MALMOE

Philosophie in 
hegelianischer Bewegung

Kann man Hegel verfilmen? Muss man dann das Ende vorwegnehmen? Fragen über Fragen. Antworten aus Hegels Wissenschaft der Logik folgen

Ansich muss Für-sich werden, damit die Selbstbewegung des einen Bildes in ein anderes übergehen kann. Das wird unsere Struktur sein. Das Ansich wäre der unmögliche Film, der nichts außer sich selbst benötigt, um zu erscheinen und das Für-sich wäre die Eingebundenheit in eine Bedeutungswelt, die den Film vermittelt. Diese Eingebundenheit des Für-sich-seins wäre die Konstruiertheit, die sich in sich reflektiert und darin einen Übergang verkörpert.

Das hegelianische Denken ist unmittelbar filmisch, was wieder aufgehoben wird durch seine Vermitteltheit mit dem Außen des Films, dem Film als Außen. Das Außen des Films bedeutet seine Ineinanderwirkung von Kadrierung, also der Auswahl des Bildausschnitts, und Montage, die immer aufeinander verweisen und so in sich vermittelt sind. Will man aber hegelianisch denken, müsste das Einzelbild aus sich selbst heraus sich auf sich beziehen, um seine „Bestimmung” zu finden. Wo ist also der Unterschied zwischen einem klassischen Filmverständnis und einem hegelianischen? Am Ende wird heraus kommen, was am Anfang schon anwesend war, dass es keinen Hegel-Film geben kann, aber eine hegelianische Sicht auf Film, die in den Schnitt fällt. Oder? Muss sich diese Aussage nicht aufheben? Ja schon.

An der Veränderung des Ganzen kann man sehen, inwiefern der Übergang hegelianisch wird. Das Ganze des Films als Offenes verweist auf eine Außenwelt, die unabhängig vom Film oder durch den Film ein Außen in Form eines Offs bildet, das eine Welt unabhängig vom Film darstellt. Das wäre das klassische Verständnis. Wenn in der hegelianischen Version das Ganze zum Außen wird, dann gibt es keine Welt außerhalb des Erzählten, die sich aus den Bildern ableiten ließe. Also kein Hegel-Film. Oder? Den Film, der hier beschrieben ist, kann es so nicht geben, nur in Beschreibungen, die noch nicht den Wachzustand erreicht haben oder an den Grenzen des einen Mediums, der Sprache, in die wir auch immer schon vermittelt sind. Die Vermittlung, die hier passiert ist die Vermittlung der hegelschen Theorie mit einem bestimmten Film, der sie ausdrücken könnte. Diese müsste sich auch wieder aufheben und umkehren, also einen Film beschreiben, der den Übergang selbst einfangen kann. Das ist der kleinste Kreislauf, der sich unablässig verschiebt und nur das Vorangehen, den Übergang der Potentialität anzeigt. Der Hegel-Film würde versuchen einen Ausdruck für das Übergehen zu finden, das sich nicht eine Ursache setzen muss, sondern die Unmittelbarkeit und Vermittlung in sich selbst setzt, bis die Bewegung selbsttätig wird. Für die Vermittlung, das Medium, müsste es also immer unterschiedliche Ausdrücke geben. Was wäre dafür besser geeignet als das Medium Film, das Koexistenz und Veränderlichkeit in einem Bild gleichzeitig ausdrücken kann, im Gegensatz zur Sprache, die sukzessiv funktioniert. Man könnte sagen, dieser Ausdruck ist ein anderes Verständnis der Zeit, die im Film abläuft und sich die Bewegung untergeordnet hat. Eine Möglichkeit zum Übergang zu gelangen durch eine Beschreibung, die sich ständig verschiebt und anderen Beschreibungen Platz macht, die die erste negiert, ihre Abgeschlossenheit verfälscht und so weiter.

Man braucht das Andere, um das Erste zu bestimmen

Wie sieht nun ein hegelianischer Film an-und-für-sich aus? Nehmen wir an, dass die Bilder im Film unsere Gedanken vorwegnehmen, die Weise, wie sie zusammengefügt werden, also unsere Synthese der Bilder. Die Bilder treten an die Stelle unseres Denkens, jetzt sind wir selbst im Übergang, der von den Bildern vorgemacht wird. Wenn die Montage als organische Zusammensetzung erscheint, in der alle Bilder wechselseitig aufeinander verweisen und scheinbar kein Bild einem anderen widerspricht, sind wir beim klassischen Kino, in dem das Ganze das Offene ist, durch das die Bilder geordnet sind. Im hegelianischen Film passiert etwas anderes. Nach Hegel sind wir immer schon vermittelt, so auch in den Film und seine Bedeutungen, wie kommen wir aber zu dem Zwischenschritt zwischen zwei Bildern, der sie aufeinander bezieht? Es geht immer darum, welchen Übergang man setzt, um zu einem Einzelbild eine Vermitteltheit einzunehmen, ohne es durch etwas anderes vermittelt präsent zu haben. Es geht um die Differenzierung des Schnitts. Inwiefern kann der Schnitt einen Ausdruck dafür hervor bringen, dass ein Bild seinen Gegenstand ersetzt und immer wieder neu bestimmt? Dazu müsste der Film darüber reflektieren, dass seine Gebundenheit an andere Bilder, die Beziehung zwischen den Bildern, sein Außen ist und dadurch vermittelt/bestimmt ist. Also gibt es ihn doch? Der hegelianische Film würde seine Bilder nur absolut einzeln, ohne Verweis auf andere bestehen lassen. Das scheint unmöglich. Und doch muss dieser Schein wesentlich werden. Die Anleitung, wie ein hegelianischer Film aussehen müsste, habe ich aus der Wissenschaft der Logik extrahiert: Unmittelbar filmisches Denken heißt einen Übergang als Differenz, die sich selbst produziert, zu sehen. Einzelbilder sind immer schon auf die Vermittlung der Montage bezogen, sodass der Film nicht Einzelbilder aneinanderreiht, sondern einen Schnitt in der Zeit ausdrückt. Vermittlung bedeutet, dass etwas (hier ein Bild) bestimmt wird über etwas anderes, man braucht das Andere, um das Erste zu bestimmen. Ein einzelnes Bild aus einem Film bekommt erst seine Richtung, wenn es sich zu den anderen verhält. Dadurch wird das Einzelne von außen, von dem Gesamten der Montage bestimmt und ist so unmittelbar. Der hegelianische Schnitt führt ein unüberwindliches Intervall ein, einen Abstand, der die Bewegung des Films selbst ausdrückt. Man fällt sozusagen in die Mitte, in die Vermittlung, die man herzustellen immer wieder gezwungen wird. Es ist ein unsehbarer Film, der sich in den unsehbaren (aber möglicherweise denkbaren) Zwischenraum der Bilder verschiebt und das Ganze als das Außen, das Außen an sich verirrt. Das Gezeigte im einzelnen Bild hätte keine Beziehung zu einem denkbaren Ganzen, da sich der Fokus auf den Zwischenraum zwischen die Bilder gemischt hat. Das in-sich-reflektierte einzelne Bild würde ständig neu gesetzt werden. Das eine Bild, kann sich als einzelnes erfahren und trotzdem alle anderen in sich aufnehmen. Der hegelianische Film also doch unmöglich zu sehen? Die Antwort wäre, der hegelianische Film ist nicht sehbar, aber durch ständige Vermittlung, die sich aufhebt, erfahrbar. Und das Ende ist immer schon vorweggenommen und im Anfang präsent.