Der Streik im Sozialbereich hat gezeigt: KlientInnen, Angehörige und BetreuerInnen können gemeinsam für das nötige Geld und für grundlegende Veränderungen kämpfen
Worum geht’s? Es geht ums Geld!
Wir wollen mit Streiks raus aus der Armutsfalle. Wir brauchen mehr Lohn und Gehalt. Dank des Streiks trauen sich viel mehr KollegInnen diese simple Wahrheit auszusprechen. Immer mehr Menschen müssen von dem niedrigen Gehalt oder Lohn sehr lange auskommen. Die verschiedenen Pensionsverschlechterungen der letzten Jahre haben, oft kombiniert mit dem Faktor Teilzeit, zu sehr geringen Pensionen geführt. Immer mehr KollegInnen wird bewusst, dass wir auch wegen den niedrigen Pensionen etwas gegen die schlechte Bezahlung tun müssen. Dazu kommt: Immer mehr Menschen gehen nicht am Anfang, sondern am Ende ihres Arbeitslebens in den Sozial- und Pflegebereich. Schon länger lassen sich ältere Kolleginnen von Dienstleistungsberufen auf Jobs in der Pflege umschulen. Dieses Phänomen wird stärker. Dazu kommen immer mehr Männer, die nach gescheiterten Berufsträumen im Sozialbereich landen. Ein gelernter Koch hatte vielleicht mit seinem Lokal nicht so viel Glück und kocht jetzt in einer Behinderten-Werkstatt. Der ehemalige Berufsmusiker muss aus Geldgründen auf Wohnungslosenbetreuer umsatteln. All diese Menschen sind heute viel mehr auf das Gehalt angewiesen als noch vor 15 Jahren. Die aktuelle Politik der Gewerkschaftsspitze und der VerhandlerInnen des Kollektivvertrags ist hier viel zu lasch. Statt zu versuchen, eine kämpferische Kampagne für eine echte Verbesserung zu starten, gab man sich jahrelang mit sehr geringen Lohn- und Gehaltserhöhungen zufrieden. Heuer gab es zum Glück genug KollegInnen, die mit Streiks umfassendere Forderungen – und vor allem eine Arbeitszeitverkürzung – durchsetzen wollten.
Das jetzige System benachteiligt Frauen!
Noch immer hängt bei den Kolleginnen viel mehr Hausarbeit und Betreuung von Angehörigen. Das bedeutet, dass Kolleginnen weniger an Wochenenden, Feiertagen und in der Nacht arbeiten können. Hier lässt sich aber im Sozialbereich noch am ehesten Geld verdienen. Die Möglichkeit, mit vielen Zuschlägen das Gehalt aufzubessern, bleibt vielen Kolleginnen auf Grund ihrer Betreuungspflichten verwehrt. Aus den oben genannten Gründen engagiert sich „Sozial, aber nicht blöd“ für eine massive Erhöhung der Grundgehälter.
Wir brauchen mehr Personal!
Burnout ist in aller Munde. Wir meinen: Mehr KollegInnen für weniger KlientInnen würde gegen Burnout helfen und wäre gut für die Arbeit mit den KlientInnen. Unsere Arbeit hat sich in den letzten Jahren enorm verdichtet. Zum Teil liegt es daran, dass die Arbeit mit unseren KlientInnen schwieriger wird. Der Kapitalismus tut das seine dazu, dass immer mehr Menschen psychisch krank werden. Dazu kommen Sozialabbau und Kontrollzwang bei der Gewährleistung von Sozialleistungen. Diese Politik ist nicht nur schlecht für den betroffenen Menschen, sondern auch für SozialarbeiterInnen oder anderen KollegInnen, die jetzt noch mehr und kompliziertere Anträge schreiben müssen. Auch die Dokumentationspflicht hat in den letzten Jahren enorm zugenommen. Viele KollegInnen haben zu Recht das Gefühl, dass sie mehr Zeit am Schreibtisch verbringen, als mit den Menschen, die sie betreuen. Wenn es um die Rechte von KlientInnen geht, machen manche Dokumentationen durchaus Sinn. Es muss dafür aber auch das entsprechende Personal da sein. Wir wollen daher viel mehr KollegInnen im Job – im Zuge unsere Arbeitszeitverkürzungs-Kampagne haben wir 10 % mehr Personal gefordert. Mit einer sehr ähnlichen Forderung werden wir auch in die nächsten Verhandlungen gehen!
Die Rechte von migrantischen KollegInnen gemeinsam verteidigen!
Viele migrantische KollegInnen haben 2015 begonnen, im Flüchtlingsbereich zu arbeiten. Sie konnten sich dort mit ihren sprachlichen und kulturellen Fähigkeiten sehr gut einbringen. Die aktuelle Welle der Kürzungen und Quartierschließungen macht viele dieser KollegInnen arbeitslos. Die Gewerkschaftsspitze und die zuständigen KollegInnen in den Fachgewerkschaften waren nicht bereit, dagegen einen gemeinsamen Widerstand aufzubauen. Vorschläge dafür gab es genug! „Sozial, aber nicht blöd“ engagiert sich gegen Quartierschließungen im Flüchtlingsbereich und für mehr Betreuung. Niemand der 2015 die Arbeit im Flüchtlingsbereich begonnen hat, soll arbeitslos werden. Für gekündigte KollegInnen muss es die Möglichkeit geben, in andere Jobs im Sozialbereich zu wechseln. Mit dem Kampf für mehr Personal wollen wir dazu einen Beitrag leisten!
Arbeitszeitverkürzung bleibt auf der Tagesordnung!
Viele KollegInnen spüren es am eigenen Leib: Lange kann man einen Job im Sozialbereich nicht 38 Stunden in der Woche durchhalten. „Sozial, aber nicht blöd“ steht daher für eine 35-Stunden-Woche bei vollem Lohn und Personalausgleich als ersten Schritt für eine weitere Arbeitszeitverkürzung.
Darüber hinaus wollen wir schon früh mit der Vorbereitung auf die Gehaltsverhandlungen beginnen. Wo es möglich ist, wollen wir schon im Herbst Debatten in Betrieben starten. Diese Debatten sollen von Anfang in die Formulierung von möglichen Forderungen innerhalb der Gewerkschaften eingebracht werden. Es soll an den Erfahrungen der Streiks 2018 angeknüpft werden. Dazu gehört auch, sich früh zu überlegen, wie ein Arbeitskampf im eigenen Betrieb ausschauen könnte und was wir gemeinsam tun können. Gemeinsame, überbetriebliche Aktionen wie Kundgebungen und Demonstrationen während der Streikzeit halten wir für besonders wichtig, weil der Sozialbereich besonders auf die Öffentlichkeit und die Solidarität von KlientInnen und Angehörigen angewiesen ist
Politik der Sozialpartnerschaft schadet den ArbeitnehmerInnnen!
Seitens der Gewerkschaftsspitze ist abzusehen, dass die Lohn- und Gehaltsverhandlungen wieder in das alte, sozialpartnerschaftliche Muster zurückfallen. Ewigen Verhandlungen mit gelegentlichen Demos, um Luft raus zu lassen, und dann niedrigen Abschlüsse – das ist die Politik von VerhandlerInnen und Gewerkschaftsspitze. Eine solche Politik können sich aber die allermeisten Beschäftigten im Sozialbereich nicht mehr leisten. Streikvorbereitung heißt, daher auch innerhalb und außerhalb der Gewerkschaften politischen Druck für einen kämpferischen Kurs bei den Lohn und Gehaltsverhandlungen aufzubauen. Die Streiks werden spätestens 2019 wieder notwendig sein.
Sozial, aber nicht blöd ist ein Zusammenschluss unzufriedener KollegInnen.