MALMOE

Menstruationsblut

Die fabelhafte Welt der ­Körpersäfte #6

Im Patriarchat ist der bei vielen Menschen allmonatlich einsetzende Vorgang des Menstruierens ein Tabuthema. In vielen Religionen gelten menstruierende Frauen als unrein. Lange Zeit wurde so wenig darüber gesprochen, dass kleine Mädchen schon mal dachten, sie verbluten, wenn sie ihre erste Regel bekamen. Heutzutage kommt das dank schulischem Aufklärungsunterricht und Tampon-Werbungen weniger häufig vor. Dennoch bleibt die Menstruation schambesetzt – unter Freundinnen darf darüber geredet werden, doch am Arbeitsplatz oder in einer Runde mit Männern muss diese natürliche Sache verschwiegen werden. In der Recherche zu dieser Kolumne stolperte ich über ein Forum, wo nach den benutzten Decknamen für die Regel gefragt wurde – „den Besuch der roten Tante“ kannte ich, die „Erdbeerwoche“ war mir neu, ist aber scheinbar weit verbreitet und manche sagen skurrilerweise „die Russen kommen“ – weil die Russen rot und böse sind?!

Anyway, zum Glück gab es die Frauenbewegung, die sich das monatliche Bluten angeeignet und neu besetzt hat. Esoterische Spitzen der Aufwertung finden sich in gemeinsamen Menstruationsritualen und in Initiationsfesten für feministische Töchter, deren Frau-Werden damit gefeiert wird. Auch wenn diese Praktiken von vielen belächelt werden, muss der Frauenbewegung doch zugutegehalten werden, dass die Menstruation aus der Ekelzone geholt und für viele ansprechbarer wurde. Als Pendant zum Penisneid wurde der Begriff des Menstruationsneids gebildet und damit hat man so manche Burschenschafter verärgert. Menstruation wurde als Zeichen der Fruchtbarkeit und Stärke als etwas Positives besetzt, der Zyklus als Verbundenheit mit dem inneren Rhythmus anerkannt. Sich Zeit zu nehmen für sich und zur Regeneration wurde als Weg zur Schmerzlinderung propagiert. Andere ziehen dennoch lieber Schmerzmittel und Tampons vor und bestehen darauf, dass frau alles machen kann, wenn sie menstruiert – Sport, Sex, Arbeit. Auch der Mooncup hat als emanzipatorischer Hygieneartikel schnelle Verbreitung erfahren und für viele ein näheres und ökologischeres Verhältnis zu ihrem Blut ermöglicht. Ob Mooncup, Tampon oder Binden – in feministischen Kreisen ist heute anerkannt, dass alle unterschiedlich mit ihren Tagen umgehen und andere Dinge brauchen.

Als Gegenbewegung zum patriarchalen Umgang mag es wichtig sein, die Regel öffentlich zu thematisieren, doch die feministische Zelebrierung ist für viele auch schwierig. Viele Frauen* menstruieren aus unterschiedlichen Gründen nicht und wenn das Frau-Sein darüber definiert wird, passieren folgerichtig schmerzhafte Ausschlüsse. Ob deshalb Triggerwarnungen angebracht sind, bevor über das Menstruieren geschrieben wird, sei jedoch dahingestellt. Wie auch immer, ist die Menstruation ein komplexes Thema, das Feminist*innen heutzutage oftmals spaltet statt zu verbinden.

Eigentlich würde ich mir lieber Utopien ausdenken statt die Quadratur des Kreises zu versuchen, im Patriarchat einen guten Umgang mit Geschlechterverhältnissen zu finden. Ich denke ja sowieso, dass sich die Natur mit der ganzen Fortpflanzung, wie wir sie kennen, ein denkbar schlechtes Design überlegt hat. Manche müssen mühsam Schwangerschaften verhindern, andere sie kompliziert in die Wege leiten. Andere wiederum können überhaupt nicht gebären. Und dann braucht es immer zwei unterschiedliche Geschlechter oder künstliche Hilfsmittel, um ein Kind zu zeugen. Und für all das müssen wahnsinnig viele Menschen jeden Monat mit Blut und womöglich Stimmungsschwankungen oder Schmerzen klarkommen. Das ist doch völlig ineffizient. Ich fände es wesentlich praktischer, wenn wir, egal welchen Geschlechts, einen eingebauten Mechanismus hätten, den wir in Gang setzen könnten, wenn wir schwanger werden wollen. Die monatliche Blutung könnte eingespart werden. Damit wir aber trotzdem einen natürlichen Rhythmus des Rückzugs haben, könnten wir einfach für alle Menschen einen oder zwei monatliche Menstruationstage haben, wo wir einfach den ganzen Tag im Bett liegen bleiben dürfen.