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Becoming Digital (0x0A)

Ende November wurde in Wien im Rahmen der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft offiziell die European Open Science Cloud (EOSC) gestartet. Mit diesem von der Europäischen Kommission großzügig unterstützten Projekt, soll Forschung auf eine neue digitale Grundlage gestellt werden. Bisher wurden solche digitalen Infrastrukturen parallel aufgebaut und nach Disziplinen bzw. Forschungsfragen unterschieden. Nun wird auf eine einheitliche Plattform gesetzt, in der alle europäischen Forscher_innen ihre Forschungsdaten ablegen können. Darüber hinaus sollen Services angeboten werden, mit denen die Daten zudem analysiert und weiterverarbeitet werden können. Kurzum, es soll ein „Single Market“ für die europäische Forschungslandschaft geschaffen werden.

Grundpfeiler von EOSC sind neben der Bereitstellung einer technischen Infrastruktur die Unterstützung von Open Science und die Verpflichtung auf die FAIR data principles (Findable, Accessible, Interoperable, Reusable). Anders wäre eine solch groß dimensionierte digitale Plattform für Forschungsdaten wohl auch nicht umzusetzen. Bezeichnend ist hierbei, dass im Gegensatz zur zuletzt im EU-Parlament diskutierten Copyright-Richtlinie, in der Leistungsschutz und Urheber_innenrechte eine zentrale Rolle spielen, im Bereich der Forschung auf eine Eigenverpflichtung zur freien Verfügungsstellung von Forschungsergebnissen gesetzt wird. Anstatt Rechtsgrundlagen und alternative Finanzierungsmodelle zu entwickeln, die das Copyright-Regime unterlaufen, werden von einer Mehrheit im EU-Parlament fragwürdige Upload-Filter und die rechtliche Praxis der Abmahnung unterstützt. Mag dies im Bereich der Naturwissenschaften von geringerer Bedeutung sein (hier sind es oft Patente, die eine bedeutende Rolle einnehmen), so ist die kulturwissenschaftliche Forschung damit konfrontiert, dass es nicht ohne hohe Abgeltungszahlungen möglich ist, zum Beispiel eine filmwissenschaftliche Forschungsarbeit mit Stills aus einem aktuellen Film zu veröffentlichen. Es ist dies ein Widerspruch, auf den die Selbstverpflichtung zur freien Veröffentlichung der selbst erstellten Daten nur unzureichend reagieren kann. Das zeigt sich auch am Beispiel der abzusehenden Konfiguration der EOSC.

Zwar ist die Plattform selbst noch in Entwicklung begriffen, die ersten nun vorgestellten Komponenten lassen aber erahnen, welche Absichten mit der EOSC neben Open Science und FAIR eben auch verfolgt werden. Veröffentlicht sind zum einen der EOSC Katalog, der eine Übersicht über die verfügbaren Dienste und Ressourcen anbietet (und somit eine Art Leistungsschau präsentiert) und damit verbunden der EOSC Marktplatz, der das aktuelle Herzstück darstellt. Auf diesem werden auf Basis von Angebot und Nachfrage die Forscher_innen mit digitalen Dienstleister_innen verbunden. Dies inkludiert explizit nicht nur Institutionen aus dem öffentlichen, sondern auch aus dem privaten Sektor. Anstatt in der Forschungsförderung auf den ebenso fragwürdigen Wettbewerb zwischen verschiedenen digitalen Infrastrukturen zu setzen, werden diese nun auf eine einzelne Plattform verpflichtet, in der digitale Dienste und angehäufte Datensammlungen im Wettbewerb nicht nur zueinander, sondern auch mit den Angeboten von Unternehmen stehen. Zu befürchten ist, dass damit letztlich eine neue Möglichkeit für den kommerziellen Markt geschaffen wird, sich mit Hilfe der EOSC von Forscher_innen für Dienste bezahlen zu lassen. Was letztlich auf eine Umverteilung von öffentlichen Fördermitteln zu privaten Unternehmen hinausläuft.

Link zum EOSC Portal: https://eosc-portal.eu/