alle ist, diesen Kampf um ein buntes Gemeinwesen nicht aufzugeben. Am Ende kann dann so eine herbe Schönheit entstehen wie der Wiener Stadtteil Favoriten, der als einer der wenige Orte Wiens diese gewisse New Yorker Coolness liefert, die es eben nie ohne Scherereien gibt. Favoriten gebührt deshalb der zweite Schwerpunkt dieser Ausgabe.

Ansonsten wünschen wir Lesevergnügen, freudiges Durchhalten und empfehlen erneut ein Abo.

Herzlichst
die MALMOE-Redaktion