MALMOE

Berlin – New York – Wien

Regierungsspitzen (#8)

Berlin

Angela Merkel tritt als Parteivorsitzende der CDU und als Bundeskanzlerin zurück. Grund genug in einer Regierungsspitze x-large auf die Schneise der Zerstörung zu blicken, die „Mutti“ und ihr unnachahmlicher Regierungsstil hinterließ. Als junge Frau war Merkel bei der FDJ zuständig für „Agitation und Propaganda“, sie hielt das Ende der DDR für unmöglich und schickte sich an, im „Realsozialismus“ Karriere zu machen. Einem typisch deutschen Schicksal folgend, war sie nach der für sie überraschenden „Wende“ ebenso erfolgreich, weil Opportunismus und Anpassungsfähigkeit stets mehr zählt als Überzeugungen. Dissident_innen, die für Demokratie in der DDR kämpften und in Bautzen gefoltert wurden, haben später in Gesamtdeutschland keine Posten erhalten, weil gegen das System zu sein, auch vom neuen System bestraft wurde, Mitschwimmen aber belohnt. Merkel selbst konnte keine Überzeugungen verraten, weil sie nie welche hatte (Volker Pispers). Darin lag ihr Erfolg begründet. Alles was sie tat, war streng an ihrem persönlichen Erfolg geeicht. Als es opportun war, sich um die Umwelt zu sorgen, stellte sie sich als „Klimakanzlerin“ auf eine Eisscholle und verkündete folgenlose Absichtserklärungen. Später zwang sie die Mitglieder der europäischen Union Steuernachlässe für die Dieselmotoren deutscher Produktion zu erlassen. Selbst wenn sie manchen Betrug der Automobilbauer geglaubt hat, hätte sie als promovierte Physikerin wissen müssen, dass giftige Gase emittierende Verbrennungsmotoren niemals „green energy“ sind. Ihre Physikkenntnisse hielten sie auch nicht davon ab, zunächst die Laufzeiten deutscher Kernkraftwerke bis in die zweite Hälfte des 21. Jahrhunderts verlängern zu wollen, um sie dann nach Fukushima doch schnell abzudrehen. Die Kraftwerkskatastrophe in Japan sei angeblich „von niemandem vorhersehbar gewesen“. Nun, außer vielleicht von den Tausenden die jahrzehntelang für den Atomausstieg demonstriert hatten. Alles typische Merkel-Moves. Letztlich war sie Verteidigerin deutscher Industrieinteressen und ließ den frustrierten Folterknecht Wolfgang Schäuble auf die Länder Europas los, die dem Austeritätsdiktat nicht Folge leisten konnten, weil ihnen deutsche Handelsüberschüsse die Möglichkeit nahmen ihre Schulden zurückzuzahlen. Weil sie diesen Zusammenhang nie kapieren wollte oder konnte, hat sie die Europäische Union weitgehend erledigt. Einmal wirkte sie persönlich zerknirscht, als sie in holprigen Worten einem tränenüberströmten Flüchtlingskind sagen musste, „es können doch nicht alle bleiben“. Wenige Monate später ließ sie die Grenzen offen und ermöglichte Hunderttausenden die Flucht nach Deutschland. Das war richtig. Dumm nur, dass Merkel ihrem „Wir schaffen das“, nie Taten folgen ließ. Es wurde finanziell bei Unterbringung und Beschäftigung geknapst und durch Asylverschärfung von Regierungsseite Stimmung gegen die Fremden gemacht. War also alles schlecht an Mutti? Nein, etwas musste der „schwarzen Witwe“ (interner Parteiname) zu Gute gehalten werden, sie hatte durch geschickte Intrige Friedrich Merz, den herzlosesten Höllenhund des Neoliberalismus verhindert. Der wird jetzt wohl ihr Nachfolger. Good Night, Germany.

New York

Die Vereinten Nationen wollen einen Migrationspakt erlassen. Noch vor einem Jahr unterstützten 192 von 193 Mitgliedsstaaten (alle außer den USA) den Entwurf, allerdings nur auf Expert_innenebene. Die österreichische Bundesregierung verweigere sich dem Pakt in einem Akt engstirniger Dummheit. Die „Souveränität“ Österreichs sei in Gefahr. Zu den Waffen Hinterwäldler! Kurz und Co ließen sich von ausgewiesenen Experten rechtsradikaler Totalverblödung (Martin Sellner) einreden, die „Globalisten“ (d. h. die Juden) wollten Österreich verpflichten, sich die Migrationsgesetze von anderen schreiben zu lassen. Oje. Der Pakt sollte eine bloße Absichtserklärung sein, in dem dezidiert festgehalten wird (siehe Punkte 7, 15c und 41), dass nationales und EU-Recht niemals überlagert werden würde. Ansonsten würden überstaatlich eben Menschenrechte und Genfer Flüchtlingskonvention gelten (an die sich eh kaum gehalten wird). Warum dieser Pakt dann überhaupt? Nun, es sollte um so etwas wie internationale Zusammenarbeit, Abstimmung und einen gewissen „moralischen Druck“ gehen. Zusammenarbeit, Moral? Aber doch nicht mit King Kurz und seinen idiotären Ratgebern. (siehe auch Kommentar auf S. 3)

Wien

Birgit Hebein wurde zur Vorsitzenden der Wiener Grünen gewählt und zeigt wie nah man in Österreich an Grassroots-Bewegungen kommen kann. Da der Wahlmodus auch für Nicht-Parteimitglieder geöffnet wurde, konnte sich die linke Aktivistin Hebein durchsetzen, die in der Friedensbewegung, im Wiener KZ-Verband und bei der grünen Gewerkschaft soziale, antifaschistische und progressive Netzwerke gebildet hat. Der notwendige Linksruck, den die SPÖ verschläft, wird jetzt von den Grünen vollzogen, die zuletzt in ihren zahlreichen Regierungsbeteiligungen intellektuell versulzt waren. Ein echter Hoffnungsschimmer!