Seit vielen Wochen habe ich sie nicht mehr gesehen. Sonst bemerkte ich mehrmals täglich ein vierbeiniges Schnauben an meiner Wohnungstüre, gefolgt von den Schritten meines Nachbarn. Nun sind beide nicht mehr da. Dabei hatte alles so schön begonnen.
Als ich einzog, herrschte Finsternis. Der begegnete ich mit einer neuen Glühbirne in der gemeinsam genutzten Gangtoilette. Gegen die restliche Finsternis half nur pure Chemie. Die nachbarlichen Gespräche waren schnell auf den Kampfhund gekommen, dessen Namen ich mir jedoch nicht merken wollte. Stets hielt ich ihm tapfer meine Hand entgegen, die er nicht schüttelte, aber auch nicht biss. Auch mit seinem Besitzer gab es gelegentlich durchaus erbauliche Begegnungen, wenn er mich beispielsweise frühmorgens von einer langen Barschicht und diversen Substanzen gezeichnet mit einem Säckchen Gras in der Hand lallend aus der Wohnung klingelte. Und dann die letzte Begegnung. Wegen des Hundes sei er 13 Jahre in Wien geblieben. Am folgenden Morgen werde er ihn einschläfern lassen, dann zurück nach Irland gehen.
Seitdem entferne ich täglich die Werbung von seiner Wohnungstür und lausche, ob er nicht doch zurückgekehrt ist. Mit wem werde ich künftig die Toilette teilen?