Beginnt die Fastenzeit, sind moralinsaure Botschaften der Kirchen nicht weit. Dieses Jahr haben sich die Katholerer und die Lutherischen erneut zusammengetan, um die Aktion „Autofasten“ zu propagieren. Die Aktion soll dazu motivieren, „während der Fastenzeit den eigenen ‚Autoreflex‘ zu hinterfragen“, heißt es auf der Website der Erzdiözese Wien.
Abseits von der Entlehnung des Wortes „Autoreflex“ aus der Kameratechnologie, besteht die Leistung der Kirchen in diesem Fall mal wieder darin, einen relevanten Player der Zivilgesellschaft zu mimen, indem man für ein Anliegen – Warnung vor dem Klimawandel – eintritt, das ohnehin in aller Munde ist und mit dem man es sich mit den Herrschenden nicht groß verscherzt, wenn man vor Ostern mal kurz darauf hinweist. Es wird sogar zum Unterschreiben einer sogenannten Autofastenpetition aufgerufen, in der „umfassende Klimamaßnahmen im Verkehr gefordert werden“. Man kann sich das Gesicht von Verkehrsminister Norbert Hofer gut vorstellen, wenn ihm eines Tages die Petition überreicht wird und ersagt: „Joo, schauma eh drauf.“
Autofasten bedeutet ansonsten, dass man in den 40 Tagen zwischen Aschermittwoch und Ostern statt des Autos möglichst den Bus, die Bahn oder das Fahrrad benutzt. Das reizt den Möglichkeitsraum, der den reformerischen Kräften in der Kirche zugestanden wird, mehr oder weniger aus, und es ist ja schon löblich, wenn sich nur eine Handvoll der letzten verbliebenen Anhängerinnen und Anhänger dieses Vereins die Botschaft tatsächlich zu Herzen nehmen. Klimafreundliche Pfaffen haben es grundsätzlich einfach, sie haben ihre Wohnung nämlich meist in der direkten Umgebung ihres Arbeitsplatzes. Nicht wenige Gläubige aber leben in der ländlichen Einöde und haben es deshalb nicht so leicht, sich zum Arbeitsplatz oder zur Verwandtschaft mit Bus, Bahn oder Fahrrad zu bewegen.
In Städten verschreiben sich mehr und mehr Menschen ohnehin dem Kirchenfasten, also dem Bestreiten des Alltags ohne dabei Ratschläge von der Kanzel zu berücksichtigen. Dieses Kirchenfasten unterscheidet sich von allen anderen Arten des christlichen Fastens primär dadurch, dass man es nicht nur 40, sondern 365 Tage im Jahr durchzieht.