Wahnsinn ist ein Geschäftsmodell
Die Situation in den USA stellen sich EuropäerInnen viel harmloser vor als sie ist, da hierzulande Talkradios unbekannt sind. Diese Quasselmaschinen haben die Politisierung der AmerikanerInnen weitgehend übernommen. Die BürgerInnen des „land of the brave and free“ verbringen einen nicht unwesentlichen Teil ihres Lebens im Auto, genauer im Stau. Währenddessen dudelt das Radio und um das berechtigte Gefühl von Isolation zu überwinden, hört man Personen wie Alex Jones zu. Ein erster Eindruck von ihm, der leicht via YouTube gewonnen werden kann, fällt eindeutig aus: Dieser Mann ist komplett durchgeknallt.
Jones wirkt wie eine Bulldogge die kurz vorm Explodieren ist und die fest vorhat, die ganze Welt mit sich zu reißen. Seine Themen sind plumpe Verschwörungstheorien und widerwärtigste Xenophobie. Alex Jones erzählt den leidgeprüften Eltern eines Amokopfers, sie seien BetrügerInnen und ihre Tochter sei gar nicht erschossen worden, sondern lebe auf einer versteckten Insel auf Kosten der amerikanischen Steuerzahler. Jones ist nichts zu blöd und nichts zu widerlich. Nur was ist sein Deal? Aus dem Streuen von Hass muss ja ein Geschäft werden, wenn er sich nicht abhängig machen will von den letztlich doch sehr ungewissen Zahlungen der Illuminati.
Er hat etwas anzubieten gegen den ganzen Wahnsinn, den er selbst erfindet und verbreitet: Pillen. Er verkauft in seiner Radio- und Internetsendung Info Wars Nahrungsergänzungsmittel, Tinkturen und sonstiges Zeug, das dagegen helfen soll „all diese Migranten auszuhalten, die die Regierung reinlässt“. Es sind seit der Steinzeit (der geistigen Heimat Jones’) erprobte Mittel, wie etwa zerriebene Hühnerknochen. Wohl bekomm’s Amerika!
Immer wieder
Mitte September fand im Wiener Augarten wieder ein Erntedankfest statt. Der kaum aushaltbaren Tristesse eines verregneten Sonntagnachmittags entflohen die meisten BesucherInnen durch ein zünftiges Absinken in ihren Äthylismus, mittels mitgebrachter Spezialitäten. Die Manderl zeigten Wade, die Weiberl Brust in ihren jeweiligen Fantasiekostümen. In der Mitte stand eine Bühne auf der mit prallen Backen kräftig der Marsch geblasen wurde. Dahinter erhob sich bedrohlich der riesige Flakturm. Ein Relikt des Tausendjährigen Reiches. Auf das hatte vor Jahren bereits wer groß „Never Again“ geschrieben. Die Veranstalter_innen des ansonsten gerne Geschichte und Tradition betonenden Erntedanks, ließen den Schriftzug kurz vor dem Fest übermalen. Glücklicherweise wurde von umsichtigen AntifaschistInnen ein großes Tuch angebracht, damit der wichtige Hinweis des „Niemals wieder“ doch noch an Ort und Stelle zu lesen war. Keine/r der BesucherInnen der von der Liste Kurz und den Neos vereinnahmten Dankveranstaltung entfernte das Tuch. Später gingen ältere Herrschaften in Tracht an dem mahnenden Schriftzug neben der Bühne vorbei und beglückwünschten den jungen Aktivisten, der es aufgehängt hatte. All hope is not lost.
Wrumm-wrumm
Nach dem Dieselskandal ist die steirische Polizei wie eh und je pragmatisch-lösungsorientiert: mehr Benziner müssen her. Und wenn schon ein Benziner, warum nicht gleich „aun Gscheidn“, zum Beispiel einen Porsche 911. Ein solcher cruist in silber-blau-roter Lackierung und mit obligatorischem Blaulicht seit August über die österreichischen Autobahnen. Der Porsche dient den Behörden nicht nur zum Protzen, sondern in aller erster Linie zum Jagen von VerkehrssünderInnen. Einige Alko-LenkerInnen waren vom schieren Anblick des Polizeiporsches so übermannt, dass sie ihre Ambitionen zur Flucht aufgaben und der Porsche seines Top-Speeds von 315 km/h gar nicht bedurfte.
Noch mehr News aus dem Leben der Taugenichtse
Nicht nur wegen solcher Späße wie dem Polizeiporsche fragt man sich, wozu diese Behörde überhaupt gut sein soll. Ein Blick ins große Nachbarland: Wie kürzlich bekannt wurde hatte die Polizei bereits ein Jahr vor seiner Tat Kontakt mit dem damals 18-jährigen David S., der im Juni 2016 bei einem Amoklauf in München neun Menschen erschoss. S. versuchte zuvor, sich eine Waffe im Darknet zu beschaffen. Dabei chattete er unter anderem auch mit einem User, hinter dem sich verdeckte Ermittler der Polizei versteckten, und fragte um eine Glock 17 an. Die Beamten besorgten diese natürlich genauso wenig, wie sie auf die Anfrage hin Ermittlungen einleiteten, die die rassistisch motivierten Morde des David S. verhindern hätten können.
Jetzt geht’s lo-hos!
Rudolfsheim-Fünfhaus ist der einkommensschwächste Bezirk Wiens, und ganz zufälliger Weise auch jener mit dem höchsten Anteil an Menschen ohne österreichischen Pass bzw. mit sogenanntem Migrationshintergrund, also Menschen, deren Eltern oder Großeltern nicht aus Wien, Niederösterreich, Tschechien, Italien oder anderen österreichischen Landen kamen. Und es ist die Heimat der Wiener Stadthalle, eines riesigen Etablissements das zeitweise Herberge bietet für Konzerte, Sportturniere, Messen und sonstiges Unterhaltsames und Nebensächliches. Wenn eine Traube an Menschen aus der Stadthalle Richtung Urban Loritz Platz strömt, machen es sich Anrainer_innen zum Hobby, zu erraten zu versuchen, was denn soeben gerade dort stattgefunden hat: Ist die Traube sehr divers was Generationen und Geschlecht betrifft, aber sehr weiß, dann handelt es sich meist um Volksmusikkonzerte. Sind es junge, vor allem Frauen, so war es wohl ein Popstar. Sind es Prinzesschen, ist wieder Holiday on Ice. Sind es nur ältere Männer, war Bruce Springsteen zu Gast. Heterosexuelle in Paarformation zieht es zu Bryan Adams. Doch was, wenn vor der Stadthalle auf einmal nur g’sackelte Anzugfritzen, jung, weiß, aalglatt und „schön“ im Sinne des beängstigenden Normbilds des „Schwiegersohnes der Nation“ stehen? Und es von allen Ecken und Enden tönt: „Es geht los!“ „Auftakt zur Entscheidung!“ Tennis? Generali Open? Nein! Es ist Zeit für … den Mr. Geilomobil.
Herbergssuche
Nur wenige Meter weiter eine andere Lokalität, benannt nach und in Eigentum eines größenwahnsinnigen, grauslichen Baumeisters, ereignet sich ein anderes Szenario. Dutzende Frauen mit Kopftuch und ihre Kinder verlassen mit blauen Luftballons bestückt das Einkaufszentrum. Und drinnen tobt seit Wochen der Wahlkampf und es hat es sich trotz extra-schmaler Bänke, auf denen nur ja niemand schlafen kann, einer gemütlich gemacht und hängt dort Tag und Nacht ab. Herst, HC, hast ka Wohnung?
Blöd angebahnt
Eine schockierende Nachricht über Tinder, seines Zeichens PartnerInnenbörse der Stunde: Ein hobbyforschender User stellt fest, dass schöne Männer mit athletischem Körperbau mehr Likes bekommen als beleibte Mit-Fünfziger. Wer hätte das nur erahnen können? Und wer ist schuld? Die Frauen, die ihre Zuneigung so ungleich verteilen. Verboten gehört das – Tinder und dass sich Frauen ihre PartnerInnen aussuchen können gleich mit dazu.
Es ist Zeit!
Mit den Worten „Herr: es ist Zeit.“ beginnt Rilkes Herbsttag – das Ende des Sommers. Mit „Es ist Zeit“ wollen auch Sebastian Kurz von der Liste Kurz und der SPD Kanzlerkandidat Martin Schulz jeweils eine Ära hinter sich lassen und fordern folglich „Neues“ respektive „Gerechtigkeit“ ein. Ihr Wort in Gottes Ohr. Ob die zwei jedoch manns genug sind ihre blühenden Landschaften auch zu verkaufen wenn der Winter kommt?
Welcome to the show, fascists
Hollywood ist und bleibt eine wunderbare Welt. Egal, was gerade alles schief laufen mag, egal, worüber man sich vorgestern noch erzürnt hat, egal, was man so eben erst verbrochen hat – nach ein paar Gags sind alle wieder versöhnt und vereint. Gut beobachtbar war dies bei den Emmys, der wichtigsten Preisverleihung für TV-Produktionen. Moderater Stephen Colbert, stets süffisant grinsendes Gesicht der Sendung Late Show, gab mal wieder eine seiner wahnsinnig scharfsinnigen und tiefgründigen Trump-Zoten zum Besten: Manchmal sei es eben nicht so einfach mit exakten Fakten und Zahlen. Nicht einmal bei den Emmys. Colbert: „At this point we have no way of knowing how big our audience is … Sean, do you know?“ Und es folgte der Auftritt von Sean Spicer, berüchtigter ehemaliger Pressesprecher der Trump-Regierung, der bekanntlich nach der Angelobung Trumps vollmundig verkündete: „This was the largest audience to ever witness an inauguration!“ Zum Zwecke seiner Rehabilitierung konnte er zeigen, dass auch die Faschos Selbstironie beherrschen und sich selbst zitieren: „This will be the largest audience to witness Emmys“. Daraufhin kannten die Stars in ihren Kostümchen und mit ihren Schwippschen kein Halten mehr, mit aufgerissenen Mündern feixten sie in die Kameras, ihr ekstatisches Gelächter erfüllte den Saal und ihre Mimik sprach: „Ach Sean, du alte Ulknudel! Just amazing, was in Hollywood alles möglich ist.“