MALMOE

Alle irgendwo angrennt

Poesiealbum Schwarz-Blau (#4) – Neue Einträge ins österreichische Stammbuch im irritierend warmen September 2018.

Supersauber

Der große Knappser Kurz, der überall spart und streicht was nur geht, nimmt es – natürlich – bei sich selbst nicht ganz so genau. Er verordnete seinem Bundeskanzleramt 42 Millionen Euro extra, ohne genauere Angabe von Gründen. Nach intensiver, monatelang unbeantworteter Nachfrage des Journalisten Gerhard Leeb, ließ das BKA verlauten: „Mit den Budgetmitteln werden vonseiten des Bundeskanzleramtes Projekte mit besonderer gesellschaftspolitischer Relevanz umgesetzt, deren Finanzierung noch zu konkretisieren und im Einzelfall noch vertraglich zu fixieren ist.“ Hierfür darf, ganz klar und ohne großes Zögern, ein „Supersauber-Siegel“ verliehen werden. Weil warum erst auf die „gesellschaftspolitische Relevanz“ warten, wenn das Geld schon vorher überwiesen werden kann? Was Kurz und Co. hier veranstalten, ist lupenreiner Haiderismus, bei dem sich einfach einmal Millionenbeträge selbst zugeschanzt werden. Nachher darf dann geschaut werden wo das Geld geblieben ist. In der Korruptions-Staatsanwaltschaft können sie schon mal mit dem Bleistift-Spitzen beginnen. Allerdings nur sofern die neue Regierung überhaupt genügend vom Rechtsstaat stehen lässt und nicht gewisse Teile der Strafverfolgung Opfer einer großzügigen „­Liberalisierung“ werden.

Koloniale Fantasien

Was geht in FPÖ-Funktionär*innen eigentlich so vor? Wir bekommen langsam eine Idee davon, denn schließlich darf heute alles gesagt werden. FPÖ-„Wehrsprecher“ Reinhard Bösch lebte kürzlich ganz offen seine kolonialen Fantasien aus. Im Interview mit der Neuen Vorarlberger Tageszeitung sprach er davon, dass in Nordafrika notfalls „mit militärischen Kräften ein Raum in Besitz“ genommen werden müsse, um dort Lager für Flüchtlinge errichten zu können (Neusprech für Internierungslager lautet übrigens „Anlandeplattformen“). Obwohl das Interview, in dem Bösch eindeutig von militärischer Besetzung spricht, auf YouTube nachzuhören ist, bestreitet er, es je so gesagt zu haben. „Cool down“, beschwichtigt Taser-Opfer Harald Vilimsky auf Twitter, weitere Empörungen seien nicht notwendig. „Nicht meine Angelegenheit“, sagt Kanzler Kurz dazu, wie gewohnt knapp, ist doch die Entwicklungszusammenarbeit ohnehin der elegantere Weg, europäische Interessen auf afrikanischem Boden umzusetzen.

Welpenmafia

Apropos jeden Irrsinn einfach mal laut aussprechen. „Hunde mit Migrationshintergrund“ würden österreichischen Hunden zunehmend den Platz in den Tierheimen wegnehmen, so der niederösterreichische FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl über die Machenschaften einer angeblichen kriminellen „Welpenmafia“, die in seinem Kopf laut bellt. Der verdiente Spott bleibt aber im Hals stecken: Waldhäusl sei Dank, durfte in jüngster Zeit öffentlich über eine Registrierung von Jüd*innen und Muslim*innen diskutiert werden, damit diese koscheres bzw. Halal-Fleisch beziehen können. Aktuell fordert er, dass Asylwerber*innen tagsüber in ihren Quartieren bleiben müssen, will eine Registrierung ihrer Vermögenswerte und droht privaten Unterkunftgeber*innen Strafe an, wenn sie nicht bereit sind, diese Kontrollen umzusetzen. Grundrechte für Menschen sind jenen, die sich um die Rechte österreichischer Hunde sorgen, anscheinend komplett egal.

Eine Bombe für Putin

Nach der Hochzeit der österreichischen Außenministerin Karin Kneissl überschlug sich die Begeisterung ihres Hofkochs Heinz Preschan: „Es hat allen Bombe gefallen“. Die Bombe, die da auf die Steiermark niederging, war übrigens Wladimir Putin, dessen „Ausstrahlung“ einfach „ein Wahnsinn“ sei und mit der Bombenstimmung gab es eine „Bombenwerbung“ für die ganze Region. Alle, restlos alle, waren komplett begeistert. So ist das eben in totalitären Regimen. Ein höfischer Knicks der demokratisch gewählten Außenministerin vor dem durch Wahlmanipulation bis zum Sankt Nimmerleinstag im Amt bestätigten Zaren zeigt an, wohin die Wanderung geht mit dieser Regierung. Zunächst – dies ist ein Spezifikum des neuen Totalitarismus – geht es nur ums Geschäft. Die meisten Zeitungen in Österreich würdigen „ausgewogen und kritisch“ wie viel ein solcher Putin-Besuch für eine Region bringen kann. Die russischen Ausbeutungseliten würden schließlich nach Investitionsmöglichkeiten suchen und Austria nimmt das Oligarch*innengeld gerne. Alle Miesmacher*innen sollen erstmal einen ähnlich großen Fisch an Land ziehen. Um nicht zu sagen „herbeibomben“. Darüber hinaus machen alle gerne beim Spiel von Putin mit, der das liberale, weltoffene, nicht-homophobe und nicht-rassistische Europa bekämpfen will, indem er es spaltet. Schlauerweise nimmt er jene Regierung, die mit einem ehemaligen Neo-Nazi an der Spitze und einem erbarmungslos karriereorientierten Opportunisten (richtig, beide standen bei der Hochzeit fein Spalier) gerne bereit ist, ihn zu hofieren. Im Moment ist Österreich eben das leichteste Opfer in Europa. Tatsächlich hat in dieser Regierung keine und keiner mehr ein „Problem“ mit Putin. Der Koch Heinz Preschan plauderte am Ende enthusiasmiert aus dem Nähkästchen und erzählte, wie vor der Party russische Mediziner seine Küche inspiziert hatten. Die Hygiene hätten sie angeblich kontrollieren wollen. Vielleicht wollten sie aber auch inmitten des leicht durchgedrehten Küchenteams sicherstellen, dass die Eisbombe ohne Nervengas serviert wird.

Türkis-blaue SPÖ

Bei der Wiener Sozialdemokratie stellt sich zuweilen die Frage, ob sie für ihre Blödheit bezahlt wird. Vermutlich nicht, sie ist einfach naturblöd. Gerade versucht sie mit Verboten auf sich aufmerksam zu machen, die den türkis-blauen Maßregelungszwang imitieren. Dabei wird echter Klassenhass geschürt. Jüngstes Beispiel ist der Kampf gegen „Düfte in der U-Bahn“. Die Sorgen der Roten möchte man haben! Da werden von der umtriebigen Stadträtin Deos verteilt und der Verzehr von Döner verboten. Ob dies auch noch eine rassistische Dimension hat, sei dahingestellt. Afrikaner*innen und Araber*innen stechen bekanntlich vielen autochtonen Austriak*innen in die Nase – wegen Essen und Achsel. Was aber gewiss ist: Wer den Tag am Bau geschuftet hat, riecht zuweilen schlecht. Wer von Job zu Job hetzt, hat nur in der U-Bahn Zeit zu essen. Jetzt werden diese armen Schweine von der SPÖ geächtet und bestraft. Kurz und Strache kugeln sich vor Glück. Sowohl türkise Miese wie neunmalschlaue Blaue wissen: Früher haben die Ausgebeuteten SPÖ gewählt. Damit ist jetzt wohl endgültig Schluss.