Empfehlungen aus dem Programm der Wiener Open-Air-Kinos
Was Wien im Sommer zu bieten hat: Die engen Straßenzüge in den Innenbezirken, in denen sich heiße und stickige Luft so sehr staut und verdichet, dass man beinahe darin stecken bleibt. Öffentliche Verkehrsmittel, die entweder nahe an den Frostbereich heruntergekühlt sind oder eben auf jegliche Temperierung verzichten und somit zum Sammelort für Schweiß, Gestank und komplett überhitzte Gemüter werden. Die Ufer der Donau, die zu den wenigen Orten gehören, wo sich die Stadtbevölkerung sozial merklich vermischt. Ansonsten: mittelmäßiges, überteuertes Eis, eine jedes Jahr größer werdende Anzahl an Schanigärten, mehr Touris, weniger Studis. Und: eine ganze Reihe Open-Air-Kinos, die teilweise wirklich ganz gute Filme zeigen. MALMOE hat ein paar Empfehlungen.
Selbstkritik eines bürgerlichen Hundes
(5.7., Kino am Dach)
Der Film des deutsch-französischen Regisseurs Julian Radlmaier ist zwar gerade erst im Kino gestartet, wird aber schon gescreent: Das irgendwie sehr realistische „Märchen“ handelt über spätkapitalistische Arbeitsverhältnisse auf einer Apfelplantage und kommunistische Utopien. Geistreich, witzig, subversiv!
Every Face has a Name
(6.7., Volxkino, Tempelgasse)
Am 28. April 1945 legten mehrere Fähren im Hafen von Malmö (Schweden) an, an Bord waren Tausende KZ-Überlebende aus ganz Europa. Ihre Ankunft wurde von einem Kamerateam gefilmt. 70 Jahre später bekommen einige der Überlebenden die Aufnahme zum ersten Mal zu Gesicht und haben so die Gelegenheit, ihre Geschichte dazu zu erzählen.
I, Daniel Blake
(28.7., Volxkino, Dornerplatz / 30.8. Arena Sommerkino)
Regisseur Ken Loach, bekennender Trotzkist, erzählt in seinem Sozialdrama die Geschichte von Daniel Blake, der nach einem Herzinfarkt keinen Job mehr findet und vom Arbeitsamt malträtiert wird. Fast treibt ihn das in den Wahnsinn, aber dann entschließt er sich dazu dem unmenschlichen System Paroli zu bieten.
Stalker
(2.8., Kino wie noch nie / 27.8., Arena Sommerkino)
Andrei Tarkowskis zeitloses Meisterwerk des sowjetischen Science-Fiction-Films wird in restaurierter Fassung gezeigt. Atemberaubende Bilder, philosophische Allegorien und eine geradezu hypnotische Dramaturgie verdichten sich zu einer fantastischen Erzählung über den Menschen und die Welt, die er gebaut hat.
Quand on a 17 ans
(30.8., Kino wie noch nie)
In André Téchinés Coming-of-Age-Geschichte dreht sich alles um das Leben der Klassenkollegen Tom und Damien, welche in sehr unterschiedlichen Verhältnissen auf einem verschlafenen Bergdorf in den Pyrenäen aufwachsen. Die beiden raufen regelmäßig miteinander, jedoch wird schnell klar, dass hinter den Streitereien der beiden etwas ganz anderes steckt als Abneigung.
dotdotdot
(4.7.–1.9., Volkskundemuseum)
Im Garten des Volkskundemuseums werden am Kurzfilmfestival dotdotdot jeweils donnerstags und freitags insgesamt 170 kurze und mittellange Filme gezeigt. Thematisch geht es beim dotdotdot vor allem um die Fragen, wie sich im Medium Film die Diversität und Komplexität der Gesellschaft abbilden lässt und wie marginalisierte Gruppen mehr Platz auf der Leinwand einnehmen können.
I am not your Negro
(3.9., Kino wie noch nie)
Kaum ein Werk des kontemporären Black-Cinemas ist so radikal ausgefallen wie Raoul Pecks dokumentarische Collage um den Essay Remember This House des verstorbenen schwarzen Intellektuellen James Baldwin. Der Film findet weit abseits von kulturindustriellem Versöhnungskitsch statt und zeichnet dementgegen eine unverblümte Bilanz der bis in die Gegenwart andauernden Ungleichheit.
Seefeuer
(7.9. Volxkino, Tempelgasse)
Wenn man Lampedusa hört, denkt man mittlerweile automatisch an die Festung Europa und das Massengrab Mittelmeer. Der Dokumentarfilm Seefeuer portraitiert zunächst das Alltagsleben der InselbewohnerInnen und kontrastiert dies kommentarlos, aber dennoch zutiefst eindringlich mit Bildern der Geflüchteten, die es auf die Insel geschafft haben oder auf hoher See gerettet werden.