Als sich stets von Vereinsamung bedroht sehender Mensch kommt mir das Lebenskonzept von Wohngemeinschaften sehr entgegen. Von Anfang an, also mit dem Ende der mütterlichen Unterkunft, wollte ich nichts anderes als einen wohngemeinschaftlich geteilten Herd und Tisch. Wien hat mich dabei vor Herausforderungen gestellt, als ich im Jahr 2003 hierher kam. Die etwa 200 000 Gemeindewohnungen der Stadt sind nur bedingt für WGs nutzbar, aus der Besetzungsgeschichte der 70er bis 90er Jahre blieb bloß ein einziges Wohnprojekt bestehen und auf einen Wagenplatz hätte ich auch dann nicht ziehen wollen, hätte es damals einen gegeben. Damit blieben die Möglichkeiten auf den privaten Wohnungsmarkt beschränkt, so weit, so mies. So wunderbar aber die bestehenden menschlichen Kontakte – für ein kooperatives Miteinander essentiell. Meine frühere Mitbewohnerin und heutige Nachbarin begann bald den Wohnraum in unserem Mietzinshaus umzuverteilen.
Da das Kapital nicht in ihren Händen lag, galt es aufmerksam und überzeugend zu sein, um freiwerdende Wohnungen mit Freund_innen zu belegen. Die Strategie der Wiener Schnecke, die lange Zeit aufging. Auf dem Höhepunkt der goldenen Jahre waren wir zehn Erwachsene und eine wachsende Anzahl Kinder, auf sechs Wohnungen und drei Stockwerke verteilt. Der Wohnraum blieb relativ stabil, die Menschen wechselten und wir waren viele, die sich gegenseitig besuchten und bekochten und gemeinsam betranken. Ein verbindendes Mitglied, Wenzel, der Kater, suchte die verschiedenen Wohnungen heim, wenn er auch gelegentlich mit einem Hausverbot aus ihnen verbannt wurde.
Es geht nicht gut weiter: Wenzel ist gestorben (es tut mir leid) und der Kapitalismus ist ein Hund. So wurde unserem Vermieter wohl irgendwann bewusst, dass er es mit einer relativ großen, solidarischen und eng verbundenen Gruppe von Mieter_innen in seinem Haus zu tun hatte. Eine für ihn wesentlich undurchsichtigere Gruppe als die der Eigentümer*innen der neu gebauten Dachgeschosswohnungen. Unsere Gruppe ist im Schrumpfen begriffen, bei Neuvermietungen schauen wir durch die Finger und die Möglichkeit, Druck auf den Eigentümer auszuüben, schwindet. Aber es endet nicht und schon gar nicht schlecht: Wir sind immer noch da und haben einander – und vielleicht gibt es irgendwann wieder ein Kätzchen.