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Komplexität

Becoming Digital (0x0D)

Eine zentrale Herausforderung für digitale Projekte ist das Erstellen und Verfügbarmachen von Daten in hoher Qualität. Erst auf solcher Basis lassen sich weiterreichende Analysen durchführen. Hilfreich dafür ist die Verwendung von strukturierten Daten. Darunter wird grob die Eingabe von Informationen in einer vorgegebenen Form verstanden, die zudem Kriterien der digitalen Auffindbarkeit entsprechen. Wird zum Beispiel der Name einer Person verzeichnet, dann sollte ein vereinbartes Schema verwendet werden, wie die Trennung von Vor- und Nachname beachtet werden. Zur Definition von Eingaberegeln und zur Gewährung der Austauschbarkeit von Informationen wird ein Datenmodell erstellt, das die Struktur der Daten vorgibt. Impliziert wird damit ein Weggang von deskriptiven Texten, die zwar für Menschen – traditionellerweise – meist das einfachste Mittel zur Dokumentation sind, aber für Maschinen ungeeignet sind.

Mit diesen strukturierten Daten geht eine Komplexitätssteigerung einher. Nicht nur weil statt eines bloßen Schreibens von Text nach einem Muster vorgegangen werden muss, sondern auch weil die Modellierung keine einfache Aufgabe darstellt. Zumindest wenn eine Weiternutzung von Daten vorgesehen ist. Das Strukturieren von Informationen ist durchaus nachvollziehbar, denn besonders in den Geistes- und Kulturwissenschaften ist der Versuch der Einsicht in menschliche Verhältnisse ein grundsätzlicher Forschungsantrieb. Um sich der „realen“ Welt im Digitalen anzunähern, bedarf es einer ständigen Komplexitätssteigerung. Das Abbilden einfacher Beziehungen stellt nur kurzfristig zufrieden, der Wunsch nach komplexen Bestimmungen folgt darauf. Mag ein solcher Ansatz durchaus zur Hybris neigen, so folgt er doch einer digitalen Logik. Wenig überraschend geht damit eine technische Spezialisierung einher, der der Wunsch nach Allgemeingültigkeit der produzierten Daten gegenübergestellt ist.

Nun ist Komplexitätssteigerung in vielen Gesellschaftsbereichen ein eifrig diskutiertes Phänomen. Einher geht damit oft eine gewisse Hilflosigkeit, wenn sich statt einfacher Antworten eine Verschränkung mit vielen anderen, zuvor unberücksichtigt gebliebenen Punkten aufdrängt. Das Gefühl eines Fasses ohne Boden stellt sich ein. Klimadebatten und die Beschäftigung mit den Folgen anthropozäner Eingriffe sind ein aktuelles Beispiel dafür. Ähnlich ist es auch in digitalen Projekten, die mehr und mehr Komplexität annehmen. Die „digitale Kluft“ nimmt zu und sorgt für angespannte Beziehungen zwischen Forscher_innen und Techniker_innen. Nicht ohne Grund läuft dies parallel mit gesellschaftlichen Auseinandersetzungen hinsichtlich der digitalen Plattformen der sozialen Medien und deren evozierten Phänomenen. Wobei in all diesen Fällen gilt, dass die Verantwortung für einen Ausgleich zwischen den gegenüberstehenden Positionen durch die Komplexitätssteigerung erschwert wird. Selten begreifen die Macher_innen von digitalen Produkten die angestoßenen Effekte und noch seltener gelingt eine gezielte Steuerung oder Korrektur. Was nicht bedeutet, dass ihnen damit die Verantwortung entzogen wäre, es bedarf aber veränderter Formen der Auseinandersetzung damit, wie auf solche Phänomene gesellschaftlich und individuell reagiert werden soll.