MALMOE

Eine ­Geschichte aus Österreich

In ihrem neuen Roman Vater unser erzählt Angelika Lehner die sehr österreichische Geschichte einer Frau, die nicht vorhat, aufzugeben

Eva Gruber sitzt auf dem Rücksitz eines Polizeiautos und wird aus dem Dorf in Kärnten, in dem sie einen Teil ihrer Kindheit verbracht hat, nach Wien ins Otto-Wagner-Spital gebracht, oder OWS, wie die Insider_innen es nennen. Hat sie wirklich eine ganze Kindergartenklasse erschossen, wie sie gegenüber dem Psychiater Korb behauptet? Oder hat sie vor, den Vater zu töten, wie sie ihrem jüngeren Bruder Bernhard erklärt, der sich aufgrund seiner Magersucht in genau demselben Spital befindet? Was ziemlich schnell klar wird, ist, dass sie in der Nähe ihres Bruders sein will. Dass sie für ihn da sein will und zu diesem Zweck auch zu weniger heiligen Mitteln greift.

Eva Gruber lässt sich Schikanen so wenig gefallen, wie es nur möglich ist und bietet dem Krankenhauspersonal mit Zynismus und Durchhaltevermögen die Stirn.

Durch Angelika Lehners Roman ziehen Jörg-Haider-Schreine mit Rosenkranz und Spitzendeckerl, gewalttätige Eltern, wenig ernstzunehmende, aber nichtsdestotrotz gefährliche Uniformierte – eine Kulisse wie in einem (feministischen) Wolf-Haas-Krimi, als Protagonistin eine junge Frau, die mit aller Kraft versucht, ihren Bruder und sich selbst aus einer Vergangenheit zu retten, derer sie sich selbst erst gewahr werden muss.

Ohne die rotzige, manchmal humoristische Erzählstimme Eva Grubers wäre die Lektüre nur schwer zu ertragen. So ist eine unglaublich beeindruckende Geschichte entstanden, die unterhält und berührt zugleich.

Angelika Lehner: Vater unser. Hanser, Berlin 2019, 22,70 Euro. Selbstverständlich erhältlich in der Buchhandlung ChickLit, Kleeblattgasse 7, 1010 Wien.