MALMOE

Das krisenfeste AMS-Horrorskop

Gutes Timing ist beim Arbeitslosengeld das neue Zünglein an der Waage.
Skorpione zeigen sich mit erhöhtem AMS-Misstrauen ganz in ihrem Element.
Und Schütz_innen wissen den AMS-Algorithmus abzuschießen.

Waage (23.9.–23.10.)

Wie hoch wird mein Arbeitslosengeld? Die Waage muss neu justiert werden: 2015 erstmals beschlossen und am 1. Juli 2020 still und leise gestartet, liegt die Höhe des Arbeitslosengeldes nun in neuen Waagschalen. Als Referenz gelten keine ganzen Kalenderjahre (1.1. bis 31.12.) mehr, sondern das geht jetzt so: Der Monat, in dem der Antrag erfolgt, zählt nicht, die zwölf Monate davor zählen auch nicht, erst die zwölf Monate vor den zwölf Monaten zählen. Beispiel, Antrag am 24.9.2020: Es gilt das durchschnittliche Einkommen zwischen 1.9.2018 und 31.8.2019. Häh? Waag the fuck!? Lautet die Devise: Warum einfach, wenn’s auch kompliziert geht? Nein, der Hintergrund ist um einiges unangenehmer: Arbeitgeber_innen dürfen seit kurzem ihre Unterlagen gegenüber der Sozialversicherung bis zu einem Jahr nach der Arbeitsleistung straflos „richtigstellen“. Versicherung und AMS haben also erst nach einem Jahr korrekte Daten über das gemeldete Einkommen der Arbeitnehmer_innen. Wer kein regelmäßiges Einkommen oder die Chance hat, etwa den Start einer Bildungskarenz selbst zu definieren, sollte gut abwägen und genau messen, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist. #arbeitszeitaufzeichnung #gehaltsrechner

Skorpion (24.10.–22.11.)

Skorpione gelten uns Astrolog_innen als grundsätzlich misstrauisch – und haben derzeit besonders viel Anlass dazu: Was als arbeits(un)willig und verfügbar gilt, ist für erwerbsarbeitslose AMS-Kund_innen derzeit noch schlechter nachvollziehbar als vor der Covid-19-Pandemie. Termine am Amt sind die Ausnahme, Bewerbungsgespräche mangels verfügbarer Jobs dito. Wer derzeit ein Onlineterminfenster angekündigt bekommt und seitens des AMS dann doch nicht kontaktiert wird, ist gut beraten, telefonisch nachzufragen, damit es später nicht heißt, mensch sei unerreichbar gewesen. Die AMS-Mitarbeiter_innen werden intern nämlich offenbar nicht informiert, wenn z. B. ihr Server gerade down ist und somit Kontaktaufnahmen in den Wüstensand gesetzt werden. Telefonanrufe von Berater_innen passieren wiederum überfallartig, müssen aber – wahrscheinlich – als Termine ernst genommen werden, denn es droht die Einstellung des Geldes.

Nur bei der Zumutbarkeit von Arbeitsstellen gibt es derzeit einen Punkt, der zumindest auf den ersten Blick klar aussieht: Wenn der Betrieb die Covid-19-Schutzmaßnahmen für die Beschäftigten nicht umsetzt, kann die Stelle abgelehnt werden. Dasselbe gilt für Schulungseinrichtungen. Was, wenn Erwerbsarbeitslose fürchten, zu einer der Covid-19-Risikogruppen zu gehören, die vom Gesundheitsministerium definiert wurden? Das entsprechende Schreiben haben Arbeitslose nämlich nicht bekommen – sie müssen ihre Ärzt_innen aufsuchen, um ein Attest zu erhalten. Und selbst wenn Risikogruppe: In Betrieben, die die Schutzmaßnahmen einhalten, gilt die Arbeitsaufnahme trotzdem als zumutbar.

Mysteriös bleibt die Frage nach den Bewerbungslisten – mussten sie im Lockdown bis zum 18. Mai „kreativ“ weiterhin ausgefüllt werden? Interessant ist jedenfalls, dass selbst in einer behördlich angeordneten Heimquarantäne das Bewerben oberste Pflicht der Arbeitslosen bleibt.

Was Skorpionen von all dem abgesehen die Stacheln heuer besonders spitz zu Berge stehen lässt, ist die pandemische Einsicht, dass das AMS mit seiner grundsätzlichen Ausrichtung von größtmöglicher Kontrolle über seine „Kund_innen“ so gar nicht krisenfest ist. Dazu passt auch der Beinahe-Arbeitskampf im AMS rund um die Aufstockung von Planstellen – damit die Berater_innen Kontrolle und Sanktionsregime wieder ordentlich hinkriegen? Sieht so aus, denn für eine Abkehr vom grundsätzlichen Kontrollwahn im AMS und gegen existenzvernichtende Sanktionen, hat sich die Gewerkschaft nicht ausgesprochen – eine politische Neuausrichtung, die derzeit auch mit keiner Partei zu machen ist. #unzumutbar

Schütz_in (23.11.-21.12.)

Abgeschossen ist – vorerst – der AMS-Algorithmus zur automatischen Einteilung der Arbeitsuchenden nach Chancen am Arbeitsmarkt. Mitten ins Ziel getroffen hat aber nicht die politische Kritik, dass es nicht Aufgabe einer staatlichen Verwaltung sein kann, die vorhandenen Diskriminierungen am Arbeitsmarkt mit algorithmischen Parametern widerzuspiegeln und damit zu verfestigen. Nein, der passende Pfeil im Köcher war schlicht die sonst oft wenig geliebte Datenschutzgrundverordnung … Die allgemeine Einführung des AMS-Algorithmus wurde ja, Corona sei Dank, zunächst auf Jänner 2021 verschoben – und findet nun gar nicht statt. Die Entscheidung der Datenschutzkommission hat, wenn sie hält, jedenfalls weitreichende Konsequenzen und ist nicht nur für Erwerbslose ein Glücksfall. Ob das AMS dagegen beruft, ist allerdings in unserer Meteoritenkristallkugel noch nicht zu sehen. Alternativ könnte uns Schwarz-Grün auch eine neue gesetzliche Grundlage bescheren. Es gilt daher nicht nur für Schütz_innen wachsam zu bleiben und das
Ziel – das Ende aller Diskriminierungen am Arbeitsmarkt – weiter im Visier zu behalten. #zielwassertrinken

Dipl. Ing. Astro Malmoe Service (AMS), pandemisch-akademisch geprüfte Masters of Stars, MA

Disclaimer: Die zwölf Sternzeichen des westlichen Kulturkreises werden mittels des Geburtsdatums zugeordnet – genau wie in deiner AMS-Geschäftsstelle die Zuordnung zu deiner_m Betreuer_in. Ein Zusammenhang mit realen (Arbeits-)Biografien wäre in beiden Fällen also rein zufällig.