MALMOE

Das Überwachungspaket

Am 20. April 2018 wurde das Überwachungspaket trotz massiven Widerstands aus der Zivilbevölkerung und scharfer Kritik der Opposition im Nationalrat beschlossen. Was kommt nun auf uns zu? Der Verein epicenter.works, der sich für die Stärkung der Grundrechte im digitalen Zeitalter, für Datenschutz und gegen Überwachung einsetzt, hat die wichtigsten Punkte hier zusammengefasst.

Bundestrojaner

Ab April 2020 wird die Polizei verschlüsselte Nachrichten mittels staatlicher Spionagesoftware überwachen können. Höchst bedenklich ist, dass die Sicherheitsbehörden in Computersysteme jeder Person und jedes Vereins einbrechen können, von denen sie annehmen, dass diese mit Verdächtigen kommunizieren, nicht nur in Geräte von den Verdächtigen selbst. Die Ferninstallation eines Bundestrojaners über „remote hacking“ ist ebenfalls vorgesehen. Um eine solche Ferninfektion durchzuführen, muss die Überwachungssoftware Sicherheitslücken in den gängigsten Betriebssystemen verwenden, womit die gesamte IT-Sicherheit massiv gefährdet wird.

Verstärkte Videoüberwachung

Die Polizei bekommt Zugriff auf die Video- und Tonüberwachung aller öffentlichen und privaten Einrichtungen, denen ein öffentlicher Versorgungsauftrag zukommt. Damit gibt es eine zentrale, staatliche Kontrolle aller öffentlichen Plätze und des dortigen Lebens. Für den Zugriff auf diese Daten braucht es keinen konkreten Verdacht, als Begründung reicht die Vorbeugung wahrscheinlicher Angriffe. Die Sicherheitsbehörden können mittels eines einfachen Bescheids eine vierwöchige Vorratsdatenspeicherung der gesamten Videoüberwachung eines Anbieters verlangen.

IMSI-Catcher

Auch der Einsatz von IMSI-Catchern (IMSI =  Internationale Mobilfunk-Teilnehmerkennung) für die Überwachung von Mobiltelefonie wird ausgeweitet. Diese Geräte verhalten sich gegenüber dem Mobiltelefon wie eine Funkzelle. So ist es möglich, Handys ohne Mitwirkung des jeweiligen Netzbetreibers zu lokalisieren. Mit diesen Geräten können auch Gesprächsinhalte abgehört werden, dafür fehlt aber weiterhin die Rechtsgrundlage.

Straßenüberwachung

Künftig kann auch auf allen österreichischen Straßen von jedem Auto der Lenker/die Lenkerin des Fahrzeugs, das Kennzeichen, Marke, Typ und Farbe etc. erfasst werden. Die von den Sicherheitsbehörden selbst ermittelten Daten können in Verdachtsfällen bis zu 5 Jahre gespeichert werden und auch ohne Verdacht ist eine Speicherung von bis zu zwei Wochen möglich. Eine anlasslose und verdachtsunabhängige Speicherung der Kennzeichendaten aller Fahrzeuge ist eine Form der Massenüberwachung und steht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. In Österreich wurde die verdachtsunabhängige, anlasslose Massenüberwachung 2014 vom Verfassungsgerichtshof wegen Grundrechtswidrigkeit annulliert; aufgrund eines Verfahrens, das der AKVorrat (so der frühere Name unseres Vereins) angestrebt hat.

Vorratsdatenspeicherung 2.0

Die Vorratsdatenspeicherung wird durch die Hintertür wieder eingeführt. Nun soll bei einem Anlassverdacht auf Anordnung der Staatsanwaltschaft ein Telekombetreiber Daten über Standort und Telefonverbindungen bis zu einem Jahr speichern müssen, ohne Einschränkung auf verdächtige Personen, auf einen Zeitraum oder bestimmte Orte.

Registrierung von Prepaid-SIM-Karten

Anonyme Prepaid-Karten gehören bald der Vergangenheit an. Jeder Kauf einer SIM-Karte muss nun mit einer persönlichen Registrierung einhergehen. Damit wird eine weitere Möglichkeit abgeschafft, unbeobachtet zu kommunizieren. Es gibt aber keine Belege dafür, dass die Registrierung von SIM-Karten zu einer verbesserten Verbrechensaufklärung führt. Mexiko hat das Verbot anonymer SIM-Karten sogar wieder abgeschafft, da die Verbrechensrate sogar stieg und es nur zu einem Schwarzmarkt für SIM-Karten führte.

Beschränkung des Briefgeheimnisses

Auch das Briefgeheimnis wird mit dem Überwachungspaket beschränkt, mit der Begründung, dass immer mehr Drogen im Darknet verkauft werden. Dies gefährdet eine bedeutende Errungenschaft, die nach der Überwindung des Metternich‘schen Überwachungsstaats erkämpft wurde.