Das Traumschiff, die deutsche Variante von Loveboat, läuft seit 1981 erfolgreich im deutschen und österreichischen Fernsehen (ja, noch immer!) und hat hierzulande wohl bei vielen die Sehnsucht geweckt, in der Pension auf lang ersparte Kreuzfahrt zu gehen. Das Schiff ist zugleich das eigentliche Reiseziel und ein Stück Heimat in der Ferne: Behütet von der Crew und unter deutscher Flagge die Welt sehen, Romantik auf Fotosafari in den ehemaligen Kolonien – dabei aber nicht zu sehr in die Gepflogenheiten der Urlaubsländer eintauchen müssen. Am Ende geht alles gut aus, man serviert Eisbombe mit Sternspritzern und das Publikum klatscht im Takt der Marschmusik.
Die „klassische“ Kreuzfahrt à la Traumschiff ist ein Relikt aus der Zeit, als Flugreisen die Passagierschifffahrt ablösten und man sich für die wenig ausgelasteten Schiffe ein neues, möglichst luxuriöses Freizeitangebot für die oberen 10.000 ausdachte. Aktuell boomt die Branche mit einer größeren Bandbreite, erschwinglicheren Angeboten und Themenfahrten mit Promis wie David Hasselhoff und Andreas Gabalier. Der Trend geht zu immer größeren Schiffen, das aktuell größte der Welt fasst über 8000 Menschen. Das ist auch der Grund warum in immer mehr Städten, deren Kapazitäten von den riesigen Kreuzern deutlich überstrapaziert werden, Proteste gegen diese Form des Massentourismus laut werden. Seit Jahren wehren sich etwa die Einwohner_innen Venedigs dagegen, sich ihre Stadt als eine Art „Freilichtmuseum“ von Tourist_innen vereinnahmen zu lassen, die zu Tausenden Straßen und öffentliche Plätze überfüllen. Ein großes Problem stellen auch die Umweltbelastung durch Emissionen und Abwässer der Riesenschiffe dar. Gleichzeitig lassen die Tagestourist_innen kaum Geld in der Stadt, sondern kehren zum Essen, für die Übernachtung – und sogar zum Shoppen – meist zurück aufs Schiff. Am Kreuzfahrttourismus verdienen so in erster Linie die Tourismuskonzerne, nicht die Menschen in den Zielländern. Gängige Praxis ist es zudem, die Schiffe unter der Flagge karibischer Steueroasen zu registrieren, was auch zur Folge hat, dass für die Crew das häufig schwache Arbeitsrecht dieser Länder gilt.
Der Kreuzfahrtboom ist Teil eines breiteren Problems mit dem Massentourismus. Dass dieser sich heute immer stärker auf europäische Mittelmeerstädte konzentriert, ist dabei eine unmittelbare Folge der politisch instabilen Lage in (vormals) beliebten Urlaubsländern in Nordafrika und in der Türkei. In Barcelona, wo Privatvermietungen über Plattformen wie Airbnb die Mieten für die Bevölkerung massiv in die Höhe treiben, reagierten diesen Sommer verärgerte Einwohner_innen ihren Unmut darüber, zunehmend aus ihrer Stadt verdrängt zu werden, an den Reifen von Reisebussen und Leihfahrrädern ab.