MALMOE

Wien traut sich

Bike.Polo.Stadt #16

Wien traut sich das erste Mal! Graz hat sich schon getraut, Budapest und Zagreb auch, Prag sowieso – jetzt also auch Wien. Wir veranstalten unser erstes großes internationales Bikepoloturnier, offen für alle SpielerInnen weltweit.

Nachdem wir GastgeberInnen einiger spezifischerer Turniere, wie zum Beispiel der auch für Nachbarländer offenen Österreichischen Meisterschaft oder dem Hells Belles, dem international größten Frauenturnier waren, und seit fast zwei Jahrzehnten Bikepolo in dieser Stadt  gespielt wird, war es dringend an der Zeit, alle Bikepolo-SpielerInnen nach Wien einzuladen.

Bikepoloturniere werden, wie der gesamte Sport, von den SpielerInnen selbst organisiert. Es gibt keine Förderungen, keine dezidierten Spielstätten, keine FunktionärInnenstrukturen, in Österreich ist die Sportart trotz 130 Jahre alter Geschichte nicht einmal als Sport anerkannt. Das birgt gewisse Probleme, bietet aber auch tolle Möglichkeiten. Wie ich finde, die beste: Wir können alles so machen, wie wir wollen! Für unser Turnier haben wir uns den Namen Brieflos ausgesucht, Untertitel mit dem spezifischen Wien-Flair: Hearst Oida, ur leiwand.

Häufig gilt bei Bikepoloturnieren das „First come, first serve“-Prinzip, nerviges Anmeldeprozedere mitten in der Nacht vorprogrammiert. Wir wollten das anders machen und haben uns für eine Losziehung aller in Briefform eingelangter Anmeldungen entschieden – deshalb Brieflos. Über 30 schön gestaltete Briefe sind eingelangt, daraus haben wir 18 Teams aus 14 verschiedenen Ländern gezogen. Das am weitesten entfernte ist sicherlich Australien (auch wenn die SpielerInnen nicht direkt von dort anreisen), aber auch aus Estland oder Rumänien ist es ein weiter Weg, um Polo zu spielen.

Eventuell wurde es in dieser Kolumne schon das eine oder andere Mal erwähnt: Bikepolo ist kein Massensport, zumindest nicht in der westlichen Welt. Wir sind wenige, auch international. Turniere sind DIE Gelegenheit, sich auszutauschen und Zeit mit Gleichgesinnten zu verbringen. Sie sind also weit mehr als nur sportliche Ereignisse. Unter BikepolospielerInnen gilt ein chilliges Gastrecht – wir beherbergen uns gegenseitig. Wird an dem Ort, an dem du bist, Polo gespielt, findest du als PolospielerIn immer ein warmes Bett und sozialen Anschluss. Dementsprechend wichtig ist bei Polo Turnieren die Planung außerhalb des Courts. Es gibt an den Abenden gemeinsame Partys, für warme und energiereiche Verpflegung beim Court will gesorgt sein und da wir gleichzeitig SpielerInnen und unsere größten (und fast einzigen) Fans sind, braucht es auch eine grundsolide Bierversorgung. Anfeuern macht bekanntlich die Kehle trocken.  

Auch am Court können wir uns vieles nach Lust und Laune aussuchen. Grundsätzlich gelten natürlich die internationalen Bikepoloregeln, aber der Spielmodus ist den jeweiligen GastgeberInnen überlassen. Grundsätzlich wird fast immer versucht, allen Teams in etwa gleich viel Spielzeit zu ermöglichen. Es liegt in der Natur der Sache, dass die besseren Teams öfter spielen dürfen/müssen, aber gefinkelte Modi ermöglichen auch den schwächeren Teams viel Zeit am Court – und damit die Chance, mehr Erfahrungen zu sammeln und besser zu werden. 

Überhaupt: Der Antrieb, beim Polo besser zu werden, liegt im Sport selber. Einen gewissen, und sei es nur sich selbst gegenüber, kompetitiven Charakter gibt es natürlich, das ist auch gut so, aber da niemand um Geld (um welches auch?) wetteifert, dominiert die gegenseitige Unterstützung. Natürlich wäre es schön, wenn wir BikepolospielerInnen auch mehr Unterstützung von staatlicher Seite bekämen, aber der DIY-Geist und die damit einhergehende starke Community ist mindestens genauso schön! Die Freiheit, gemeinsam unsere Turniere so gestalten zu können, wie uns SpielerInnen gerade der Kopf steht, bieten nicht viele Sportarten. 3, 2, 1, … Hearst oida, ur leiwand!